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Schweiz diskutiert Steuern für verheiratete Paare zu senken bei jetzt schon niedrigen Steuern

Unter dem etwas manipulativen Begriff «Heiratsstrafe» wird in der Schweiz diskutiert, ob das Steuerrecht für verheiratete Paare ohne Kinder geändert werden solle. Gegner einer solchen Änderung kommen aus der Schweizer FDP.[i]

Die FDP sagt: Die Steuern sollten generell für alle gleich sein, egal ob verheiratet, Single, oder für sogenannte «Konkubinatspaare». Der etwas alte Begriff «Konkubinat» wird in der Schweiz noch verwendet und bezeichnet eine «Wilde Ehe». Also das Zusammenleben ohne Trauschein.[ii]

Bereits vor 35 Jahren gab es nach Aussagen der CVP Schweiz (Christlichdemokratische Volkspartei) Versuche, Ehepaare ohne Kinder steuerlich wenigstens mit Singles gleichzustellen. Die CVP sitzt seit 1891 im Schweizer Bundesrat.

  • In der Schweiz ist es bislang so, dass im Falle von kinderlosen Paaren das Einkommen beider summiert wird und als Ganzes besteuert wird.

Die folgende Beispielrechnung macht das Schweizer Steuersystem deutlich:

  • Ein Mann, Teamleiter in einem Supermarkt, verdient beispielsweise 60.000 Franken brutto im Jahr.
  • Seine Frau, eine Altenpflegerin, kommt ebenfalls auf 60.000 Franken brutto im Jahr.
  • Das Finanzamt summiert dann beide Einkommen und nimmt als Grundlage für die Steuerberechnung 120.000 Franken.

Da es oberste Staatsmaxime der Schweiz ist, für alle Einkommensklassen ein Niedrigsteuerland zu sein, gilt auch bei einem Einkommen von 120.000 Franken nur ein Steuersatz von im Schnitt 18%. Und selbst das empfinden die Schweizer Stimmbürger als noch zu hoch.

Schweiz ist nach unten wie nach oben sozial

Das gleiche Paar würde in Deutschland mit einem «Reichensteuersatz» von 45%, belastet. Grund:

  • In Deutschland empfinden viele staatsgläubige Bürger es als vorzügliche Bürgerpflicht, hohe Steuern zu zahlen.
  • Viele würden am liebsten sogar noch mehr Steuern bezahlen, als sie es eh schon müssen.
  • Deshalb sehnen sich derzeit viele Deutsche nach einer möglichst hohen CO2-Steuer, in dem Glauben, damit weltweit beim Thema Umweltschutz ein Vorreiter sein zu können.
  • Gleichzeitig sind die meisten Deutschen dafür, die Sozialleistungen im Falle von Not auf ein Minimum zu beschränken, also nicht weit weg vom Existenzminimum.
  • Das bedeutet: Wer in Deutschland in Not gerät, also seinen Job verliert, ist meist auch ganz schnell in großer Not.

Ganz anders der Ansatz in der Schweiz:

  • In dem Land, wo die Bürger auch in Steuerfragen über Direktabstimmungen direkt mitbestimmen können, sind die Bürger klarer Meinung: Selbst verdientes Geld ist privat und muss privat bleiben.
  • Weltweit gibt es wohl, bis auf wenige reiche Öl- oder Gasländer, kein Land, das obendrein noch so viel soziale Absicherung bietet, wie die Schweiz.

Denn in der Schweiz kann selbst das Arbeitslosengeld pro Arbeitstag bis zu 400 Franken betragen. Dabei gehen die Sozialkassen davon aus, dass 21,7 Tage pro Monat gearbeitet wird.

Selbst Altenpfleger verdienen in der Schweiz sehr gut

Das heißt: Das Arbeitslosengeld kann zwischen Genf und St. Gallen brutto bis zu circa 9.500 Franken monatlich betragen. Netto wären das in Euro umgerechnet zwischen 5500 Euro bis zu 6000 Euro Arbeitslosengeld pro Monat. Je nach Alter kann so ein Arbeitslosengeld bis zu 400 Arbeitstage ausbezahlt werden.

Nimmt ein Arbeitsloser während dieser Zeit einen neuen Job als eine Art «Zwischenlösung» oder «Zwischenbeschäftigung» an, die unter diesem Arbeitslosengeld ist, gilt:

  • Dann stockt die Schweiz auf Antrag sogar diesen Lohn so auf, dass am Ende auf jeden Fall mehr in der Tasche ist, als mit Arbeitslosengeld.

Diese Übergangsfrist der Lohn-Unterstützung ist aber auf ein Jahr begrenzt. Voraussetzung für eine solche Aufstockung ist, dass der neue Arbeitgeber monatlich einen Bogen ausfüllt und dieser als Bescheinigung der «Zwischenbeschäftigung» der Arbeitslosenkasse beispielsweise per E-Mail eingereicht wird.

  • Das ist aber in der Regel unproblematisch, da in der Schweiz an der Tagesordnung.

Viele sagen: Nicht trotz dieser guten sozialen Standards steht die Schweiz auch im Beschäftigungsmarkt vorzüglich dar, also mit einer sehr niedrigen Arbeitslosenquote, sondern gerade deshalb.

Mindestlohn von im Schnitt 4200 bis 4500 Franken im Monat

Denn die Schweiz ist nicht nur ein Sozialstaat nach unten, zu den Habenichtsen, sondern auch im Bereich der Mittelschicht und Oberschicht. Sie fängt also auch die auf, die einstmals weiter oben oder ganz oben auf der Leiter waren. Dieser soziale Ausgleich sorgt ganz automatisch für eine sehr hohe Liebe und enorm hohe Solidarität der Schweizer zu ihrem Staat.

Obendrein werden in der Schweiz durch die Bank weg überwiegend hohe Löhne bezahlt. Denn schon das Mindesteinkommen liegt in der Schweiz im Schnitt bei 4200 Franken bis 4500 Franken pro Monat.

  • Selbst eine Abteilungsleiterin in einem Altersheim, Pflegeheim oder Heim für Menschen mit Behinderungen, kann in der Schweiz gut 9.200 Franken brutto monatlich verdienen.
  • Auch ein Ergotherapeut kann es bei einer 80%-Stelle auf 5800 Franken brutto bringen.
  • Solche Verdienste werden auch in eher strukturarmen Kantonen wie dem Thurgau bezahlt.

Zum Vergleich: In Deutschland werden im Schnitt für Abteilungsleiter in Altersheimen oder Pflegeheimen maximal 3500 Euro bis 5000 Euro brutto bezahlt. Also die Hälfte. Und das bei deutlich höheren Steuern.

1,4 Millionen kinderlose Verheiratete

Deshalb ist auch die derzeitige steuerliche Diskussion rund um die 1,4 Millionen verheiratete Paare ohne Kinder in der Schweiz etwas ein Scheinboxen. Denn übermäßig mit Steuern und Abgaben belastet werden auch solche Paare nicht.

Sollte der Schweizer Ständerat die von ihren Gegnern als «Heiratsstrafe» bezeichnete Steuer nun in einem weiteren Anlauf beseitigen, könnte das künftige Modell so aussehen:

  • Die Steuerbehörden summieren nach wie vor das Einkommen.
  • Die Finanzamts-Mitarbeiter berechnen aber in einem zweiten Modell eine steuerlich günstigere Variante.
  • Am Ende könnte dann die steuerlich günstigere Variante zum Zuge kommen, die sich wiederum an Single-Haushalten orientiert.

Dass Singles in der Schweiz steuerlich häufig besser gestellt werden, als kinderlose verheiratete Paare, hat einen guten Grund.

Denn der Staat und die Bürger sagen hier: Die Fixkosten sind für einen Single-Haushalt im Schnitt höher, als für ein verheiratetes Paar. So benötige auch ein Single schließlich eine Wohnung, ein Auto, die Wohnungseinrichtung. Verheiratete Paare ohne Kinder hätten gerade im Bereich der monatlichen Fixkosten sogar im Schnitt einen deutlichen Finanzvorteil, da diese durch zwei geteilt würden.

Einzelnachweise

[i] Steuerdiskussion im Ständerat – Die CVP hofft bei der Heiratsstrafe auf eine Abkürzung, von: Gion-Duri Vincenz, in: Schweizer Rundfunk Online (srf.ch) vom 15.9.2019. Abgerufen am 16.9.2019.

[ii] Konkubinat, in: Wikipedia Deutschland.

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sgf

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