Bekifft am Steuer?

An Weihnachten führt die Verkehrspolize alljährlichi verstärkt Kontrollen durch. Und wie immer rauscht den Beamten hin und wieder ein mehr oder weniger alkoholisierter Autofahrer in Netz.[1] Der Promille-Nachweis gestaltet sich in der Regel einfach und beweiskräftig. Doch gelegentlich ist auch mal der eine oder andere Autofahrer dabei, der den glitzernde Lichterglanz des Christfestes lieber bekifft durchleben mochte.

Rechtlich ist der Nachweis eines solchen Vergehens nicht so einfach, wie es scheint. Und in Deutschland gelten je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen für den Besitz und den Konsum von berauschenden Hanfprodukten (Haschisch, Marihuana). Überdies erhalten auch hierzulande inzwischen manche Patienten medizinische Cannabis-Produkte auf Rezept und dürfen mit einem ärztlichen Attest unter Umständen sogar Auto fahren.

„Bekifft ficken“ statt „besoffen autofahren“

Über die Freigabe von Cannabis wird auch in Deutschland schon lange diskutiert. Die Grünen waren mit dieser Forderung schon in ihren Gründerjahren aufgetreten und die Jugendverbände verschiedener Parteien bringen de Legalisierung der sogenannten weichen Drogen immer wieder mal auf die politische Agenda. Nachdem die Jungen Liberalen in Schleswig-Holstein bereits in den Wahlkämpfen der Jahrtausendwende zur Untermauerung ihres Wunsches nach Liberalsierung der Drogengesetze gar schon ihre Website bekifft-ficken.de online stellte, ist die Diskussion über eine Cannabis-Legalisierung insbesondere nach den jüngsten spektakulären internationalen Legalisierungsentscheidungen in Oregon (USA), in Uruguay und zuletzt in Canada auch in Deutschland wieder neu entflammt.[2]

Während man sich in Oregon nach der Freigabe von Cannabis anfänglich noch über einen wirtschaftlichen Boom freuen konnte, ist in Kanada inzwischen eine gewisse Ernüchterung eingetreten. Denn der berauschende Stoff verstaubt dort meist in den Regalen der lizensierten Geschäfte.[3]

Immerhin aber haben insbesondere chronisch erkrankte Schmerzpatienten in Deutschland inzwischen einen amtlich berechtigten Zugang zu einigen wenigen, (sündhaft teuren) zugelassenen medizinischen Cannabis-Medikamenten. Betroffene Patienten dürfen bei Vorlage eines entsprechenden ärztlichen Attestes sogar unter Umständen am Straßenverkehr teilnehmen. Ob das allerdings  sinnvoll ist, hängt von der Wirkung der Droge ab. Im Zweifelsfall sollten mit Cannabis-Medizin therapierte Patienten den Wagen lieber stehen lassen, warnen Mediziner.

Von Bußgeldern bis hin zu Fahrverboten

Eine Kommission der Bundesregierung lege für jede Droge einen Grenzwert fest, ab dem es strafbar sei, am Straßenverkehr teilzunehmen, erläutert Frank-Roland Hillmann, Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Oldenburg, gegenüber der Wochenzeitung Die Zeit. Bei Cannabis liege der Grenzwert bei einem Nanogramm des in Haschisch und Marihuana enthaltenen berauschenden Wirkstoffes THC (Tetrahydrocannabinol) pro Milliliter Blut. Wenn man das überschreite, dann greife zunächst einmal der Bußgeldtatbestand nach Paragraf 24a des Straßenverkehrsgesetzes. Damit drohten dann eine Geldstrafe von mindestens 500 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot sowie zwei Punkte in Flensburg.[4]

Doch die Problematik des öffentlichen Umgangs mit den weichen Drogen ist deutschlandweit sehr komplex, weil sie von den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt wird. Während man beispielsweise in der Schweiz – trotz sinkender Nachfrage – noch immer weitestgehend legal gering THC-haltiges Marihuana als Hanfkissen oder Badezusätze (inkl. der entsprechenden Nachfüllpacks) erwerben kann,[5] gehen die benachbarten südlichen deutschen Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern noch immer äußerst restriktiv gegen den Besitz, Erwerb und Konsum von Haschisch vor.

Bundesweit einheitliche Regelung?

Im Norden der Republik ist man da weitaus toleranter. Der Besitz (bis ca. 10-12 Gramm) und gelegentliche Konsum von Kleinstmengen (bis ca. 10-12 Gramm) Haschisch wird meist strafrechtlich nicht mehr verfolgt – dies insbesondere in Schleswig-Holstein oder gerade auch in Nordrhein-Westfalen. Denn im benachbarten Holland ist Cannabis lage schon weitgehend legalisiert und kann sogar in offiziellen Läden, den sogenannten „Coffee-Shops“, nach gewissen gesetzlichen Regelungen legal erworben werden.[6]

Umso erstaunlicher ist da eine Initiative, die ausgerechnet von der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, ausgeht, Denn sie gehört der CSU an und sprach sich jetzt tatsächlich für eine bundesweit einheitliche Regelung für den Konsum und Besitz von Cannabis aus. „Dass es in Deutschland unterschiedlich geregelte Besitzmengen von Cannabis gibt, halte nicht nur ich für schwierig“, sagte Ludwig den Medien. Es sei Zeit für eine einheitliche Grenze in ganz Deutschland.[7]

Drogentourismus im Görlitzer Park

Der Drogenbeauftragten ist offenbar der zunehmende Drogentourismus ein Dorn im Auge. Denn während zum Beispiel in Hamburg sechs Gramm erlaubt seien, könnten Cannabis-Konsumenten in Berlin bis zu 15 Gramm besitzen. Das lockt natürlich Menschen in die Stadt, die gezielt Drogen konsumieren möchten, sagte Ludwig mit Blick auf die Hauptstadt. Im Görlitzer Park in Berlin hat das unkontrollierte Geschäft mit den Drogen seit der liberalen Linie der Bundeshauptstadt inzwischen deutlich an Fahrt aufgenommen.

Die Hanfgemeinde geriet freilich sofort in Verzückung. Doch ganz so einfach ist das wohl nicht. Denn die von der Kiffercommunity gewissermaßen schon fast als Heilsbringerin verehrte CSU-Bundestagsabgeordnete plant keineswegs eine baldige Freigabe der weichen Drogen. Im Gegenteil! Denn im CSU-Präsidium, dem auch Daniela Ludwig angehört, herrscht nach wie vor Einigkeit darüber, so lange wie möglich am Hanfverbot festzuhalten. Eine bundesweite Harmonisierung der Regelungen zum Hanf-Konsum könnte aus Sicht der Konsumenten folglich eher nach hinten losgehen.[8]

Einzelnachweise:

[1] Lausitzer Rundschau: „Mehrere Trunkenheitsfahrten an Heiligabend in Cottbus“, in: lr-online.de vom 26. Dezember 209, Abruf am 27. Dezember 2019.

[2] Die Tageszeitung taz: „Die Stimme der Kritik“, in: taz.de vom 21. August 2000, Abruf am 27.Dezember 2019.

[3] Spiegel Online: „Der Rausch ist verflogen“, in: spiegel.de vom 22. Dezember 2019, Abruf am 27. Dezember 2019.

[4] Die Zeit: „Darf man als Schmerzpatient bekifft Auto fahren?“, in: zeit.de vom 15. Dezember 2019, Abruf am 27. Dezember 2019.

[5] Neue Zürcher Zeitung NZZ: „Jedem fünften Schweizer Cannabis-Produzenten droht das Aus“, in: nzz.de vom 24. Juli 2019, Abruf am 27. Dezember 2019.

[6] Wikipedia: „Rechtslage von Cannabis“, in: de.wikipedia.org, Abruf am 27. Dezember 2019.

[7] Tagesspiegel: „Drogenbeauftragte will deutschlandweite Regelung zu Cannabis-Besitz“, in: tagesspiegel.de vom 17. Dezember 2019, Abruf am 27. Dezember 2019.

[8] Hanfjournal: „Hurra, sie spricht – über Cannabis“, in hanfjournal.de, vom 2. Dezember 2019, Abruf am 27. Dezember 2019

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sgf

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