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Auch deutsche Hersteller dürfen ihren Essig „Balsamico” nennen

Aceto balsamico gilt hierzulande schon lange als Trendprodukt. Wer italienisches Essen liebt, dem darf der schmackhafte Balsamico-Essig bei keiner Mahlzeit fehlen. Der Aceto balsamico stammt in der Regel aus der italienischen Provinz Modena oder aber auch aus der Provinz Reggio Emilia. Dieser spezielle Essig zeichnet sich durch seine dunkelbraune Farbe und einen süßsauren Geschmack aus und schon allein der Name verweist auf den wohlriechenden Charakter des beliebten italienischen Essigs (Balsam = „Wohlgeruch“).

Nun hat aber auch ein Unternehmen aus Kehl in Baden-Württemberg, die Badische Lebensmittel Manufaktur Balema GmbH des Essigspezialisten Theo F. Berl, schon vor einigen Jahren einen deutschen Balsamico-Essig auf den Markt gebracht. Dieser steht unter der Bezeichnung „Deutscher Balsamico”, unter anderem bei Edeka in den Regalen. Auf dessen Etiketten steht zu lesen: „theo der essigbrauer, Holzfassreifung, Deutscher balsamico traditionell, naturtrüb aus badischen Weinen“ bzw. „1. Deutsches Essig-Brauhaus, Premium, 1868, Balsamico, Rezeptur No. 3“.

Italienisches Konsortium verlangte Unterlassung

Daran störte sich vor allem das Consorzio Tutela Aceto Balsamico di Modena, die ihre Essigg-Erzeugnisse schon 2009 unter der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena (g.g.A.)“ (Balsamessig aus Modena, Italien) im Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und der geschützten geografischen Angaben (g.g.A.) eintragen ließ. Das italienische Konsortium verlangte daher von Balema, die Verwendung des Begriffs „balsamico“ zu unterlassen.

Daraufhin erhob Balema nun bei den deutschen Gerichten Klage auf Feststellung, dass sie diesen Begriff für ihre Produkte verwenden dürfe. Der mit dem Rechtsstreit in Deutschland befasste Bundesgerichtshof (BGH) wollte nun vom EuGH wissen, ob der durch die Verordnung über den Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel gewährte Schutz der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ nur die Gesamtbezeichnung betrifft oder ob auch die Verwendung ihrer nicht geografischen Bestandteile, d. h. „aceto“, „balsamico“ und „aceto balsamico“, mit einschließt. Letzteres verneinte das Gericht.[1]

Balsmico genießt internationales Ansehen

Die fünfte Kammer des EUGH stellte fest, dass sich der Schutz der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ nicht auf die Verwendung ihrer einzelnen nicht geografischen Begriffe erstrecke. Die Richter führten dazu aus, dass die Eintragung der in Rede stehenden „g.g.A.” und der sich aus ihr ergebende Schutz die Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ als Ganzes betreffe, weil diese Bezeichnung sowohl auf dem nationalen Markt als auch im Ausland ein unzweifelhaftes Ansehen genieße.

Die nicht geografischen Begriffe hingegen, nämlich „aceto“ und „balsamico“, sowie ihre Kombination und ihre Übersetzungen könnten nicht in den Genuss dieses Schutzes kommen. insbesondere weil der Begriff „aceto“ ein üblicher Begriff sei und der Begriff „balsamico“ schlicht ein Adjektiv sei, das üblicherweise zur Bezeichnung eines durch einen süßsauren Geschmack gekennzeichneten Essigs verwendet wird. Das Gericht stützte seine Auslegung dabei insbesondere auf die EG-Verordnung Nr.583/2009 vom 3. Juli 2009. Denn damals schon hatten Griechenland, Frankreich und Deutschland die Auffassung vertreten, dass die Begriffe „aceto balsamico“, „balsamic“ lediglich Gattungsbezeichnungen seien.[2]

Kein Schutz für nicht geografische Begriffe

Aus den Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 583/2009 gehe  laut Urteil klar hervor, dass die einzelnen, nicht geografischen Begriffe der in Rede stehenden g.g.A. nicht in den Genuss des der g.g.A. „Aceto Balsamico di Modena“ durch die Verordnung Nr. 510/2006 gewährten[3] und nunmehr durch die Verordnung Nr. 1151/2012 gewährleisteten Schutzes[4] kommen könnten. Die Luxemburger Richter wiesen in ihrem Urteil ferner darauf hin, dass die Begriffe „aceto“ und „balsamico“ in den eingetragenen g.U. „Aceto balsamico tradizionale di Modena“ und „Aceto balsamico tradizionale di Reggio Emilia“ erscheinen, ohne dass ihre Verwendung den Schutz der in Rede stehenden geschützten geografischen Angabe beeinträchtige.

Der BGH hatte die Rechtssache in Form eines Vorabentscheidungsersuchens dem EuGH vorgelegt. Der Gerichtshof entschied daher nicht über den nationalen Rechtsstreit. Dies ist Sache des nationalen Gerichts, in diesem Fall des BGH. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aber bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.

Einzelnachweise:

[1] Europäischer Gerichtshof EuGH: „Pressemitteilung 150/19 zum  Urteil in der Rechtssache C-432/18“, in: curia.europa.eu vom 4. Dezember 2019, Abruf am 4. Dezember 2019. Volltext des Urteils bei eur-lex.europa.eu: Urteil  in der Rechtssache C‑432/18.

[2] Europäische Kommission: „Verordnung Nr. 583/2009“, in: eur-lex.europa.eu vom 3. Juli 2009, Abruf am 4. Dezember 2019.

[3] Europäischer Rat: „Verordnung Nr. 510/200“, in: eur-lex.europa.eu vom 20. März 2006, Abruf am 4. Dezember 2019.

[4] Europäisches Parlament und Europäischer Rat: „Verordnung Nr.1151/2012“, in: eur-lex.europa.eu vom 21. November 2012, Abruf am 4. Dezember 2019.

 

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Anton Anger

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