Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) befasste sich mit der Frage, ob empfängnisverhütende Präparate, wenn sie zur Behandlung einer Krankheit verschrieben werden, beihilfeberechtigt sind.
Die Klägerin litt an einem gutartigen Tumor in der Gebärmutter und infolgedessen an sehr hohem Blutverlust während der Menstruation. Anstelle einer operativen Entfernung entschied sich der behandelnde Arzt für die Verschreibung eines Verhütungsmittels, das den Wirkstoff Desogestrel enthielt. Dadurch konnten die Blutungen verringert und der Tumor in seinem weiteren Wachstum gehemmt werden. Seit dem Jahr 2014 erhielt die Patientin ein neues Medikament mit dem Namen “Jubrele”, das eine arzneimittelrechtliche Zulassung zur Empfängnisverhütung, nicht aber zur Behandlung von Krankheiten hatte.
Bis zum Jahr 2014 hatte der Freistaat Sachsen die Beihilfe für die Kosten der Medikamente gewährt, lehnte dies jedoch für das neue Präparat ab. Nach der Sächsischen Beihilfeverordnung sind nur diejenigen Arzneimittel beihilfefähig, die der “Heilung oder Linderung einer Krankheit” dienen. Das verschriebene Mittel diene aber nicht der Krankheitstherapie, sondern solle in erster Linie Schwangerschaften verhüten, so die Beklagte. Als Verhütungsmittel werde es auch von gesunden Menschen angewendet, und seine Kosten seien den allgemeinen Lebenshaltungskosten zuzurechnen. Die Patientin klagte und hatte in den ersten beiden Instanzen Erfolg. Auch das BVerwG gab ihr recht und erkannte ihren Anspruch auf Beihilfe an (Urteil vom 26.06.2020, Az.: 5 C 4.19).
Der Anspruch auf Beihilfe hängt nach den Ausführungen des Senats nicht davon ab, ob ein Präparat für die Empfängnisverhütung oder die Krankheitsbehandlung bestimmt und zugelassen ist. Denn der behandelnde Arzt könne unabhängig von der arzneimittelrechtlichen Zweckbestimmung selbst entscheiden, ob er ein Verhütungsmittel auch gegen Krankheitsbeschwerden einsetzen kann. Die Wirksamkeit der verabreichten Kontrazeptiva gegen die Erkrankung der Klägerin sei in den Vorinstanzen hinreichend bewiesen worden. Denn das Oberverwaltungsgericht hatte bereits bindend festgestellt, dass die Behandlung wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprach und die angestrebte Linderung herbeigeführt hatte. Als weniger belastende Alternative zu einer Operation sei die Therapie auch notwendig gewesen.
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