Deutsche Post manipulierte eigene Mitarbeiterbefragung

Die Deutsche Post AG hätte heuer eigentlich Grund zum Feiern: Vor einem Vierteljahrhundert wurde der einst hochdefizitäre Staatsbetrieb, die ehemalige Deutsche Bundespost, privatisiert. Als globales Logistikunternehmen mit weltweit mehr als 500.000 Mitarbeitern und einer  über die Jahre konstant überdurchschnittlich hohen Dividendenrendite geht es beim „gelben Riesen“ seither wirtschaftlich stetig aufwärts. Erstmals peilt der DAX-Konzern einen Gewinn von mehr als vier Milliarden Euro an. Die Zahlen für das Geschäftsjahr 2019 sollen im Frühjahr präsentiert werden.[1]

Doch das stolze Firmenjubiläum trüben einige weniger erfreuliche Nachrichten. Zum Jahreswechsel gab die Bundesnetzagentur bekannt, dass die Zahl der Kundenbeschwerden erneut gestiegen sei. Und aktuelle Recherchen des Nachrichtendienstes Business Insider wurde jetzt bekannt, dass leitende Mitarbeiter offenbar eine konzerneigene Mitarbeiterbefragung manipuliert haben.[2]

Leitende Mitarbeiterin füllte Fragebögen selbst aus

Mit ihren alljährlichen Mitarbeiterbefragungen will das Unternehmen Details zur Zufriedenheit der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen als Arbeitgeber ermitteln. Dazu werden rund 180.000 Mitarbeitern – vom leitenden Manager bis hin zum Briefzusteller – in der Regel bis zu 40 Fragen gestellt. Bislang entwickelten sich die Ergebnisse der Befragungen positiv und die Post durfte sich durchaus als einer der weltweit besten Arbeitgeber rühmen.

Nun aber kam bei einer routinemäßigen Überprüfung  der Plausibilität von Rückmeldungen durch den beauftragten Dienstleister Auffälligkeiten ans Tageslicht. So soll eine leitende Mitarbeiterin in Bremen beispielsweise Fragebögen von dauerhaft erkrankten Postlern selbst ausgefüllt haben. Auch in einer nordhessischen Niederlassung seien Fragebögen frisiert worden sein. Insgesamt handele sich um rund 1.000 Antwortbögen, die von Führungskräften der Post manipuliert worden seien.

Studie gilt dennoch als repäsentativ

Ein Post-Sprecher räumte die Unregelmäßigkeiten inzwischen ein. Nachpostinternen Untersuchungen seien bereits einige der an den Manipulationen beteiligten Führungskräfte beurlaubt worden. Sie müssen jetzt um ihren Job bangen. Die betroffenen Fragebögen seien vor der Auswertung der Studie aussortiert worden. Da sich der Anteil der manipulierten Fragebögen insgesamt im niedrigen einstelligen Prozentbereich bewege, hab dies auf die repräsentative Aussagekraft der Studie keine Auswirkungen, heißt es. Die bislang noch postintern gehüteten Ergebnisse der Befragung sollen im Frühjahr zusammen mit dem Geschäftsbericht publiziert werden.

Postbeschwerden verdreifacht

Veröffentlicht hat indes die Bundesnetzagentur ihre Jahresstatistik zu Kundenbeschwerden bezüglich der Postdienstleister. Demnach hat sich die Zahl der Beschwerden seit 2017 nahezu verdreifacht. So gingen bei der Bundesnetzagentur bis Mitte Dezember vergangenen Jahres 17.167 Postbeschwerden ein. Im Vorjahr (2018) waren es noch 12.615 gewesen. Dies waren bereits mehr als doppelt soviel als in 2017 (6.100 Beschwerden).[3]

Knapp 55 Prozent der Beschwerden entfielen auf den Briefbereich. Ein gutes Drittel (34 Prozent) der Beschwerdegründe betraf Pakete. Häufigster Grund für die Beschwerden waren verspätete und falsch zugestellte Briefe, Zustellausfälle sowie die nicht versuchte Haustürzustellung, d. h. die direkte Paketzustellung an der Empfängeradresse.

Verlust, Entwendung und Beschädigung von Paketen

Die Zahl der Schlichtungsanträge stieg ebenfalls und belief sich 2019 auf 1.398 (Vorjahr: 1.092 Anträge). Etwa dreiviertel der Schlichtungsersuchen betrafen Paketsendungen. Die häufigsten Gründe für ein Schlichtungsbegehren sind der Verlust bzw. die Entwendung sowie die Beschädigung eines Pakets.

Wenn der Postdienstleister eine Haftung und eine Schadensersatzforderung ablehnt, kommt der ordentliche Rechtsweg für die Betroffenen meist wegen des geringen Streitwerts nicht in Betracht. Die Mehrheit der großen Paketdienstleister allerdings schließen ihre Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren meist in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus. Dadurch werde den Kundinnen und Kunden die einzige Möglichkeit genommen, eine gütliche Einigung zu erreichen, klagt die Bundesnetzagentur. Verbraucherschützer fordern schon lange, das bislang auf Freiwilligkeit beruhende Schlichtungsverfahren der Bundesnetzagentur bei Post- und Paketdienstleistungen zu einem für beide Seiten verpflichtendes und bindendes Instrument umzuwidmen (wir berichteten).

Einzelnachweise:

[1] Wikipedia: „Deutsche Post AG“, in. de.wikipedia.org, Abruf am 7. Januar 2020.

[2] Business Insider: „Manipulationsaffäre bei der Deutschen Post: Führungskräfte frisierten Mitarbeiterbefragung“, in: businessinsider.de vom 6. Januar 2020, Abruf am 7. Januar 2020.

[3] Bundesnetzagentur: „Zahl der Beschwerden über Postdienstleistungen steigt erneut an“, in: bundesnetzagentur.de vom 31. Dezember 2019, Abruf am 7. Januar 2020

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Anton Anger

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