Viele Frauen und Mädchen arbeiten unbezahlt – Reiche aber machen Kasse

Die Schere zwischen arm und reich klafft immer mehr auseinander. Zu diesem Ergebnis kommt die internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam („Oxford Committee for Famine Relief“) in ihrer aktuellen Studie „Time to Care“. In ihrem neuen Bericht zu sozialen Ungleichheit zeigt Oxfam auf: Die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung besitzt gemeinsam nicht einmal ein Prozent des globalen Vermögens. Dieses krasse Missverhältnis sei das Ergebnis eines Wirtschaftssystems, in dem Frauen und Mädchen täglich 12,5 Milliarden Stunden unbezahlte Pflege-, Fürsorge- und Hausarbeit leisteten.

Das bischen Haushalt – Waschen, Putzen, Kinderbetreuen – das macht sich fast von allein? Von wegen! Dahinter steckt Arbeit, besonders von Frauen. Und die ist fast immer unbezahlt. Würden Frauen und Mädchen wenigstens zum Mindestlohn bezahlt, entspräche das einem Gegenwert von über 11 Billionen US-Dollar pro Jahr; 24 mal mehr als der Umsatz der Tech-Riesen Apple, Google und Facebook zusammen. Die Studie „Time to Care”, die Oxfam im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums publiziert hat, beklagt, dass dies dazu beitrage, dass Frauen im Schnitt schlechter ausgebildet seien als Männer. Sie  verdienen weniger und verfügen folglich auch über weniger Vermögen.[1]

Reiche stopfen sich weiter die Taschen voll

Weltweit aber stopfen sich gleichzeitig die Milliardäre weiterhin die Taschen voll. So sei nach Angaben des Finanzdienstleisters Bloomberg das Vermögen der 500 reichsten Menschen auf der Welt im Jahr 2019 um 25 Prozent gestiegen. Die soziale Ungleichheit ist aus Sicht Oxfams unerträglich hoch: Denn die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung besitze gemeinsam nicht einmal ein Prozent des globalen Vermögens. An der Spitze der Vermögenverteilung stehen 2.153 Personen, die jeweils über mehr als eine Milliarde US-Dollar Privatvermögen verfügen. Gemeinsam gehöre ihnen mehr Vermögen als den unteren 60 Prozent der Weltbevölkerung.

Die Studie prangert das krasse Missverhältnis als das Ergebnis eines Wirtschaftssystems, in dem Frauen und Mädchen täglich unzählige Stunden unbezahlter Arbeit leisten, ohne dass der Wert dieser Leistung gesellschaftlich und ökonomisch anerkannt werde. Für das Wohlergehen von Gesellschaften und das Funktionieren der Wirtschaft seien Kümmern, Pflegen, Kochen und Putzen unersetzlich. Diejenigen, die diese Arbeit leisten, bekämen jedoch zumeist kein oder viel zu wenig Geld dafür.

Unbezahlte Pflege- und Fürsorgearbeit reduzieren

Die Erwartung, dass weltweit vor allem Frauen und Mädchen diese Arbeiten übernehmen müssen, schafft Ungleichheit in Einkommen, Vermögen, Zeit und Einfluss zwischen Männern und Frauen und vertieft die bestehende Ungleichheit zwischen Arm und Reich, schreibt Oxfam in ihrem Studien-Summary.[2]

Dies müsse sich ändern, fordert Oxfam und nennt konkrete Lösungsansätze. Ein großer Schritt, um Ungleichheit an der Wurzel zu packen, sei, unbezahlte Pflege- und Fürsorgearbeit zu reduzieren, gerechter zu verteilen und anzuerkennen. Regierungen auf der ganzen Welt müssten jetzt handeln, um eine am Menschen orientierte Wirtschaft aufzubauen, die das wertschätzt, was für die Gesellschaft wirklich wichtig ist, anstatt das Streben nach Profit und Wachstum immer weiter anzuheizen.

Gerechtere Steuersysteme

Die Gesellschaft brauche Investitionen in die öffentliche Pflegeinfrastruktur von Kindergärten bis zur Betreuung älterer Menschen, soziale Sicherheit für alle unbezahlt Pflegenden und gute Löhne in der professionellen Pflegearbeit. Finanzieren lasse sich das durch gerechtere Steuersysteme. Man könne nicht mit einem System fortfahren, in dem Unternehmen letztlich weniger Steuern zahlen als die Bürger.

Die Non-Government-Organisation (NGO) wurde 1942 in Großbritannien als Reaktion auf das Leid der Zivilbevölkerung im von Deutschland besetzten Griechenland gegründet. Seit 1995 gibt es einen Ableger der NGO-Gruppe auch in Deutschland.

Oxfam tritt seither mit Überzeugung, Wissen, Erfahrung und vielen Menschen leidenschaftlich für eine gerechte Welt ohne Armut ein. Bei Krisen und Katastrophen rettet Oxfam Leben und hilft dabei, Existenzen wieder aufzubauen. Langfristig ist Oxfam in über 90 Ländern mit rund 3.600 lokalen Partnern engagiert, die Verfügbarkeit von Land und Wasser zu sichern, ressourcenschonende Landwirtschaft zu betreiben, demokratische Teilhabe zu ermöglichen, Geschlechtergerechtigkeit zu fördern und den Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung zu schaffen.

Einzelnachweise:

[1] Oxfam: „Frauen arbeiten unbezahlt, Milliardäre machen Kasse“, in: oxfam.de vom 20. Januar 2020, Abruf am 20. Januar 2020.

[2] Oxfam: „Time to Care – im Schatten der Profite“, in: oxfam.de vom 20. Januar 2020, Abruf am 20. Januar 2020.

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Wilfried Müller

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