Mehr Rechte für „Scheinväter“

Scheinväter sollen gesetzlichen einen Anspruch erhalten, dass Mütter ihnen den wahren Vater ihres Kindes nennen. Darauf drängt der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Die Justizministerkonferenz in Lübeck will das Bundesjustizministerium zu einem entsprechenden Gesetz auffordern.[1]

Wenn ein Mann erfährt, dass er nicht der leibliche Vater seines Kindes ist, kann er vom tatsächlichen Kindsvater zu Unrecht gezahlten Unterhalt zurückverlangen. Voraussetzung dafür ist,  die Mutter nennt ihm den Namen des tatsächlichen Vaters. Allerdings: Wenn die Mutter schweigt oder behauptet, sie erinnere sich nicht, wer möglicherweise der wahre Vater sein könnte, hat der Scheinvater in der Regel keine Chance. Denn bislang existiert kein Gesetz, das die Nennung des Namens des tatsächlichen Vaters regelt.[2]

Gesetzesvorstoß schon einmal gescheitert

Gerichte hatten in der Praxis immer wieder einen solchen Anspruch bejaht. Aufgrund eines zu starken Eingriffs in die Intimsphäre der Mutter beendete 2015 das Bundesverfassungsgericht diese Praxis (BVerfG, Beschluss v. 24.02.2015, 1 BvR 472/14).[3] Demnach müsste der Bundestag ein entsprechendes Gesetz erlassen. Doch bereits vor drei Jahren war ein ähnlicher Vorstoß schon einmal im Bundestag gescheitert.

Der fehlende Auskunftsanspruch könnte sich auch zu Lasten des Kindes auswirken. Denn wenn ein Scheinvater erfährt, dass er gar  nicht der leibliche Vater des Kindes ist, kann er sich möglicherweise weigern, weiterhin für das Kuckuckskind Unterhalt zu zahlen. Auch Kinder können bisher ihre Mütter nicht dazu zwingen, den Namen des biologischen Vaters zu nennen. Sie können lediglich ihre genetische Abstimmung klären lassen.

In der Regel obliegt diese Klärung dem rechtlichen Vater. Dies wird jedoch nur dann möglich, wenn die Mutter einem Gentest zustimmt oder wenn das Kind volljährig ist. Dann nämlich kann das Kind selbst entscheiden, ob der gegenwärtig rechtliche Vater eine genetische Untersuchung in Auftrag geben darf. Oft entscheidet allein der Zufall – etwa bei Krankenhausuntersuchungen, dass ein Scheinvater überhaupt davon erfährt, dass ihm eine Frau ein sogenanntes Kuckuckskind untergeschoben hat.

Scheinvater muss geleisteten Unterhalt nicht belegen

Scheinväter hätten dann theoretisch das Recht, ihre bislang gezahlten Alimente von dem tatsächlichen Vater einzufordern. Das kann leicht in die Zigtausende gehen. Denn der Scheinvater muss den tatsächlich geleisteten Unterhalt nicht belegen. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) muss er nur die über den Mindestbedarf hinausgehende Unterhaltsleistungen darlegen Laut BGH-Beschluss bleibt es Aufgabe des Gerichts, die für die streitbefangenen Zeiträume geltenden gesetzlichen Bestimmungen anzuwenden und die jeweils gültigen Mindestbedarfsbeträge zu errechnen (BGH, Beschluss vom 19.9.2018, XII ZB 385/17).[4]

Ob der neuerliche Anlauf für eine Gesetzesänderung Erfolg haben wird, erscheint mehr als fraglich. Kritiker des Gesetzentwurfs befürchten zu Recht erhebliche Probleme mit der praktischen Umsetzung eines solchen Gesetzes. Denn Ausflüchte der Mütter sind quasi vorprogrammiert. Was soll denn passieren, wenn die Mutter behauptet, den Erzeuger namentlich nicht zu kennen. oder einfach nur keinerlei Informationen über die Person und dessen Wohnort hat? Oder aber wenn sie den Namen partout nicht nennen mag? Zwar bestünde in solchen Fällen die Möglichkeit der Festsetzung von Zwangsgeld oder Zwangshaft. Aber wie lange kann man eine Mutter dazu wirklich in Haft nehmen? Und wäre das etwa zum Wohl des Kindes?

Einzelnachweise:


[1] RTL News: „Scheinväter sollen den Namen der leiblichen Väter erfahren“, in: rtl.de vom 5. Juni 2019. Abruf am 6. Juni 2019

[2] Rheinische Post: „Mütter sollen Scheinvätern den leiblichen Vater nennen müssen“, in: rp-online.de vom 4. Juni 2019, Abruf am 6. Juni 2019

[3] Haufe News: „Gesetzeslücke: Mutter muss Scheinvater Identität des Erzeugers nicht offenlegen“, in: haufe.de vom 26. März 2019, Abruf am 6. Juni 2019

[4] Haufe News: „Scheinvater muss Mindestbedarf für minderjähriges ‚Kuckuckskind‘ nicht nachweisen“, in haufe.de vom 11. Dezember 2018, Abruf am 6. Juni 2019

Share
sgf

Recent Posts

Empfängnis­verhütende Mittel können beihilfefähig für andere Krankheiten sein

BVerwG: Verhütungsmittel zur Krankheitsbehandlung können beihilfefähig sein Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) befasste sich mit der Frage,…

27, August 2020

Restzahlungen bei Pauschalreisen

Pauschalreisen in Coronazeiten: Muss ich den Restpreis bezahlen? Sind Sie wegen der Coronalage noch unsicher,…

25, August 2020

Kompromiss-Urteil zu Schönheitsreparaturen

BGH: Vermieter trifft auch bei unrenoviert übergebener Wohnung eine Instandhaltungspflicht Der BGH hatte über zwei…

20, August 2020

So erkennen Sie Betrugsversuche

C.B. Group Inkasso verschickt gefälschte Mahnungen: So erkennen Sie Betrugsversuche Fast wöchentlich gibt es neue…

18, August 2020

Das krankenversicherte Kind

Bei Möglichkeit der Mitversicherung haben Kinder keinen Anspruch auf privaten Krankenversicherungsschutz Das OLG Frankfurt am…

13, August 2020

Dieselskandal

Nacherfüllungsanspruch kann sich auf Lieferung eines Nachfolgemodells erstrecken Das OLG Köln hat entschieden, dass der…

11, August 2020