Nacherfüllungsanspruch kann sich auf Lieferung eines Nachfolgemodells erstrecken
Das OLG Köln hat entschieden, dass der Verkäufer eines Fahrzeugs, das die gesetzlichen Abgasvorgaben nicht erfüllt, zur Nachlieferung eines Neuwagens aus der Folgeserie verpflichtet werden kann.
VW Touran der ersten Generation erfüllt die Abgasvorgaben nur im Testmodus
Die Klägerin ist ein Unternehmen, das im Januar 2014 einen VW Touran aus er damals produzierten Serie bei einem Autohaus kaufte. Die sogenannte “Umschaltlogik” bewirkte, dass das Fahrzeug nur im Testmodus die gesetzlich vorgeschriebenen Abgaswerte einhielt, diese aber beim Betrieb überschritt. Die Klägerin erhob im Jahr 2017 eine Mängelrüge und forderte das Autohaus auf, ein mangelfreies Fahrzeug zu liefern. Die Verkäuferin lehnte dies ab und bot stattdessen ein Software-Update an. Fahrzeuge der ersten Generation würden seit 2015 nicht mehr produziert, und die Nachlieferung eines Neuwagens der Folgegeneration sei im Vergleich zur Nachinstallation der Software unverhältnismäßig aufwendig.
Kann ein Software-Update den Mangel beheben?
Im Ausgangsverfahren gab das Landgericht Köln der Klage im Wesentlichen statt und verurteilte die Beklagte zur Lieferung eines VW Touran der zweiten Generation. Diese Entscheidung bestätigte das OLG Köln als Berufungsinstanz (Urteil vom 02.04.2020, Az.: 18 U 60/19).
Der Senat prüfte zunächst, ob die Aktualisierung der Software den Mangel beheben könnte. Zwar sei nach aktuellem Kenntnisstand nicht damit zu rechnen, dass die Betriebserlaubnis für das Fahrzeug nach der Installation weiterhin versagt werde. Es sei aber nicht auszuschließen, dass die Software bestimmte Folgeprobleme hervorrufen könnte, die in der Fachliteratur derzeit besprochen würden. Deshalb betrachtete das Gericht das angebotene Update nicht als zur Mangelbeseitigung geeignet.
Nachfolgemodell kann Gegenstand des Nachlieferungsanspruchs sein
Da das Fahrzeug mangelhaft gewesen sei, habe die Klägerin ihr Wahlrecht nach § 439 I BGB ausüben dürfen und sich ausdrücklich für Nachlieferung entschieden. Ein Fahrzeug aus der ersten Generation sei nicht zur Nacherfüllung geeignet, da aus der Serie nur noch Gebrauchtfahrzeuge am Markt seien, das Autohaus aber einen Neuwagen liefern müsse. Nach Ansicht des Senats hätte die Beklagte zur Unverhältnismäßigkeit des Aufwands substanziiert vortragen müssen, sie habe aber dazu nichts ausgeführt. Für das Gericht war auch nicht ersichtlich, dass der Touran der aktuellen Produktion seinem Vorgängermodell im Hinblick auf Technik oder Ausstattung unterlegen sei.
Da es sich bei der Klägerin um ein Unternehmen handelte, wurde sie im Gegenzug jedoch verurteilt, Wertersatz für die Zeit der Nutzung des Fahrzeugs leisten. Von dieser Verpflichtung wäre sie nach § 475 III BGB nur als Verbraucherin befreit gewesen.