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Politischer Hintergrund: Attentäter von Fritz von Weizsäcker war Messi und hasste die Familie

Er kam nach Berlin und tötete mit einem Messer den Berliner Chefarzt Fritz von Weizsäcker, den Sohn des ehemaligen bis heute hoch angesehenen deutschen Bundespräsidenten, von Richard von Weizsäcker (CDU; * 15. April 1920 in Stuttgart; † 31. Januar 2015 in Berlin). Die von Weizsäckers gehören seit Generation zum deutschen intellektuellen wie politischen Establishment. Ihr Aufstieg in höchste Ämter ist aber durchaus spannend:

Denn die Familie verdiente über Jahrhunderte als Müller ihr Brot, weshalb wohl auch der Begriff „Weizen“ im Nachnamen hier durchaus Programm ist. Erst 1861 wurde dem „Tübinger Theologen und Universitätskanzler Karl Heinrich Weizsäcker… der persönliche Adel verliehen.“[1]

Seitdem war also das „von“ im Namen und spätesten seitdem ist die Familie aus dem deutschen intellektuellen wie politischen Establishment nicht mehr wegzudenken. Deshalb ist das Attentat auf Fritz von Weizsäcker durchaus auch ein politisches Attentat. Wäre der Chefarzt ein Notname gewesen, nicht aus einer solch prominenten Familie, würde er wohl noch leben.

Opa war hoher Politiker unter Nationalsozialisten

Schwer tat sich die Intellektuellen-Familie mit dem Vater von Richard von Weizsäcker, Ernst Heinrich von Weizsäcker (* 25. Mai 1882 in Stuttgart; † 4. August 1951 in Lindau), dem Opa des ermordeten Chefarztes. Er „war ein deutscher Marineoffizier, Diplomat, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes und Brigadeführer der Allgemeinen SS“, schreibt Wikipedia Deutschland.[2]

Er sei aber nach 1945 „wegen Mitwirkung an den Deportationen französischer Juden nach Auschwitz… in Nürnberg als Kriegsverbrecher verurteilt“ worden. Allerdings war Ernst Heinrich von Weizsäcker ein Politiker aus Überzeugung und hatte schon in der Weimarer Republik sehr schnell politische Karriere gemacht – damals noch nicht für die Nationalsozialisten.

Das Denken Ernst Heinrich von Weizsäcker entsprach damals einer unter Millionen Deutschen weit verbreiteten Überzeugung, gespeist aus dem verlorenen Ersten Weltkrieg. Einem Krieg für das Deutschland bis vor wenigen Jahren, bis 2010, viele Milliarden Euro Reparationen unter anderem an Frankreich, aber auch die USA oder Großbritannien und Russland bezahlen musste.[3] Doch nicht nur das: Neben Milliarden Euro hatten die Siegermächte auch Deutschland erheblich verkleinert.

Deutschland fast halbiert

So hatte Deutschland 1920 von den Siegermächten vorgeschrieben 13 Prozent seines Staatsgebietes verloren. Da Deutschland bis 1919 erheblich größer war und bis nach Russland reichte, waren 13 Prozent erzwungene Aufgabe vom Gesamt-Staatsgebiet sehr viel.
Zudem wurde jeder 10. Deutsche einem anderen Land zugeordnet. Das bedeutet, dass Deutschland 10 Prozent seiner Bevölkerung verlor – also Millionen Bewohner.[4]

Nach dem Zweiten Weltkrieg sei Deutschland von den Siegermächten, schreibt DIE ZEIT, „gemessen an den Grenzen von 1937“ um weitere 24% verkleinert worden: Verloren habe man 114 000 Quadratkilometer, primär Pommern, Schlesien, Ostpreußen und Ostbrandenburg (das heute zu Polen gehört).[5] In Summe hatten also die Siegermächte Deutschlands einstiges Staatsgebiet von 1919 bis 1945 um 37% verkleinert. Effektiv entsprach es fast einer Halbierung gegenüber den Grenzen von 1919. Vor allem mit der Geschichte im Zweiten Weltkrieg bringen einige noch den Namen der von Weizsäckers auch kritisch in Zusammenhang.

Dieser politische Zusammenhang ist auch bei dem 56-jährigen Gregor S. vorhanden, wie die Berliner Polizei bestätigte. Jetzt berichten zudem mehrere Medien, wonach der Attentäter auf den Berliner Chefarzt Fritz von Weizsäcker, Gregor S., wohl ein Messi war. Er soll in einer kleinen vollgemüllten Wohnung in einem kleinen Dorf im beschaulichen Rheinland-Pfalz gewohnt haben. In Andernach bei Koblenz nördlich von Frankfurt.

Der Mörder aus dem Dorf arbeitete bei Amazon im Lager

Der Mann, der vorerst in einer Psychiatrie untergebracht worden sei, sei ein absoluter Einzelgänger gewesen, und habe nie mit jemandem gesprochen. Auch habe er nie Besuch erhalten, hätten Nachbarn erzählt.[6]

Einer der Hausbewohner habe 15 Jahre fast nebenan gewohnt. Sie habe niemals auch nur einen Blick in die Wohnung erhaschen können, da er sein Wohnung stets geheimnisvoll abgeschirmt habe. Dabei soll er einen Tick entwickelt haben:

„Wenn er die Tür hinter sich zugezogen hat, hat er zehn Mal an ihr gerüttelt, um sicher zu sein, dass sie auch wirklich abgeschlossen war“, so die Nachbarin gegenüber Focus. Einer der Ermittler, welche die Wohnung nach der Bluttat durchsucht hätten, habe hinterher gesagt, in der Wohnung wolle „kein wildes Tier“ leben.

Nach außen habe der Attentäter aber normal gewirkt und seine dunklen Gedanken scheinbar für sich behalten. Denn tagsüber ging er brav arbeiten – als Lagerist beim US-Megakonzern Amazon.

Politisches Attentat

Auf Grund des enormen politischen Hintergrunds der Familie von Weizsäcker wird mittlerweile vor allem auch in CDU-Kreisen, sagte ein Bundestagsabgeordneter gegenüber anwalt-innovativ, ein politischer Hintergrund als Hauptmotiv für den Mord gesehen. Das würde aber nichts anderes bedeuten, als dass es auch ein anderes Familienmitglied hätte treffen können.

“Allgemeine Abneigung gegen die Familie des Getöteten”

Dass es in diese Richtung geht, bestätigte auch ein Berliner Polizeisprecher: „Der mutmaßlicher Täter“ habe aus einer „allgemeinen Abneigung gegen die Familie des Getöteten“ gehandelt.

Dass der Vater des Opfers Richard von Weizsäcker, ein international weltweit hoch angesehener Spitzenpolitiker war, der als deutscher Bundespräsident wie keiner vor ihm und keiner Nach ihm, für Ausgleich, die feinen menschlichen Töne und für ein liebevolles und respektvolles Miteinander eintrat, auch mit politischen Gegnern, scheint dem Mörder aus einem kleinen Dorf in der Pfalz entgangen zu sein.

Kommentar

Als zentrale Frage bleibt offen: Wieso eigentlich wurde der Attentäter, trotz seines normalen Arbeitsalltags bei Amazon, gleich in eine Psychiatrie eingewiesen und nicht ganz normal in U-Haft genommen, wie man es bei rechtsradikalen Attentätern in der Regel auch macht? Wer solche Morde begeht, sollte die ganze Schärfe des Strafgesetzes zu spüren bekommen. Dazu gehört natürlich auch die U-Haft und Haft.

Einzelnachweise

[1] Weizsäcker, in: Wikipedia Deutschland. Abgerufen am 23.11.2019.

[2] Ernst von Weizsäcker, in: Wikipedia Deutschland. Abgerufen am 23.11.2019.

[3] Deutschlands Reparationszahlungen laufen aus, von: Sven Felix Kellerhoff, in: Die Welt online vom 28.9.2010. Abgerufen am 23.11.2019.

[4] Hintergrund: Der Zweite Weltkrieg in Zahlen und Fakten, in ZEIT Online vom 9. Mai 2015.

[5] Fritz von Weizsäcker ermordet: Motiv bekannt – Nachbarn nennen Details zum Täter, in: Münchner Merkur, Merkur Online vom 23.11.2019.

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sgf

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