Reiserecht

Verbraucherzentrale: Bundesregierung enteigne Urlauber über Gutschein-System als Schadenersatz

Kommentar – Normalerweise buchen Millionen Deutsche ihre Sommerreise mit der Familie oder Freunden im ersten Quartal eines jeden Jahres. Da gibt es häufig sogenannte Frühbucherrabatte.

Da der Sommerurlaub dieses Jahr aber möglicherweise wegen der Coronaverbote gar nicht angetreten werden kann – zumindest nicht da, wo ursprünglich geplant, hat die Bundesregierung ein Gesetz auf den Weg gebracht.

Es sieht vor, dass Millionen Urlauber statt einer finanziellen Entschädigung, also einer Geld-Zurück-Garantie, nur einen Gutschein, einen Reisegutschein erhalten. Das heißt: Mit dem Gutschein könnte dann auf dem Reiseportal oder irgendwann wieder im Reisebüro eine Reise-Umbuchung durchgeführt werden. Dieses System gilt für alle Urlaubsreisen, die vor dem 8. März 2020 gebucht worden waren.

Doch es regt sich Widerstand gegen diese Regelung. Denn eine Verbraucherzentrale kritisiert nun, dies gleiche einer Enteignung. Millionen Haushalte litten auf Grund der Kurzarbeits-Verordnung, welche bei vielen Bürgern das monatliche Nettogehalt fast halbierte, unter großer Armut und Finanzsorgen. Was bedeute: Dann wird am Urlaub gespart. Wie das früher auch gemacht wurde.

Doch wer nur einen warmen Händedruck mit einem Gutschein bekommt, der hat keinen finanziellen echten Ausgleich dadurch. Zudem: Was soll ein Gutschein bringen? Wenn jemand seinen Urlaub nicht in Spanien, Griechenland, Ägypten oder der Türkei antreten kann, der wird ihn dann nicht unbedingt in Wanne-Eickel oder an der eher kühlen, oft auch regnerisch-windigen Ostseeküste verbringen wollen.

Reisegutscheine – obwohl Reisen deutlich teurer wird?

Zudem: Ein Reisegutschein als Schadenersatz würde nur dann Sinn machen, wenn die Reise nach Aufhebung der weltweiten Reiseverbote dann gleich teuer wäre. Doch danach sieht es gar nicht aus.

Die C02-Bewegung will das Fliegen am liebsten komplett und für immer verbieten. Anhänger dieser Forderung gibt es besonders bei den Grünen oder Linken. Als Sicher kann gelten: Selbst wenn das Fliegen mit Lufthansa, Swiss oder Emirates wieder erlaubt wird, dürfte Fliegen erheblich teurer werden. Zumal zahlreiche internationale Airlines um Europa erst einmal einen Bogen machen dürften.

Teurer dürfte es auch werden, da die Airlines im Zuge der CO2-Debatten nun zunehmend auf synthetisches Kerosin umsteigen wollen, das zwar umweltfreundlicher ist als Öl, dafür aber teurer. Außerdem haben viele Fluglinien in näherer Zukunft möglicherweise gar kein Interesse mehr, Deutsche zu fliegen:

«Uns hatte Emirates im März ursprünglich komplett von Bord geworfen, da wir Deutsche waren und aus Südafrika mit unserem bereits vor Monaten gebuchten Business Class Ticket aus  dringend wieder nach Deutschland wollten», erzählt eine deutsche Rentnerin. Emirates habe aber damals im März zunächst keine Deutschen aus Südafrika mehr mitnehmen wollen, so ihre Interpretation. Wegen der Coronakrise.

Emirates wollte Corona-Deutsche zunächst nicht mehr mitnehmen

In letzter Sekunde habe Emirates dann eingelenkt und die deutschen Business Class-Kunden dann doch noch mitgenommen. Aber statt des geplanten Gabelfluges Kapstadt-Dubai-München, wurde daraus eine Reisetortur über London. Und das für Tickets im Wert von 7000 Euro Hin- und zurück. Preise, die schon teuer waren, aber künftig wohl noch weiter nach oben gehen werden.

Das dürfte ebenso für sämtliche Economy Class Tickets gelten. Damit verteuern sich aber wiederum die Pauschalreisen. Ein Teuerungs-Kreislauf ohne Ende. Derzeit buchen die Deutschen ihre Jahres-Pauschalreise im Schnitt pro Kopf für um die 1200 bis 1300 Euro brutto.

Diese Kosten dürfte mit dem Ende der Corona-Ausgangssperren erheblich steigen. Ganz abgesehen davon: Viele Länder werden derzeit und in näherer Zukunft lieber auf die Corona-Deutschen, Corona-Franzosen, Corona-Briten, Corona-Chinesen oder Corona-Amerikaner verzichten wollen.

Welcher Politiker will sich derzeit in Ägypten schon anhören, er habe Corona-Touris ins Land geholt?

Welcher Politiker will sich schon anhören, er habe mit dem Tourismus Corona ins Land geschleppt? Sind doch mittlerweile selbst die Müllsammler auf den Müllkippen von Kairo von teils panischer Corona-Angst verfolgt, berichtete kürzlich die ARD.

Deshalb geht auch die Verbraucherzentrale Sachsen deutlich auf Distanz zum Gutscheinsystem, so die Leipziger Internetzeitung, Liz. Der Gutschein-Gesetzesentwurf sei ein «unzulässiger Eingriff in die Rechtsansprüche der Verbraucher», wird Rechtsanwalt Michael Hummel zitiert. Er war früher einer von zahlreichen angestellten Anwälten in der Rechtsabteilung von UNISTER (Ab-in-den-urlaub.de, Reisen.de, Fluege.de, Travel24.com etc.). Er sagte nach Angaben der Liz:

«Auch wenn es eine Insolvenzsicherung für die Gutscheine geben sollte, kann es nicht sein, dass die Betroffenen faktisch enteignet werden».

Das Gutscheinsystem lehnt er auch für die Kultur-, Sport und die Freizeitbranche ab. «Wer also Geld für ein wegen Corona abgesagtes Konzert bezahlt hat, soll mit einem Gutschein abgespeist werden», so Hummel.

Sein Vorschlag unter anderem: Man solle den Millionen Urlaubern, die durch die Gutschein-Lösung finanziell erhebliche Nachteile haben (da Reisen, vor allem Flugreisen, wohl deutlich teurer werden), es selbst überlassen: Gutschein oder finanzielle eins zu eins Entschädigung. Dies gelte auch für die anderen Bereiche, in denen ein Corona-Ausgleich über Gutscheine stattfinden soll.

Pauschalreisen kurzfristig wieder stornieren  wäre wirtschaftlicher Ruin für die Reiseveranstalter und Online-Reisebüros

Wenig einleuchtend sind die Einschätzungen des Vertreters der Verbraucherzentrale Sachsen im Hinblick auf die Forderung, wonach der Urlauber künftig erst kurz vor Urlaubsantritt seine Reise bezahlen soll können.

Grund: Pauschalreisen leben davon, dass das Reisen im Paket es für die Verbraucher billiger macht. Und zwar durch oft gut ein Jahr im Voraus von den Reiseveranstaltern oder Onlineportalen gekaufte Paket-Abschlüsse mit Hotelketten, Fluggesellschaften.

Das Kontingent-System basiert auf einer garantierten Abnahmemenge von Hotelzimmern, Flugreisen. Diese müssen dann auf jeden Fall bezahlt werden. Von den Reiseveranstaltern oder Reiseportalen, welche teils ebenfalls solche Paketabschlüsse tätigen.

Wenn aber auch nur 25 Prozent der Urlauber sich künftig kurzfristig vor Antritt der eigentlich bereits gebuchten Pauschalreise entscheiden würde: Ach, ich habe ja noch eine Pauschalreise in der Türke für um die 200 Euro ab nächster Woche billiger gefunden, deshalb storniere ich jetzt kurzfristig komplett und zahle gar nicht, hieße das:

Das große erhebliche finanzielle Risiko des Packens von Pauschalreisen würde komplett auf die Reiseveranstalter und Online-Reisebüros abgewälzt. Sie sind aber eh schon durch Google, Facebook & Co finanziell massiv unter Druck, da die dortigen Werbepreise seit Jahren steil nach oben gehen.

Auch Monopolisten wie Google sind zentrale Player, wenn es um die Höhe der Reisepreise geht

Doch ohne Online-Werbekampagnen vor allem beim Monopolisten Google (oder dem Konkurrenten Bing) brechen für viele die Umsätze weg, da besonders Google seinen verknappten Platz natürlich möglichst teuer verkaufen möchte. Das treibt ebenfalls die Reisepreise nach oben. Denn Marketing-Ausgaben sind für die Reiseanbieter Ausgaben, die auf die Verbraucher umgelegt werden müssen.

Ein gesetzlich erlaubtes Top- und Hop-Reisebuchungsverhalten würde Millionen Deutsche dazu ermuntern, ständig kurzfristig die Pauschalreise wieder zu stornieren. Das würde die wirtschaftliche Planbarkeit für die Reiseveranstalter und Online-Reiseportale komplett unmöglich machen. Insolvenzen bei Reiseveranstaltern wären dann auch in diesem Bereich an der Tagesordnung.

Ganz so, wie der jährliche Tarif-Wechselwahn es im Energiemarkt vormacht. Hier rufen vor allem die Verbraucherzentralen zum jährlichen Wechsel auf, was bislang nur einem in die Hände spielte: Online-Anbietern wie Check24 (u.a. München, Leipzig) oder Verivox (u.a. Heidelberg, Leipzig).

Der ständige Kündigungs- und Wechselwahn auf Check 24 und Verivox treibt Energieversorger in den Ruin

Sie lassen sich für die Listung Hunderter Energietarife von Energieversorgern fürstlich entlohnen. Manche privaten Energieversorger überweisen in wenigen Jahren bis zu 40 Millionen Euro netto an Check24 oder Verivox, um über diese Portale im Wettbewerb um Energiekunden bleiben zu können. Denn diese Portale sind nun mal zum zentralsten Dreh- und Angel im Energiemarkt geworden.

Dafür müssen sie aber wirtschaftlich ruinöse Angebote mit «Sofortboni» oder «Jahresboni» anbieten, die auf Check24 oder Verivox besonders gerne prominent eingeblendet werden. Zwar gibt es auf diesen Portalen auch Energietarife ohne Boni, doch die werden kaum genutzt, da Check24 oder Verivox die Leute an die wirtschaftlich irrwitzig, da für die Energieversorger oft komplett ruinösen Boni gewöhnt haben.

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