Categories: Reiserecht

Was tun, wenn der Flieger nicht fliegt oder der Flug sich verspätet?

Was tun, wenn sich der Abflug verspätet? Wertvolle Tipps zum Reiserecht bei Flugreisen gibt ein Video bei unserem Video-Kanal.[1] Dort erfahren Sie beispielsweise, welche Rechte auf Entschädigung Sie haben. Denn schon ab drei Stunden Verspätung steht einem Flugreisenden grundsätzlich eine Ausgleichszahlung zwischen 250 und 600 Euro zu.

Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach der zurückzulegenden Flugstrecke. Je größer die Flugdistanz ist, desto höher fallen die Ausgleichszahlungen aus. Für Kurzstrecken bis 1.500 Km bekommen Reisende 250 Euro, bei Mittelstrecken bis 3.500 Km sind es 400 Euro und auf der Langstrecke ab 3.500 Km und mehr beläuft sich die Entschädigungssumme auf 600 Euro. Diese Ausgleichszahlungen werden  jeweils pro Fluggast fällig und das unabhängig von der Höhe des Ticketpreises, den man gezahlt hat!

Airline muss Reisende verpflegen!

Doch das ist längst nicht alles! Denn schon ab zwei Stunden Verspätung muss die Fluggesellschaft den Reisenden auch verpflegen. Man hat das Recht auf eine angemessene Mahlzeit. Eine Flasche Wasser und ein Schokoriegel etwa reichen da nicht. Und wenn der Flug oder ein Ersatzflug erst am nächsten Tag geht, dann muss Ihnen die Airline auch die notwendige Übernachtung bezahlen.

Dazu gehört selbstverständlich dann auch der Transfer zum jeweiligen Hotel. Dieses darf man sich dann  freilich nicht selbst aussuchen. Wenden Sie sich dazu immer zu allererst an ihre Airline und machen Sie direkt am Schalter ihre Ansprüche geltend.

Und was mancher Reisende vielleicht noch nicht weiß: Wird ein Flug ganz gestrichen und der Reisende nicht spätestens 14 Tage vor dem Abflugtermin darüber informiert, dann hat man ebenfalls Ansprüche auf eine Entschädigung – dies  in Höhe von 125 € bis 600 €. Rechtsbasis für all dies ist die Fluggastrechte-Verordnung der Europäischen Union.[2]

Beachten sollte man allerdings: Bei außergewöhnlichen Umständen – wie beispielsweise Krieg, Terror, unerwarteten Naturkatastrophen und dergl. – muss die Airline nicht zahlen. Auf solche Ereignisse berufen sich Fluggesellschaften nur allzugerne und verweigern dann die Zahlung. Das aber keineswegs immer zu Recht!

Wenn die Airline die Zahlung verweigert:

Sollte die Airline sich weigern, die Entschädigung zu bezahlen (was leider nicht gerade selten vorkommt), dann kann man sich an die Schlichtungsstelle wenden. Dieser Service ist kostenlos. Ebenfalls bieten einige Legal-Tech-Portale (wie zum Beispiel flugrecht.de, flightright.de, airhelp.com oder euflight.de) Reisenden ihre Unterstützung an. Diese Anbieter setzen Ihre Fluggastrechte für sie bei den Airlines durch. Die Portale verlangen dann im Erfolgsfall allerdings einen gewissen Prozentsatz der Entschädigungs-Summe als Provision. In der Regel sind das etwa 30 Prozent.[3]

Es empfiehlt sich, das einmal nachzurechnen: Bei einem um mehr als drei Stunden verspäteten Kurzstreckenflug stehen dem Reisenden maximal 250 Euro als Ausgleichszahlung zu. Ein Rechte-Portal würde im Erfolgsfall davon etwa 75 Euro abgreifen. Für das Geld bekommt man beim Anwalt noch nicht einmal eine Rechtsberatung.

Reist man hingegen als vierköpfige Familie über eine Langstreckendistanz, dann könnte das Portal insgesmt bis zu 920 Euro an Provision einstreichen (= 30 Prozent von 4 x 600 €). Das ist viel Geld! Vielleicht könnte sich da der Weg zum Anwalt dann doch lohnen. Wohlgemerkt: Die Schlichtungsstelle ist für Betroffene kostenlos. Aber es kann dann mitunter etwas länger dauern, bis man sein Geld von der Airline erhält.[4]

Ihre Rechte als Video:

Manch andere wichtige Hinweise zu Ihrem Reiserecht auf Flugreisen sehen sie anschaulich in animierten Grafiken in unserem Video zum Reiserecht. Darüber hinaus finden Sie im YouTube-Channel von Anwalt Innovativ ebenso weitere wertvolle und informative Videos zu anderen kniffeligen Rechtsfragen – so z. B. zum Scheidungsrecht, zum Mietrecht oder auch zu LegalTech.

Weitere detaillierte Berichte zur rechtlichen Auslegung von Sonderfällen bezüglich des Reiserechts bei Flugreisen wie auch zum Thema Reisen allgemein gibt es oben in unserer Rubrik „Reiserecht“.

Einzelnachweise:

[1] YouTube: „Videos von Anwalt Innovativ“, in: youtube.com, Abruf am 29. Oktober 2019

[2] Europäische Union: „Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates“, in: eur-lex.europa.eu vom 11. Februar 2004, Abruf am 29.Oktober 2019

[3] Anwalt Innovativ: „Schlichtung statt Gerichtsverfahren“, in: anwalt-innovativ.de vom 28. Mai 2019, Abruf am 29. Oktober 2019.

[4] Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.: „Rechte Flugreisen“, in: soep-online.de,  Abruf am 29. Oktober 2019,

siehe auch:

Bundesamt für Justiz: „Schlichtungsstelle Luftverkehr“, in: bundesjustizamt.de, Abruf am 29. Oktober

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Tobias Köhler

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