Verkehrsrecht

Amtsgericht München: Die Tiefgarage ist für Autos da!

Es gibt Menschen, die stopfen sich dieser Tage die heimische Garage mit Klopapier voll. Das ist schrill, unsolidarisch gegenüber der Gesellschaft und irgendwie irritierend. Denn einerseits fehlt normalen Kunden das perforierte Papier auf den durch eine derartige Corona-Hysterie getriebene Hamsterkäufe leer gekauften Paletten der Discounter (wir berichteten). Zum anderen aber ist es rein rechtlich betrachtet eine Zweckentfremdung der Garage. Denn in die heimische Garage gehört in erster Linie nun einmal das Auto und ggf. vielleicht auch ein Fahrrad oder Ähnliches – also in der Regel Fahrzeuge, Reifen und entsprechendes Zubehör.

Wenn man über eine Einzelgarage verfügt, dann ist man in der Regel ja noch relativ gut dran und mag vielleicht durchaus auch mal (mehr oder weniger vorübergehend) ein wenig Hausrat dort zwischenlagern. Wenn es keiner sieht, gilt gewissermaßen der Spruch „Wen kratzt das?” Oder wie heißt es so schön im Volksmund: „Wo kein Kläger, dort kein Richter”,

Feuerpolizeiliche Bedenken

So weit – so gut! Anders schaut es jedoch aus, wenn man „nur“ über einen Stellplatz in der Tiefgarage einer Wohnanlage verfügt. Angemietete Stellplätze in einer Tiefgarage dürfen nämlich (sofern es im Mietvertrag nichts anderes   geregelt ist) lediglich zum Abstellen von Autos benutzt werden, urteilte das Amtsgericht München (Az.: 433 C 7448/12).[1]

Diesen Fall schilderte aktuell die Saarbrücker Zeitung: Ein Münchner Ehepaar hatte eine Wohnung gemietet, zu der auch ein Tiefgaragenstellplatz gehörte. Als die Vermieterin feststellte, dass das Ehepaar auf dem Stellplatz Kartons und Plastikmaterial lagerte, forderte sie die Mieter auf, die Garage davon zu befreien. Schließlich sei der Tiefgaragenplatz ja dafür nicht gedacht. Außerdem gebe es feuerpolizeiliche Bedenken. Die Mieter weigerten sich jedoch, die Kartons und das Plastikmaterial zu entfernen. Deshalb zog die Vermieterin vor das Amtsgericht München .[2]

Und die Richterin gab der Vermieterin in der Tat Recht. Ihre Begründung: Grundsätzlich dürfe ein Mieter Garagen und Stellplätze nur im Rahmen des Vertragszweckes nutzen. Fehle es an einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung, sei der Umfang der Nutzungsrechte durch Auslegung des Mietvertrages zu ermitteln.

Reichsgaragenordnung von 1939

Anhaltspunkte für diese rechtliche Einordnung kann man aus dem Baurecht entnehmen. Diese entstammt aus einem vielleicht schon etwas angestaubt anmutenden Artikel unserer Rechtsordnung. Konkret kommt dies Regelung nämlich noch aus der Reichsgaragenordnung von 1939, auf der unsere im heutigen Baurecht verankerte Stellplatzsatzung aufbaut. Diese Verordnung sollte weiland nach der Erfindung des neuen Volkswagens sicherstellen, dass in der „autogerechten Stadt der Zukunft“ zu jedem Auto auch ein Stellplatz gehört. Nach diesem Regelwerk sind Stellplätze unbebaute oder mit Schutzdächern versehene, weder dem ruhenden noch dem fließenden Verkehr dienende Flächen, die zum Einstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt sind.

Das alte Gesetz hat auch heute gewiss noch seinen Sinn. Und so urteilte dann auch das Gericht: Andere Gegenstände als Fahrzeuge oder Fahrzeuganhänger seien  folglich zu entfernen!

Auch keine Gleichheit im Unrecht

Dass nach Auffassung der Beklagten auf dem Speicher Gegenstände und Kartons gelagert würden, die nach deren Auffassung ein viel größeres Risiko bergen als in der Tiefgarage in Plastikkisten gelagerte Gegenstände, sei rechtlich ebenso unerheblich wie die Behauptung der Beklagten, dass auch auf einigen anderen Tiefgaragenstellplätzen andere Gegenstände als Fahrzeuge abgestellt seien, erklärte das Gericht. Abgesehen davon, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes im Verhältnis der privatrechtlich handelnden Parteien nicht gilt, gebe es auch keine Gleichheit im Unrecht.

Die Beklagten wurden samtverbindlich verurteilt, die sich in der Tiefgarage des Anwesens  befindlichen Kartons und das Plastikmaterial zu entfernen. Das vollstreckbare Urteil kostete das Paar die Entsorgungsmaßnahme sowie die Kosten des Rechtsstreits in Höhe von 480 Euro.

Einzelnachweise:

[1] Amtsgericht München: „Urteil 433 C 7448/12“, in: openjur.de, Schlussurteil vom 21.November 2012, Abruf am 18. März 2020.

[2] Saarbrücker Zeitung: „Justiz stellt klar: Eine Tiefgarage ist für Autos da – und nicht zum Abstellen von Kartons“, in: saarbruecker-zeitung.de vom 18. März 2020, Abruf am 18. März 2020.

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Werner Schmid

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