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Gekaufte Fake Bewertungen sind rechtswidrig

Wenn man seine Urlaubsreise selbst zusammenstellen möchte, sind Bewertungsportale, wie HolidayCheck, tripadvisor, Ab-in-den-Urlaub.de oder booking.com bei der Reiserecherche sehr hilfreich. Man weiß zwar, dass es auch viele Fake-Bewertungen gibt, aber wenn man zwischen den Zeilen liest, kann man dennoch einiges über sein potenzielles Reiseziel erfahren.

Einer Negativbewertung beispielsweise von jungen Leuten, die in Hotelnähe eine Disco oder ein lebhafteres Nachtleben vermisst haben, kann der Ruhe suchende ältere Reisende durchaus etwas Positives abgewinnen. Und wenn man dazu noch liest, dass die Mitarbeiter an der Hotelrezeption nur spanisch sprechen, dann weiß man als des Spanischen kundiger Reisende, dass man dort gewiss wohl nicht in einem „Ballermann-Hotel“ absteigen wird.

Urteil mit Signalwirkung

Computergenerierte Fake-Bewertungen hingegen fehlt es meist an solchen kleinen aber wichtigen Details. Dass es jedoch auch Firmen gibt, die im großen Stil von echten Autoren geschriebene Fake-Bewertungen an Hotelanbieter verkaufen, ist irritierend. Nun hat das zum Burda-Konzern gehörende Urlaubsportal HolidayCheck gegen eine Firma geklagt, die solche Bewertungen an Hoteliers verkauft hat. Das Urteil hat einen gewissen Signalcharakter. Denn das Münchner Landgericht hat gekaufte Fake-Bewertungen im Internet für rechtswidrig erklärt.[1]

Die im mittelamerikanischen Kleinstaat Belize (ehemals British Honduras) ansässige Firma Fivestar Marketing bot im Internet gefälschte Bewertungen an. Die Geschäftspraxis von Fivestar unterscheidet sich von anderen Bewertungsfirmen, die bei Fake-Rezensionen im Internet auf automatisierte Verfahren setzen. Das Unternehmen nutzte dagegen keine Computerautomaten, sondern heuerte freie Mitarbeiter an.

Fake-Bewertungen müssen gelöscht werden

Dem Urteil zufolge darf Fivestar künftig keine Bewertungen mehr von Menschen verkaufen, die “das Hotel nie von außen, geschweige denn von innen gesehen haben”, wie es der Vorsitzende Richter formulierte. Das Unternehmen muss nun dafür Sorge tragen, dass die entsprechenden Fake-Bewertungen gelöscht werden. Fivestar muss außerdem dem Urlaubsportal HolydayCheck Auskunft geben, von wem die erfundenen Bewertungen stammten.

Zu den Abnehmern des mittelamerikanischen Marketing- Unternehmens gehörten nicht nur Hoteliers. Zielgruppe von Fivestar sind all jene Firmen, Shops, und Dienstleister, die ihre Umsätze durch positive Bewertungen aufbessern wollen. Diese Aktivitäten sind längst auch anderen Online-Konzernen aufgefallen. Geklagt haben aber bislang nur wenige.  So ist beispielsweise Der US-Konzern Amazon ebenfalls sehr darauf bedacht, Fake-Bewertungen einen Riegel vorzuschieben. In Deutschland hat Amazon immerhin zwei einstweilige Verfügungen gegen Fivestar Marketing erreicht, von denen eine bereits durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde.

Portal muss schlechte Kritiken nicht vorher prüfen

HolidayCheck war in der Vergangenheit selbst von einem Berliner Hostel verklagt worden, weil auf dem Portal eine negative Bewertung zu finden war. Ein Kunde des Hotels hatte in der Bewertung geschrieben, dass er Bettwanzen vorgefunden hätte. 2015 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass Online-Bewertungsportale schlechte Kritiken vorab nicht inhaltlich zu überprüfen hätten (Az. I ZR 94/13).[2]

Das nun verurteilte Unternehmen hat sich kürzlich umbenannt und seine Rechtsform geändert, von Fivestar Marketing UG in Fivestar AG bR, wie der Richter vortrug. Der ehemalige Geschäftsführer ist zwar deren Chef nun nicht mehr und ein neuer Geschäftsführer ist im Handelsregister nicht eingetragen. Das werde dem Unternehmen aber nicht helfen, den Ansprüchen der vor Gericht erfolgreichen HolidayCheck zu entgehen, stellte das Gericht klar.

Die Entscheidung erging in Form eines so genannten Versäumnisurteils. Trotz gerichtlicher Vorladung war kein Vertreter von Fivestar zur Verhandlung erschienen.

Einzelnachweise:

[1] Die Zeit: „Gericht erklärt gekaufte Fake-Bewertungen für rechtswidrig”, in: zeit.de vom 14. November 2019, Abruf am 15. November 2019, vgl. ähnlicher Beitrag bei heise.de und bei anderen Nachrichtenportalen basierend auf entsprechender Berichterstattung der Deutschen Presseagentur dpa.

[2] Heise Medien Gmbh & Co.KG: „:Bundesgerichtshof: Hostel scheitert mit Klage gegen schlechte Bewertung im Internet”, in: heise.de vom 19. März 2015, Abruf am 15. November 2019.

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Tobias Köhler

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