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Kindesunterhalt: Wer zahlt, schafft an

Trennen sich Eltern, müssen Väter auch dann vollen Unterhalt zahlen, wenn die Kinder drei von sieben Tagen bei ihnen leben. Dies schreibt Paragraph 1606, Ziffer 3, des Bürgerlichen Gesetzbuches vor.[1] Demnach muss dasjenige Elternteil, das nicht überwiegend für die Pflege- und Erziehungsarbeit zuständig ist, an das andere Elternteil Geld bezahlen.

Viele Väter empfinden dies als ungerecht. Denn wenn sie das gemeinsame Kind wöchentlich für mehrere Tage übernehmen, zahlen sie quasi doppelt. Sie müssen weiter ein Kinderzimmer in ihrer Wohnung vorhalten. Und wenn die Kinder da sind, müssen sie Essen kaufen und alle weiteren Kosten tragen, die während der Betreuungszeit anfallen. Daran entzündet sich oft Streit, der nicht selten vor dem Familiengericht ausgetragen wird: Wer springt ein, wenn das Kind krank wird? Wer kauft Kleidung und Schuhe, besorgt die Schulsachen, bringt den Nachwuchs zur Kita, zu Schule und am Nachmittag zum Musik- oder Sportunterricht?[2]

Väter empfinden derzeitige Regelung als ungerecht

Väter, die sich für das Kind engagieren, wünschen sich auch finanziell bessere und vor allem mehr gleichberechtigte Lösungen. die bietet bislang nur das sogenannte Wechselmodell, bei dem die Kinder zwischen Mutter und Vater zu gleichen Teilen hin und her wechseln. Beide Eltern betreuen, beide kommen für die Kosten auf. Unterhalt muss dann je nach Einkommen gar nicht mehr oder nur reduziert bezahlt werden. Von den Familengerichten anerkannt werden aber nur wirklich paritätische Wechselmodelle. Eine andere Verteilung zwischen den Ex-Partnern – etwa 70 zu 30 oder 60 zu 40 – durch die auch die Mütter anteilsmäßig barunterhaltspflichtig werden, erkennen die Gerichte nicht an.

Das will die Bundesregierung jetzt ändern. Das Bundesfamilienministerium will im kommenden Frühjahr einen Gesetzentwurf vorlegen, der das Unterhaltsrecht neu regelt. Ziel der Reform sei es, das Gesetz der „geänderten gesellschaftlichen Realität“ anzupassen, heißt es im Bundesfamilienministerium. Denn das Sorge- und Umgangsrecht und das Unterhaltsrecht bilde den gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahrzehnte nicht mehr wirklichkeitsgetreu ab.[3]

Unterhaltsgeld reicht schon jetzt oft nicht

Mütter würden demnach künftig weniger Unterhalt bekommen, wenn Kinder viel Zeit bei den Vätern verbringen. Das dürfte problematisch werden, denn vielfach reicht das Unterhaltsgeld heute schon kaum. Betroffen wären vor allem Alleinerziehende und dies sind überwiegend die Mütter. Über 40 Prozent der Alleinerziehenden gelten als arm beziehungsweise armutsgefährdet, hat eine Bertelsmann-Studie aus dem Jahr 2016 festgestellt.[4]

Der Studie nach ist in Deutschland jede fünfte Familie alleinerziehend: 2,3 Millionen Kinder wachsen in Ein-Eltern-Familien auf – ihre Zahl nimmt alljährlich zu. In 89 Prozent der Fälle sind es die Mütter, die die Verantwortung für die Fürsorge der Kinder überwiegend allein tragen und gleichzeitig noch Erwerbstätigkeit und Hausarbeit bewältigen. Rund 61 Prozent von ihnen gehen einer Erwerbstätigkeit nach. Der finanzielle Druck der auf Alleinerziehenden lastet, ist hoch. 37,6 Prozent der Ein-Eltern-Familien sind letztlich auf Sozialleistungen nach SGB-II („Hartz IV“) angewiesen und damit akut von Armut bedroht.

Oftmals springt der Staat ein

Zahlt der Ex-Mann nicht, springt der Staat mit einem Unterhaltsvorschuss ein. Der Staat freilich will sich das Geld bei den säumigen Zahlern wiederholen. Das gelingt bundesweit aber nur in rund 13 Prozent aller Fälle. Denn oftmals verdienen die Väter selbst nicht genügend zum eigenen Lebensunterhalt. In Bayern sieht die Rückholquote vergleichsweise etwas besser aus. Im Freistaat gelingt es zumindest in jedem fünften Fall, den Unterhaltsvorschuss erfolgreich zurück zu fordern. In Bayern nämlich treibt nicht das Jugendamt das Geld ein, sondern das Landesamt für Finanzen.

Die anstehenden Reformen soll sich nicht allein auf neue Unterhalts-Regeln beschränken sondern auch das Sorge- und Umgangsrecht mit einbeziehen. Im Vordergrund dabei soll aber auch weiterhin das Kindeswohl stehen. Das Reformvorhaben ist im Koalitionsvertrag vereinbart. So müssen die beteiligten SPD-Ministerinnen – Christine Lambrecht (Justiz) und Franziska Giffey (Familie, Senioren, Frauen und Jugend) – auch die CDU/CSU mit ins Boot holen. Auf die große Koalition, so sie denn weiterhin hält, wartet neuer Konfliktstoff.

Einzelnachweise:

[1] Bürgerliches Gesetzbuch BGB: „§ 1606: Rangverhältnisse mehrerer Pflichtiger“, in: gesetze-im-internet.de, Abruf am 12. Dezember 2019.

[2] Bayerischer Rundfunk BR: „Zankapfel Unterhalt: Mehr Zeit mit Papa, weniger Geld für Mama?“, in: br.de vom 27. November 219, Abruf am 12. Dezember 2019.

[3] Schweriner Volkszeitung: „Unterhaltsrecht: Müssen Väter bald weniger zahlen?“, in: svz.de vom 18. November 2019, Abruf am 12. Dezember 2019.

[4] Bertelsmann Stiftung: „Alleinerziehende unter Druck“, in: bertelsmann-stiftung.de vom 6. Juli 2016, Abruf am 12. Dezember 2019.

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Anton Anger

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