E-Scooter-Anbieter: Abmahnung der Verbraucherzentralen

Seit Mitte Juni musste die Münchner Polizei bereits 700 Trunkenheitsfahrten mit E-Scootern ahnden.[1] Nun fordern auch CSU-Stadträte strengere Regeln für die Nutzung der Elektro-Tretroller, was der verantwortliche Minister, Andreas Scheuer (ebenfalls CSU) bislang kategorisch ablehnte (wir berichteten). Indes kritisieren die Verbraucherzentralen die Nutzungsbedingungen der Verleihfirmen. Diese wälzten mögliche Nutzer-Risiken auf unzulässige Weise auf die Scooter-Mieter ab.[2]

Sie stehen mitten auf den Gehwegen herum, man findet sie ins Gebüsch geworfen oder in Fußgängerzonen, wo deren Gebrauch ohnehin verboten ist. Für Menschen mit eingeschränkter Mobilität stellen die E-Tretroller dort oft ein gefährliches Hindernis dar.

Viele Bürger sind nur noch genervt

Den Münchner Bürgern geht das Chaos, das sie verursachen, gehörig auf die Nerven. Die Stadtrats-CSU fordert deshalb gegen ihren eigenen Minister, gemeinsam mit den fünf Münchner E-Scooter-Betreibern ein Park-Konzept für die Tretroller zu entwickeln.

Was das Fahren auf Gehwegen und in Fußgängerzonen betrifft, fordern jetzt der der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund, dass die Rollerfahrer per GPS überwacht und gestoppt werden können. Wie in den Medien bekannt wurde, haben sich die Kommunen offenbar bereits gemeinsam mit den Anbietern Circ, Lime, Tier und Voi weitgehend auf Maßnahmen für mehr Ordnung und Sicherheit verständigt. Die Verbände baten daraufhin auch das Bundesverkehrsministerium, bei der Betriebserlaubnis sicherzustellen, dass die E-Roller auf Gehwegen automatisch gedrosselt werden. Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte, das werde derzeit geprüft. Ein Ergebnis aber liege noch nicht vor.

85 Vertragsklauseln unzulässig

Diskutiert werde zwischen Verbänden und Anbietern über weitere Maßnahmen.  So sollen – ähnlich wie CarSharing-Anbieter – auch die Verleiher von Elektro-Tretrollern verpflichtet werden, falsch geparkte oder kaputte Scooter innerhalb einer festgesetzten Frist einzusammeln. Außerdem sollen die E-Scooter  künftig nur noch in gekennzeichneten Bereichen abgestellt werden dürfen. Der jeweilige Mieter müsste dann mit einem Handyfoto dokumentieren, dass er dieser Pflicht nachgekommen ist. Wer sich daran hält, könnte dann eventuell von einem neuen Bonussystem profitieren.[3]

Inzwischen hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) bei den Anbietern der E-Scooter zum Teil gravierende Verstöße wie unzulässige Haftungsregelungen und die Abwälzung von Wartungs- und Inspektionspflichten auf die Kunden festgestellt. Der vzbv hat die Firmen inzwischen abgemahnt. Insgesamt  seien nach Auffassung des vzbv 85 Klauseln unzulässig.

Viele Tücken im „Kleingedruckten“

Wer einen E-Scooter mietet, haftet den Nutzungsbedingungen zufolge unabhängig von seinem Verschulden für nahezu alle Schäden, die etwa durch Unfall oder Diebstahl entstehen. Die Anbieter garantierten teilweise weder einen verkehrssicheren Zustand der Roller noch funktionierende Akkus, klagt der vzbv. Einige Anbieter wälzten ihre Pflicht zur regelmäßigen Wartung und Inspektion sogar vollständig auf die Kunden ab und verpflichteten diese vor jedem Fahrtantritt, unter anderem Bremsen, Beleuchtung, Räder, Rahmen und Akkus sorgfältig auf etwaige Mängel zu überprüfen. Das aber können Verbraucher in der Regel gar nicht fachgerecht leisten.

Viele Tücken der Mietkonditionen lauern im sogenannten „Kleingedruckten“. Kritisch sieht der vzbv zum Beispiel, dass die Verleihfirmen überhaupt keine Gewähr dafür übernehmen, dass ihr Vermietungsservice überhaupt verfügbar sei. Und knallhart sind die Unternehmen, wenn es ums Geld geht: Vom Zahlungskonto dürfen alle Kosten eingezogen werden, die nach Ansicht des Verleihers vom Kunden verursacht wurden. Dies bezieht sich auch auf mögliche Forderungen Dritter.

Fehlender Datenschutz

Die Anbieter behalten sich zudem vor, Nutzern schon nach einem geringfügigen Zahlungsrückstand den Zugang zum Mietservice zu sperren oder Verträge jederzeit ohne Angabe von Gründen zu kündigen. Mitunter sollen Kunden sogar völlig überzogene Strafgebühren zahlen, wenn sie das Fahrzeug falsch abstellen oder nicht korrekt abmelden.

Mietgebühren werden in der Regel nicht erstattet – dies selbst dann, wenn der Kunde die Fahrt nicht antreten konnte, weil der Roller defekt oder der Akku leer war. Selbst im Datenschutz schießen die Vermiet-Unternehmen weit über das rechtlich Zulässige hinaus. Persönliche Daten können ohne die erforderliche Zustimmung des Kunden zum Beispiel für Werbezwecke genutzt werden.

Mailand verbannt Scooter aus Stadtbild

Im europäischen Ausland, wo die E-Scooter teils schon erheblich früher zugelassen worden waren, ziehen Kommunen auf das Chaos, dass die Tretroller verursachen, bereits erste Konsequenzen. In Mailand beispielsweise Die Kommunalverwaltung habe die Verleiher am Mittwoch aufgefordert, die Fahrzeuge innerhalb von drei Tagen aus dem öffentlichen Raum abzuziehen, berichtete die Mailänder Tageszeitung Corriere della Sera.[4]

Die  norditalienische Metropole sei nicht ausreichend auf die E-Scooter vorbereitet, heißt es. Deshalb sollen die Fahrzeuge erst einmal wieder aus dem Stadtbild verschwinden. Nach einem Unfall mit einem Fußgänger habe die Staatsanwaltschaft zudem Ermittlungen aufgenommen. Es werde  unter anderem geprüft, ob sich die Anbieter von E-Tretrollern an die gesetzlichen Vorschriften halten.

Einzelnachweise:

[1] Abendzeitung München: „E-Scooter in München: CSU fordert strengere Regeln“, in: abendzeitung-muenchen.de  vom 26. August 2019, Abruf am 27. August 2019

[2] Verbraucherzentrale Bundesverband: „E-Scooter: Gravierende Lücken im Kleingedruckten“, in: bzbv.de vom 27. August 2019, Abruf am 27. August 2019

[3] VFR Verlag für Rechtsjournalismus GmbH: „Rahmenvereinbarung für E-Scooter: Kommunen wollen Ordnung schaffen“, in: bussgelkatalog.org vom 27. August 2019, Abruf am 27. August 2019

[4] ntv-online: „Mailand verbannt E-Scooter“, in: n.tv.de vom 16. August 2019, Abruf am 27. August 2019

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Werner Schmid

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