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Telefonkunde ertrickst sich 225.000 Euro Rabatt-Guthaben

Gut gemeint, aber schlecht gemacht: Diese Werbekampagne wurde zum Eigentor! Der Mobilfunkbetreiber Telefónica (O2) hatte zur Kundenwerbung Prepaid-Karten ausgegeben und schrieb den Kunden für jeden darauf eingehenden Anruf zwei Cent gut. Viele Kunden nutzten das, besorgten sich die Handy-Karten und riefen sich mit Wahlwiederholungs-Apps permanent selbst an. Für Telefónica wird das nun richtig teuer.

Denn ein Münchner trieb es dabei professionell auf die Spitze: Der Telefonkunde kaufte sich insgesamt 508 dieser Prepaid-Karten und brachte es mit seine computer-automatisierten Selbstanrufen auf eine Forderung von mehreren hunderttausend Euro. Das Oberlandesgericht München sprach ihm jetzt 225.000 Euro zu.[1]

Easy Money – „Leicht verdientes Geld“

„Easy Money” nannte der Telefonanbieter seine Werbekampagne. Telefónica rechnete wohl nicht damit, dass manche Kunden das mit dem „leicht verdienten Geld” wirklich wörtlich nehmen würden, um ein ebenso cleveres wie völllig legales Geschäftsmodell daraus abzuleiten. Der Weg zum „leicht verdienten Geld” allerdings dauerte für den Münchner lange Jahre und führte ihn letztlich durch zwei Gerichtsinstanzen.

Telefónica hatte seine Karten zunächst sperren lassen, anschließend die Verträge gekündigt und dann auch die Auszahlung des Guthabens verweigert. Argument des Konzerns: Der Kunde habe sowohl gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Konzerns als auch gegen Treu und Glauben verstoßen. Denn die Zwei-Cent-Gutschrift pro Anruf wäre nicht dafür gedacht gewesen, dass sich die Kundschaft mit Computerhilfe selbst anruft. Der Kunde zog daraufhin vor Gericht und bekam Recht.

Rabattguthaben völlig Legal

Die Frage, ob der Münchner gegen Treu und Glauben verstoßen habe, war für das Gericht nicht relevant. Denn das hatte Telefónica sich ganz  offensichtlich selbst zuzuschreiben. Die Gesprächs-Guthaben auf den Prepaid-Karten aber waren durch das reguläre Aufladen der Karten gespeichert worden, und so stand zumindest die Summe von 225.000 Euro dem Mann nachweislich und völlig korrekt zu (Az. 8 U 178/19.

Telefónica hat die „Easy Money”-Tarife inzwischen aus dem Angebot genommen, doch gebraucht werden die Prepaid-Karten im Internet noch immer für ein Vielfaches des ursprünglichen Preises (20 Euro) gehandelt. Bei Ebay kommen die Easy-Money-Karten teils für 500 Euro und mehr unter den Hammer. Deshalb hatte der klagende O2-Kunde vor Gericht auch mehr als 300.000 Euro von Telefónica gefordert. Denn allein den Wert seiner 508 Karten hatte er aufgrund der hohen Gebrauchtpreise mit 100.000 Euro veranschlagt.[2]

Das aber ging dem Gericht dann doch zu weit. Das Urteil ist rechtskräftig, eine Revision zum Bundesgerichtshof ließ der achte Zivilsenat des Münchner Oberlandesgericht nicht zu.

Einzelnachweise:

[1] ntv: „Telefónica-Kunde ertrickst sich 225.000 Euro“, in: n-tv.de vom 12.Dezember 2019, Abruf am 13. Dezember 2019.

[2] Süddeutsche Zeitung: „Kunde bekommt 225.000 Euro Rabatt-Guthaben ausbezahlt“, in: sueddeutsche.de vom 12.Dezember 2019, Abruf am 13. Dezember 2019 (vgl. Wolters/Kluwer lto.de und entsprechende Berichterstattung der Deutschen Press-Agentur dpa).

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Wilfried Müller

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