Categories: ReiserechtSonstiges

Reiserücktritt: Versicherung zahlt nicht immer!

Bei der Reisebuchung gleich die Reiserücktrittsversicherung mit abzuschließen – das erscheint recht praktisch. Vor allem ältere Menschen, die leichter anfällig für Erkrankungen sind, machen davon gerne Gebrauch. Doch wie bei jeder Versicherungspolice lauern auch beim Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung die Tücken im Detail. Nicht immer springt die Versicherungsgesellschaft für die Stornokosten ein. Dann ist der Jammer doppelt so groß: nichts wird es mit dem Urlaub, nichts wird es mit der Rückerstattung der Kosten!

Nur unerwartete Krankheiten versichert

Schwere Krankheiten sind bei einem Reiserücktritt meist nur dann versichert, wenn sie unerwartet auftreten, warnt die Verbraucherzentrale Hamburg. Das seien beispielsweise ein Herzinfarkt, ein Schlaganfall oder ein Knochenbruch. Bei schon länger bestehenden chronischen Erkrankungen hingegen bleibt man bei einer Absage der Reise meist auf seinen Kosten sitzen. Denn die Versicherung zahlt nur, wenn derartige Krankheiten vor dem Reiseantritt noch nicht bekannt waren beziehungsweise noch nicht behandelt wurden.[1]

Wie die Verbraucherzentrale berichtet, verweigerte beispielsweise eine Versicherungsgesellschaft einem älteren Mann die Erstattung der Stornokosten, als dieser von einer gebuchten Reise zurücktreten musste, weil sich seine bereits therapierte Augenerkrankung wieder verschlimmert hatte. Seine Reiserücktrittsversicherung schloss nämlich Erkrankungen kategorisch aus, die sechs Monate vor Abschluss des Versicherungsvertrags schon einmal behandelt wurden.

Versicherung sinnvoll bei Reisen mit Kindern

Bei teuren Reisen mit mehreren Personen, die weit im Voraus gebucht werden, kann eine Reiserücktrittsversicherung dennoch sinnvoll sein, rät die Verbraucherzentrale. Dies gelte vor allem dann, wenn Kinder mitreisen. Für preiswertere Reisen sei die Rücktrittsversicherung nicht unbedingt erforderlich. Denn der maximale Schaden erschöpft sich bei langfristig im Voraus gebuchten Reisen oft nur in den reinen Stornokosten, die bei einem Reiserücktritt fällig werden könnten.

Für Verbraucher ist es oft nicht erkennbar, in welchen Fällen die Versicherer leisten und wann nicht. Vor dem Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung sollte man daher den Vertrag intensivstudieren und Unklarheiten im Zweifelsfall im Reisebüro, das eine solche Versicherung gerne mit verkauft, kritisch hinterfragen.

Manchmal ist das sogenannte „Kleingedruckte“ im Versicherungsvertrag sprachlich derart verklausuliert, dass man es als Laie nicht versteht. Das ist gewollt und hat System. Eine Klausel zu Vorerkrankungen aber muss nach einem Urteil des Amtsgerichtes Frankfurt am Main klar und verständlich formuliert sein. Anderenfalls ist sie nicht wirksam, urteilte das Gericht. Die beklagte Versicherung wurde verurteilt, an den Kläger 2.550 € nebst Zinsen zu zahlen und hatte die Verfahrenskosten zu tragen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.[2]

 

Kostenerstattung für Kerosinzuschlag, Servicegebühren und Steuern

Bei selbst per Internetbuchung zusammengestellten Reisen macht eine Reiserücktrittsversicherung wenig Sinn. Bei einer Flugbuchung beispielsweise zählt im Falle des Stornos des Fluges nur der reine Flugpreis. Richtig teuer werden Flugtickets aber eigentlich erst durch die Zusatzkosten wie die Lande- und Servicegebühren des Flughafens, die Kerosinzuschläge und die Luftverkehrssteuern. Diese Kosten kann man sich im Falle des Nichtantretens des Fluges von der Airline zurückerstatten lassen. Denn wenn der Passagier nicht mitfliegt, spart sich die Airline diese Abgaben und muss sie dem Kunden erstatten. [3]

Klauseln von Billigfluglinien, die eine Erstattung dieser Kosten per Hinweis auf einen Komplettpreis und die AGB der Airline ausschließen, sind nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes unwirksam. Denn  bei der Angabe des Flugpreises muss die Airline die einzelnen Posten genau aufschlüsseln in Flughafengebühren, Steuern, Zuschläge, Entgelte sowie den Ticketpreis.[4]

Auch eine Mietwagenreservierung lässt sich meist bis zu 24 Stunden vor Abholung des Fahrzeuges kostenfrei stornieren, falls man nicht eine meist nur geringfügig preiswertere “Prepaid”-Variante (Vorauszahlung des Mietpreises) abgeschlossen hat. Stornogebühren dürfen aber auf keinen Fall den ursprünglichen Mietpreis übersteigen.

Ähnliches gilt bei der Hotelbuchung über Internetportale wie z. B. booking.com. Hier wird die Kreditkarte bei der Onlinebuchung meist nur als Sicherheit hinterlegt aber noch nicht belastet. Die eigentliche Zahlung erfolgt erst direkt in der Unterkunft. Die Portale bieten meist eine kostenlose Stornomöglichkeit bis wenige Tage vor dem Reisetermin an. Die oft nur wenig günstigere Buchungsvariante ohne Storno-Option lohnt sich nur bei kurzen Aufenthalten, denn dann ist im Krankheitsfall ein Totalverlust des Geldes leichter zu verkraften.

Einzelnachweise:

[1] Verbraucherzentrale Hamburg: „Reiserücktritt: Kein Urlaub, kein Geld”, in: vzhh.de vom 13. Juni 2019, Abruf am 25. Juni 2019

[2] Amtsgericht Frankfurt a. M.: „Urteil Az. 30 C 3330/18 (24)“, in: ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de vom 13. Mai 2019, Abruf am 25. Juni 2019

[3] Bürgerliches Gesetzbuch BGB: „§ 648 Kündigungsrecht des Bestellers“, in: gesetze-im-internet.de, Abruf am 25. Juni 2019

[4] Europäischer Gerichtshof: „Urteil, Rechtssache C‑290/16“, in: curia.europa.eu vom 6. Juli 2017, Abruf am 25. Juni 2019

Share
sgf

Recent Posts

Empfängnis­verhütende Mittel können beihilfefähig für andere Krankheiten sein

BVerwG: Verhütungsmittel zur Krankheitsbehandlung können beihilfefähig sein Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) befasste sich mit der Frage,…

27, August 2020

Restzahlungen bei Pauschalreisen

Pauschalreisen in Coronazeiten: Muss ich den Restpreis bezahlen? Sind Sie wegen der Coronalage noch unsicher,…

25, August 2020

Kompromiss-Urteil zu Schönheitsreparaturen

BGH: Vermieter trifft auch bei unrenoviert übergebener Wohnung eine Instandhaltungspflicht Der BGH hatte über zwei…

20, August 2020

So erkennen Sie Betrugsversuche

C.B. Group Inkasso verschickt gefälschte Mahnungen: So erkennen Sie Betrugsversuche Fast wöchentlich gibt es neue…

18, August 2020

Das krankenversicherte Kind

Bei Möglichkeit der Mitversicherung haben Kinder keinen Anspruch auf privaten Krankenversicherungsschutz Das OLG Frankfurt am…

13, August 2020

Dieselskandal

Nacherfüllungsanspruch kann sich auf Lieferung eines Nachfolgemodells erstrecken Das OLG Köln hat entschieden, dass der…

11, August 2020