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Corona-Krise: Strenges Kontakt-Verbot statt Ausgangssperre

Im Kampf gegen eine weitere Ausbreitung des Corona-Virus verzichten Bund und Länder auf weitergehende Ausgangssperren. Stattdessen setzen sie auf ein umfangreiches Kontaktverbot. Dies haben die Ministerpräsidenten der Länder bei einer Videokonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel vereinbart.

Bund und Länder seien sich laut Kanzlerin Merkel darüber im Klaren, dass es sich dabei um sehr einschneidende Maßnahmen handele. Aber diese seien notwendig und sie sind mit Blick auf das zu schützende Rechtsgut der Gesundheit der Bevölkerung verhältnismäßig, sagte die Bundeskanzlerin am Sonntag bei einer Pressekonferenz. Kernpunkt der Regelung: Versammlungen von mehr als zwei Personen werden verboten.[1]

Die Beschlüsse im Einzelnen:

  1. Die Bürgerinnen und Bürger werden angehalten, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren.
  2. In der Öffentlichkeit ist, wo immer möglich, zu anderen als den unter I. genannten Personen ein Mindestabstand von mindestens 1,5 Meter (besser noch zwei Meter) einzuhalten.
  3. Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur alleine, mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstands gestattet.
  4. Der Weg zur Arbeit, zur Notbetreuung, Einkäufe, Arztbesuche, Teilnahme an Sitzungen, erforderlichen Terminen und Prüfungen, Hilfe für andere oder individueller Sport und Bewegung an der frischen Luft sowie andere notwendige Tätigkeiten bleiben selbstverständlich weiter möglich.
  5. Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen sind angesichts der ernsten Lage in unserem Land in akzeptabel. Verstöße gegen die Kontakt-Beschränkungen sollen von den Ordnungsbehörden und der Polizei überwacht und bei Zuwiderhandlungen sanktioniert werden.
  6. Gastronomiebetriebe werden geschlossen. Davon ausgenommen ist die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause.
  7. Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Friseure, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe werden geschlossen, weil in diesem Bereich eine körperliche Nähe unabdingbar ist. Medizinisch notwendige Behandlungen bleiben weiter möglich.
  8. In allen Betrieben und insbesondere solchen mit Publikumsverkehr ist es wichtig, die Hygienevorschriften einzuhalten und wirksame Schutzmaßnahmen für Mitarbeiter und Besucher umzusetzen.
  9. Diese Maßnahmen sollen eine Geltungsdauer von mindestens zwei Wochen haben.

Die bundesweit geltenden Maßnahmen sollen den föderalen Flickenteppich (wir berichteten) unterschiedlicher Vorschriften in den Bundesländern ablösen. Dennoch bleiben weitergehende Regelungen aufgrund von regionalen Besonderheiten oder epidemiologischen Lagen in den Ländern oder Landkreisen weiterhin möglich.

CSU verteidigt bayerischen Alleingang

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat indes den Alleingang der Bayerischen Staatsregierung bei den Ausgangsbeschränkungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie verteidigt. Wenn es um das Corona-Virus gehe, sei Bayern näher an Österreich als an Schleswig-Holstein, sagte er am Sonntags-Stammtisch des Bayerischen Rundfunks. Genauso sei Nordrhein-Westfalen näher an der Situation in Belgien und Frankreich als an Oberbayern. „Wir haben die Verantwortung für unser Land und da müssen wir jetzt handeln“, sagte Herrmann.[2]

Österreich hatte schon früher mit entsprechenden Ausgangsbeschränkungen begonnen. Die Zahl der Corona-Infizierten sei in Bayern aber vor allem deshalb so hoch, weil viele in den Faschingsferien im Nachbarland beim Skifahren waren.

Bei der Videokonferenz gab es dem Vernehmen nach einen heftigen Streit zwischen CSU-Chef Markus Söder und NRW-Regierungschef Laschet. Dieser habe Söder massiv attackiert, weil er bereits am Freitag ohne Absprache mit dem Bund und den anderen Ländern eigene Maßnahmen mit Ausgangsbeschränkungen für Bayern verordnet hatte. Söder soll nach Medienberichten daraufhin damit gedroht haben, die Schaltkonferenz zu verlassen.[3]

Einzelnachweise:

[1] Presse- und Informationsamt der Bundesregierung: „Besprechung von Bundeskanzlerin Merkel mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zum Coronavirus“, in:  bundesregierung.de vom 22. März 2020, Abruf am 22. März 2020.

[2] Bayerischer Rundfunk BR: „Herrmann rechtfertigt Bayerns Alleingang bei Corona-Regeln“, in: br.de vom 22. März 2020, Abruf am 22. März 2020.

[3] ntv: „Bund und Länder einigen sich auf Kontaktverbot“, in: n-tv.de vom 22. März 2020, Abruf am 22. März 2020.

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Anton Anger

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