Falscher Arzt folterte junge Frauen mit Stromschlägen

Der Fall ist äußerst bizarr: Ein 30-jahriger Informatiker aus dem Landkreis Würzburg brachte Mädchen und junge Frauen dazu, sich unter Strom stehende Löffel an die Schläfen zu halten. Freunde oder Eltern überredete er dazu, Mädchen mit Kabelbindern an eine Gartenliege zu fesseln und ihnen Elektroschocks zuzufügen. Die Krämpfe, die seine Opfer dabei erlitten, zeichnete der falsche Mediziner via Skype als Video auf, um sich jederzeit daran aufgeilen zu können.[1]

Gegenüber seinen Opfern gab sich der Mann als Arzt aus, der lediglich harmlose wissenschaftliche Studien durchführen wolle. Nach der Kontaktaufnahme gab er ihnen per Online-Chat die Anweisungen. Laut Anklage brachte er seine Opfer dazu, die Isolierung von Kabeln zu lösen, Drähte unter Strom zu setzen und sie sich an die nackten Füße zu halten. Andere ließ er Nägel in Steckdosen stecken

Es habe ihn sexuell erregt, wenn seine angeblichen Probanden zitterten, wenn sie Krämpfe erlitten und starke Schmerzen hatten. Einige Frauen litten nach den angeblichen Versuchen unter Brandmarken an den Schläfen andere hatten Herzrasen und verloren gar das Bewusstsein.

Jüngstes Opfer gerade einmal 13 Jahre alt

Die Stromstöße von bis zu 230 Volt waren lebensgefährlich. In insgesamt 88 Fällen war der Mann wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung, Titelmissbrauchs und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches angeklagt worden: 13 Fälle konnten ihm als versuchter Mord zur Last gelegt werden. In einigen Fällen ging das Gericht jedoch „nur” von Körperverletzung aus. Manche Fälle flossen aus Gründen der „Verfahrensverschlankung“ nicht in das Urteil ein. Jetzt hat das Landgericht München II den Mann zu elf Jahren Haft verurteilt. Darüber hinaus wies das Gericht den psychisch Kranken in eine geschlossene Anstalt ein.

Jahrelang hat der Perversling sich im Internet über Sado-Maso-Praktiken und Folter ausgetauscht, bevor er 2013 seine abstrusen Phantasien in die Tat umsetzte. Rund 120 junge Frauen soll der sadistische Triebtäter über das Internet zu jenen ominösen Stromexperimenten überredet haben. Bis Anfang 2018 zog er seine Masche immer wieder durch, bis er endlich aufflog. Sein jüngstes Opfer war laut Anklage erst 13 Jahre alt, die Älteste 30.

Opfersuche via Ebay-Kleinazeigen

Seine Opfer fand der Triebtäter, weil er ihnen Geld für die Teilnahme an den angeblichen wissenschaftlichen Studien anbot. Die Teilnehmerinnen suchten bei Ebay-Kleinanzeigen einen Nebenjob. Manchmal waren es 200 Euro, ein anderes Mal 450 Euro, und in einigen Fällen sogar 1500 bis 3000 Euro.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von 14 Jahren für den Angeklagten gefordert- Laut einem psychiatrischen Gutachten aber litt der Mann unter einem Asperger-Syndrom, eine Form von Autismus, verbunden mit einer „sexuellen Deviation“, also einer Art Perversion. Sein Verteidiger hatte deshalb wegen verminderter Schuldfähigkeit lediglich für eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren plädiert.

Befriedigung des Geschlechtstriebs!

Dass der Mann aufgrund seiner psychischen Verfassung – wie die Verteidigung argumentierte – sich über die Gefährlichkeit seines Tuns nicht im Klaren war, glaubte das Gericht jedoch nicht. Aus Sicht der Richter lag das Motiv des Angeklagten in dessen sexueller Perversion. Die Richter konnten zwar in keinem der Fälle von einem direktem Tötungsvorsatz ausgehen. Für einen bedingten Tötungsvorsatz aber sprach das Mordmerkmal: Die Befriedigung seines Geschlechtstriebes!

Auf die Spur des perversen IT-Fachmanns waren die Ermittler erst gekommen, nachdem ein 16 Jahre altes Opfer aus Fürstenfeldbruck Anzeige erstattet hatte. Seit der Festnahme des Mannes im  Februar 2018 saß er in Untersuchungshaft. Bei der Auswertung der bei ihm sichergestellten Datenträger fanden sich mehr als 200 Videoaufzeichnungen, die der psychisch Kranke von seinen Opfern angefertigt hatte.[2]

Einzelnachweise:

[1] Münchner Merkur: „Falscher Doktor verleitet junge Frauen zu lebensgefährlichen Strom-Experimenten – Urteil gefallen“, in: merkur.de vom 20. Januar 2020, Abruf am 21. Januar 2020.

[2] Spiegel Online: „Falscher Arzt wegen versuchten Mordes vor Gericht“, in: spiegel.de vom 12. November 2019, Abruf am 21. Januar 2020.

 

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Tobias Köhler

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