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Höhere Verdienstobergrenze für Minijobber?

Minijobber dürfen immer weniger arbeiten: Denn während die Löhne steigen, wurde die seit 2013 für sogenannte Mini-Jobs geltende 450-Euro-Grenze seit sechs Jahren nicht mehr angehoben. Das müsse sich ändern, fordert jetzt eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten aus der der Union. Im Blick haben die Politiker dabei vor allem die Mitarbeiter in der Gastronomie.[1]

Minijobs sind geringfügige Beschäftigungen mit höchstens 450 Euro monatlichem Arbeitsentgelt oder einem Arbeitseinsatz von maximal drei Monaten bzw. insgesamt 70 Tagen pro Kalenderjahr. Minijobberinnen und Minijobber gelten arbeitsrechtlich generell als Teilzeitbeschäftigte. Sie haben damit im Arbeitsrecht grundsätzlich die gleichen Rechte wie Vollzeitbeschäftigte und müssen beispielsweise auch  bezüglich des Kündigungsschutzes, der Vergütungsregelung an Sonn. und Feiertagen oder auch der gesetzliche Unfallversicherung bei einem Arbeits- oder Wegeunfall genauso wie Vollzeitzeitbeschäftigte behandelt werden.[2]

Fachkräftemagel in der Gastronomie

Allerdings braucht, wer einen Minijob ausübt, keine Beiträge an die Arbeitslosen- , Kranken- und Pflegeversicherung abführen. Darin besteht deshalb ein grundlegender Nachteil der geringfügigen Beschäftigung: Minijobberinnen und Minijobber erwerben so zum Beispiel keinerlei Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Ein entsprechendes – in Auszügen von der Deutschen Presse-Agentur dpa verbreiteten – sechsseitiges Papier, das sich neben der Verdienstgrenze generell auch mit der geltenden Arbeitszeitregelung kritisch auseinandersetzt, haben die Unionsabgeordneten im Bundestag ihrem Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus zugeleitet. Für ihren parlamentarischen Vorstoß hatte die Initiativgruppe von mehr als 30 Unionsabgeordneten über die Situation der Gastronomie beraten und dabei auch die Arbeitsgruppe Tourismus der Unionsfraktion einbezogen.

Denn insbesondere die Gastrononomie leide extrem unter einem Fachkräfte- und Nachwuchsmangel. Einer Studie zufolge türmt sich im deutschen Gastgewerbe ein enormer Überstunden-Berg auf: Knapp 2,15 Milliarden Arbeitsstunden haben demnach die Beschäftigten in Deutschland im vergangenen Jahr zusätzlich geleistet – davon 1,01 Milliarden Überstunden ohne Bezahlung.[3]

„Minijobs sollten mit Mindestlohn Schritt halten“

Von höheren Verdienstgrenzen würden branchenübergreifend rund 7,5 Millionen Minijobber profitieren, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Fischer als einer der Initiatoren des Vorstoßes. Denn wenn schon der Mindestlohn steige, dann müsse auch die Minijob-Verdienstgrenze damit Schritt halten.

Der Mindestlohn stieg seit dessen Einführung von anfänglich 8,50 Euro im Jahr 2015 auf 9,19 Euro (2019) und soll ab Januar 2020 auf 9,35 Euro angehoben werden. Auch für Minijobs gilt der gesetzliche Mindestlohn: Wer also beispielsweise 9,35 Euro verdient, darf künftig höchstens noch 48,13 Stunden monatlich arbeiten, um die Geringfügigkeitsgrenze von monatlich 450 Euro nicht zu überschreiten und damit versicherungs- und abgabenfrei zu bleiben.

Spielräume im EU-Arbeitsrecht

Das dürfte vor allem die jetzt schon unter Fachkräftemangel leidende Gastronomie hart treffen. Die Unionsgruppe sprach sich deshalb zugleich für ein modernes Arbeitszeitgesetz aus, das Freiräume für eine flexible Arbeitszeitgestaltung schafft und die Spielräume des EU-Rechts nutzt. An die Stelle einer täglichen Arbeitszeit-Höchstgrenze solle künftig eine wöchentliche Höchstarbeitszeit treten.

Zudem plädieren die Politiker für einen deutlichen Bürokratieabbau. Gerade Kleinstbetriebe, welche überwiegend in der Gastronomie zu finden sind, sollten vor bürokratischen Lasten geschützt werden. Die Abgeordneten regen daher für die Gastronomie eine digitale Vereinfachung der Sofortmeldung für Personal zur Deutschen Rentenversicherung an. Dies sei gerade in der Hochsaison wichtig.

Hoher Bürokratie-Aufwand

In der für Schwarzarbeit extrem anfälligen Branche müssen Arbeitgeber nach derzeit geltender Rechtslage spätestens am Tag der Arbeitsaufnahme eine Sofortmeldung an die Datenstelle der Deutschen Rentenversicherung übermitteln. Dies führe zu einem erheblichen Arbeitsaufwand und sei vor allem bei der Arbeitsaufnahme am Wochenende wenig praxistauglich.

Die Minijob-Obergrenze sollte daherbeinmalig angehoben und künftig dynamisch an die allgemeine Lohnentwicklung angepasst werden, fordern die Unionsabgeordneten. Auf welchen Betrag ließen die Abgeordneten in ihrem Papier jedoch offen.

Einzelnachweise:

[1] Südkurier Konstanz: „Unionsabgeordnete verlangen Anpassung der Minijob-Verdienstgrenze“, in: suedkurier.de vom 28. Dezember 2019, Abruf am 29. Dezember 2019.

[2] Bundesagentur für Arbeit: „Lexikon: Minijob“, in: arbeitsagentur.de, Abruf am 29. Dezember 2019.

[3] Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gasstätten NGG: „Umsonst-Arbeit: 25 Milliarden Euro schwerer Überstunden-Berg“, in: ngg.net vom 27. Juni 2019, Abruf am 29. Dezember 2019.

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Werner Schmid

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