Schweizer Anwalt wegen krasser Abzocke verurteilt

Patrick Stach, promovierte Rechtswissenschaftler an der Universität St. Gallen und Inhaber der renommierten Kanzlei Stach Rechtsanwälte AG (Zürich/St, Gallen) ist ein weitherum bekannter Jurist. Als Verfasser von Publikationen zu rechtlich-relevanten Themen (u. a. auch als Autor in Kommentaenr zum schweizerischen Obligationenrecht),  als Mitglied von Verwaltungs- und Stiftungsräten mehrerer national und international tätiger Unternehmen, als Mitglied des Management Committees der Euro-American Lawyers Group und als ehemaliger Verwaltungsrat der Bank ODDO BHF (Schweiz) AG genießt der Jurist zweifellos ein hohes Ansehen.[1]

So dürfte man eigentlich annehmen, der feine Herr „Rechtsverdreher“ – wie man im Volksmund sagt – kenne sich mit dem Schweizer Rechtswesen bestens aus. Nun aber geriet Dr. jur. Patrick Stach bitterböse in die Schlagzeilen und musste gar kleinlaut aus dem HSG Universitätsrat, dem obersten Organ der Universität St. Gallen, zurücktreten. Denn laut einem Urteil des Schweizer Bundesgerichts hat Patrick Stach mit einer krass überrissenen Honorarforderung gegen das Anwaltsgesetz verstoßen.[2]

Erbschaftsstreit von 2015

In einer Erbschaftssache wollte sich der St. Galler Rechtsanwalt und Notar offenbar in unzulässiger Weise an einem Erfolgshonorar bereichern, stellte das oberste schweizerische Gericht letztinstanzlich fest. Nachdem das St. Galler Tagblatt die Angelegenheit publik gemacht hatte,[3] forderten Politiker Stachs Rücktritt aus dem St. Galler Universitätsrat, welchem der Anwalt nun nachkam. Ihm sei klar, dass Politik und Öffentlichkeit den Fall und seine Ratsmitgliedschaft nicht getrennt betrachtet würden, erklärte Stach bei einer Medienkonferenz im Hotel Walhalla in St. Gallen. Er wolle den Ruf der HSG, seiner “Alma Mater”, nicht gefährden.[4]

Im dem Fall zugrunde liegenden langjährigen Erbstreit dreier Schwestern ging es um einen Betrag von insgesamt  1,9 Millionen Franken. Je nach dem, wie erfolgreich seine Kanzlei dabei wäre, den Erbteil seiner Klientin im Streit gegen ihre Schwestern zu erhöhen, wollte sich der Anwalt 20 Prozent der Erbschaft einverleiben. Als Mindesthonorar sicherte er sich vertraglich 100.000 Schweizer Franken zu. Diese Summe hat er in der Folge gar um mehr als das Vierfache überschritten.

Als der Anwalt seiner Klientin im Mai 2017 eine Zwischenabrechnung über 420.069,20 Franken schickte, zeigte ihn die Frau, die schon seit Jahren allein von Sozialhilfe leben musste, bei der Anwaltskammer an. Diese eröffnete daraufhin ein Disziplinarverfahren gegen Stach und verhängte eine Geldbuße von 10.000 Franken. Erfolglos focht Stach den Entscheid durch alle Instanzen an. Die Sanktion liegt in der Mitte des gesetzlichen Rahmens (Art. 17 Abs. 1 lit. c BGFA), zudem hat Stach die Verfahrenskosten von 2.000 Franken zu zahlen.[5]

„Primär eigene finanzielle Interessen verfolgt“

Die Bundesrichter sprachen deutliche Worte. Denn der dem Honorar zugrunde liegende Stundenansatz übersteige den in St. Gallen üblicherweise zur Anwendung kommenden Betrag um das zwei- bis dreifach, schrieben die Bundesrichter in ihrem Urteil (Az. 2C_205/2019). Diese Überschreitung lasse sich weder durch besondere Umstände und das erzielte Ergebnis noch durch die übernommene Verantwortung rechtfertigen. Überdies gebe es Hinweise auf unnötig betriebenen Aufwand.

Das Bundesgericht stützt mit seinem Urteil die Feststellung der Vorinstanzen, der Anwalt habe mit dem Abschluss der Honorarvereinbarung primär seine eigenen finanziellen Interessen verfolgt. Das Verschulden des Anwalts betrachtete dabei bereits das Kantonsgericht als erheblich. Den Verstoß gegen die Berufsregeln gewichteten die Gerichte als  „mittel bis schwer“. Hat ein Anwalt derart gegen das schweizerische Anwaltsgesetz verstoßen, kann die Anwaltskammer Disziplinarmaßnahmen anordnen. Je nach Schwere des Berufsregelverstoßes kann dabei sogar ein befristetes oder dauerndes Berufsausübungsverbot in Betracht kommen.

Droht  nun auch Ausschluss aus Anwaltsverband?

Der schweizerische Anwaltsverband will den Fall in seiner Februar-Sitzung verhandeln. Dann  entscheide der Vorstand, ob die Berufsorganisation gegebenenfalls ein Disziplinarverfahren gegen den Anwalt anstrenge. Im schlimmsten Fall droht Stach gar der Ausschluss aus dem Verband.

Einzelnachweise:

[1] Stach Rechtsanwälte AG: „Patrick Stach“, in: stach.ch, Abruf am 29. Januar 2020.

[2] TX Group AG („20 Minuten“): „Anwalt stellt Klientin 910 Fr. pro Stunde in Rechnung“, in: 20min.ch vom 13. Januar 2020, Abruf am 29. Januar 2020.

[3] St. Galler Tagblatt: „St. Galler Anwalt fordert krass überhöhtes Honorar – und kassiert vor Bundesgericht 10’000 Franken Busse“, in: tagblatt.ch vom 13. Januar 2020, Abruf am 29. Januar 2020.

[4] Neue Zürcher Zeitung NZZ: „Rechtsanwalt tritt nach Verurteilung wegen überrissener Honorarforderung aus dem St. Galler Universitätsrat zurück“, in: nzz.ch vom 20. Januar 2020, Abruf am 29. Januar 2020.

[5] Bundesgericht: „Urteil im Anwaltsdisziplinarverfahren (Beschwerdeverfahren 2C_205/2019)“, in: bger.ch vom 26. November 2019, Abruf am 29. Janaur 2020.

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Wilfried Müller

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