Reiserecht

Absage Oktoberfest: Geschätzt 420.000 Touristen stornieren jetzt Flugtickets, Milliarden Umsatz weg

Der öffentlich staatlich vorgeschriebene Corona-Shutdown hat nun sein weiteres Opfer gefunden: Das größte Volksfest der Welt, das normalerweise Ende September beginnende Oktoberfest in München, wurde von der SPD-Stadtregierung im Zusammenspiel mit dem CSU-Regierungschef Marcus Söder abgesagt.

Rund sechs Millionen Besucher müssen zu Hause bleiben. Doch wie viele dieses Jahr überhaupt gekommen wären, steht eh auf einem ganz anderen Blatt. Für viele Wiesnwirte ist die Corona-Absage eine Katastrophe. Aber auch für Hotels, Fluggesellschaften, den Einzelhandel, die Gastronomie in München.

Vor allem für die Wiesnwirte ist das Oktoberfest eine Goldgrube: Machen sie doch nach Schätzungen in diesen zwei Wochen mindestens über die Hälfte ihres Jahresumsatzes. Einige sagen sogar, es sei eher mehr. Jedenfalls schreibt oktoberfest.bayern.de:

Der Gewinn eines Wiesn-Wirts liege in der Regel zwischen ein und zwei Millionen Euro pro Jahr. Dass dieses überhaupt öffentlich wurde, liege an einem Steuerverfahren des Ex-Wiesn-Wirt Sepp Krätz (63). Der hatte er vor Gericht alle Zahlen auf den Tisch legen müssen:

Einmal habe er mit seinem überschaubaren Zelt beim Oktoberfest 3,3 Millionen Euro Umsatz gemacht – vor Steuern. Bei einem Spitzensteuersatz von 45 Prozent käme man so auf einen Gewinn von rund 1,8 Millionen Euro.

Das Geschäft mit den Bierzelten

Allerdings hinken die Zahlen etwas: Denn ein Wiesenwirt hat auch Kosten – er muss Ware einkaufen, Personal bezahlen, Pacht, Gebühren an die Stadt München. Doch klar ist: Es dürfte trotzdem sehr viel hängen bleiben. Immerhin machte das Oktoberfest alleine 2017 einen Nettoumsatz von 170 Millionen Euro für die 14 großen Zelte sowie die 21 kleineren.

Wer zum Oktoberfest möchte, tut gut daran, rechtzeitig zu buchen: Hotelzimmer, eventuell einen Tisch in einem der Bierzelte. Mit der Absage des Oktoberfests stehen jetzt auch die Hotels einmal mehr vor den Trümmern des Jahres 2020. Mit einem Hoch Dank des Oktoberfests wird es nichts. Stornierungen flattern nun zu Millionen in die Hotels, Airbnb oder Wimdu-Anbieter.

Doch wie sieht es mit den Verbraucherrechten aus? Gut dran ist, wer über ein Onlineportal oder klassisches stationäres Reisebüro gebucht hat, das bis kurz vor Reiseantritt oder bis kurz vor dem Hotel Check-in noch eine Stornierung zulässt. Solche Hotelzimmer können problemlos storniert werden. Wer aber sich sagte: Lieber etwas weniger zahlen und dafür keine Stornierungs-Möglichkeit mit buchen, hat jetzt ein teures Problem. Denn bezahlt werden muss.

Hotels leiden auch

Während der Oktoberfestzeit kostet ein Hotelzimmer leicht 200 Euro oder mehr pro Nacht. Wer also drei Nächte gebucht hat ohne Stornierungsoption muss 600 Euro bezahlen. Das betrifft auch Hunderttausende Touristen, die von Australien, Kanada, Großbritannien, Italien, den USA oder woher auch immer normalerweise angereist wären. Wenn eine solche Flugreise überhaupt gegangen wäre.

Zwar ist das Oktoberfest eine Großveranstaltung. Und normalerweise müssen dann die Veranstalter den Käufern von Tickets ihr Geld erstatten. Doch ist das natürlich bei einem Volksfest anders. Grundsätzlich müssen die Wiesnwirte oder Ticketcenter bereits kassiertes Geld für Tischreservierungen zurückbezahlen. Das wars dann aber auch schon mit Rechtsansprüchen oder Schadenersatz.

Der sonst bei einer Absage von Großveranstaltungen greifenden Paragraphen 275 BGB greift im Großen und Ganzen nicht beim Oktoberfest oder dem Cannstatter Wasen – dem größten Volksfest in Baden-Württemberg.

Gesundheitsämter und ihre Rechte

Rein juristisch gesehen dürfen Städte und Gemeinden in Form der örtlichen Gesundheitsämter bei Sorge um die Gesundheit der Bevölkerung kleine Events oder Grossveranstaltungen absagen, so lange das gut begründet ist. Das legt das deutsche Infektionsschutzgesetz Paragraph 28 fest. So hätten die Gemeinden die Berechtigung, «Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen zu beschränken oder zu verbieten».

Eine Einschränkung gibt es noch bei dem Rückerstattungs-Anspruch beispielsweise von Ticketgebühren für Musikveranstaltungen oder Theater: Servicegebühren und Transaktionskosten müssen nicht zurückerstattet werden, da die Veranstalter auch von etwas leben müssen. Allerdings hat nur Anspruch auf Erstattung eines Tickets, wenn dieses beispielsweise in Form einer PDF vorgelegt werden kann.

Ähnlich sieht die Regel für Dauerkarten von Sportveranstaltungen und anderen Events aus. «Der Wert der Dauerkarte muss in diesen Fällen entsprechend herabgesetzt werden. Wer eine Karte für alle 17 Heimspiele seines Vereins hat, davon aber nur zwölf besuchen kann, weil fünf Spiele ohne Zuschauer ausgetragen werden, kann Geld zurückverlangen”, habe Martin Schmidt-Kessel, Professor für Verbraucherrecht, im Interview mit der ARD-Tagesschau aus, schreibt finanzen.net.[1]

840.000 der Oktoberfestbesucher kommen aus dem Ausland – normalerweise

Doch zurück zum Oktoberfest: Von den 6 bis 7 Millionen jährlichen Besuchern des Münchner Oktoberfests kommen nur rund 14 Prozent aus dem Ausland, sind also klassische Touristen. Dies habe eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Oktober-Festleitung unter 5.000 Gästen im Jahr 2014 ergeben, schreibt die Abendzeitung.[2]

Allerdings bedeutet dies immer noch rund 840.000 ausländische Touristen zum Oktoberfest jedes Jahr. Diese kommen meist mit dem Flugzeug, der Bahn, einige mit dem Auto, was aber mangels Parkplätzen ein schwieriges Unterfangen sein kann.

Würde man jetzt schätzen, dass rund die Hälfte, also 420.000 Touristen mit dem Flugzeug kommen (wir haben keine genauen Angaben finden können), kann man erahnen, welche Dimensionen diese Flugstornierungen administrativ für die Online-Reisebüros, stationären Reisebüros oder Fluglinien wie die Lufthansa, Swiss, British Airways, Air France, Delta, Emirates, Turkish Airlines etc. bedeuten, ebenso für die Hotels.

Die meisten Flugtouristen kommen übrigens aus London, gefolgt unter anderem von Chicago, Boston, Washington D.C., San Francisco, Los Angeles, Seattle, Madrid, Kopenhagen, Toronto, Barcelona, Paris oder Tokio schreibt die Süddeutsche Zeitung.[3] Nach Ländern unterteilt seien die meisten Touristen aus den USA (12 %), Schweiz (12 %), Italien (12 %), Großbritannien (10 %), Österreich (8 %), Australien (7 %), Frankreich (4 %), Brasilien (3 %), Kanada (2 %) und den Niederlanden mit lediglich 2 %.[4]

442 Millionen Euro lassen die Oktoberfestbesucher auf der Wiesn

Insgesamt geben die Oktoberfestbesucher pro Jahr im Schnitt an den 16 Tagen insgesamt etwa 442 Millionen Euro aus, also pro Person durchschnittlich 70,22 Euro – und das sind nur die Ausgaben direkt auf dem Oktoberfest.

Zudem sollen die auswärtigen Oktoberfestbesucher für Hotels, Verpflegung, Einkäufe, Taxifahrten oder die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel weitere 285 Millionen Euro an die Kaufleute der Stadt zahlen. Geld, das jetzt auch alles futsch ist.[5] Hinzu kommen die Bahnkosten oder Flugkosten.

Bleiben noch die oft hohen Kosten für die Anreise. Immerhin soll die Deutsche Bahn mitgeteilt haben, dass sie bereits gebuchte Bahntickets angeblich zurückerstatten wolle – aus Kulanz. Das ist für die Fluggesellschaften völlig undenkbar. Viele von ihnen stehen vor dem Bankrott, wenn die Staaten nicht schützend eingreifen.

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CHLA

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