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Lufthansa geht gegen Schnäppchenjäger vor

Fluggäste, die Teile ihrer gebuchten Flugverbindung verfallen lassen, sollen bei der Lufthansa einen erhöhten Tarif nachzahlen. Damit will die Airline verhindern, dass ihr Tarifsystem durch günstigere Auslandsangebote umgangen wird. Daher reichte sie im Nachgang Klage gegen einen Kunden ein, der das Tarifsystem mittels einer „No-Show” Buchung überlistet hatte. Es ist anscheinend der bislang erste Fall, in dem Lufthansa einen Kunden auf eine derartige Nachzahlung verklagt hat.[1]

Im aktuellen Fall hatte ein Kunde einen Flug von Oslo (Norwegen) über Frankfurt a. M. nach Seattle (USA) gebucht. Den Hinflug absolvierte der Passagier korrekt. Bei der Rückreise aber ließ er beim Zwischenstopp in Frankfurt den letzten Teilflug nach Oslo verfallen und flog stattdessen mit einem neuen Ticket weiter nach Berlin. Dies kam für den Mann offenbar günstiger, als wenn er die gesamte Reise so ab Oslo bei der Lufthansa gebucht hätte.[2]

„No-Show”-Tricks

Derart trickreiche „No Show“-Buchungen sind den Airlines ein Dorn im Auge. Als „No-Show“ bezeichnen die Airlines Fluggäste, die zu ihrem reservierten Flug nicht erscheinen und die Reservierung auch nicht storniert haben. Der Preis für solche Tickets sichert diesen Fluggästen vor allem eine größtmögliche Flexibilität zu. Das heißt, es dürfen Flüge mehrfach gebucht, umgebucht oder gestrichen werden. Und: Es besteht keine Verpflichtung, den Flug rechtzeitig abzusagen.

Um die Tarifregeln der Airlines zu umgehen, gibt es zwei gängige Varianten, bei denen Passagiere für einen günstigeren Preis mehr Flugsegmente buchen, als sie eigentlich benötigen. Mit der Vorgabe in den Allgemeinen Geschäfts-Bedingungen AGB, sämtliche Flüge vollständig und in der gebuchten Reihenfolge fliegen zu müssen, schieben die Airlines allerdings diesen Tricks einen Riegel vor. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil von 2010 anerkannt, dass Airlines das „Unterlaufen“ ihres Tarifsystems verhindern dürfen, in dem sie eine Nachzahlung verlangen. Gegen den entsprechenden Passus in der AGB geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).[3]

Cross Border Selling

Ein bekannter Tarif-Trick ist das sogenannte „Cross Border Selling“. Im Ausland bieten Airlines mitunter ihre Langstreckenflüge deutlich günstiger an als in den Heimatmärkten. Passagiere versuchen dies auszunutzen, indem sie eine Umsteigeverbindung über das Drehkreuz kaufen, die Zu- und Abbringerflüge aber verfallen lassen und dann nur den Langstreckenflug nutzen.

Cross Ticketing

Geschäftsreisende benötigen meist einen Hin- und Rückflug am selben Tag. Diese aber sind in der Regel teurer als Flüge mit längerem Aufenthalt. Mit Hilfe des sogenannten „Cross Ticketing” kann man diese Tarife unterlaufen. Bucht ein Passagier zwei Hin- und Rückflüge und nutzt nur jeweils einen Flug entsprechend seinen Reiseplänen, dann kann er dabei viel Geld sparen.

Im aktuellen Verfahren erhielt Lufthansa zunächst eine Abfuhr: Die Klage gegen den Passagier hat das Amtsgericht Berlin-Mitte im Dezember vergangenen Jahres abgewiesen. Allerdings hat die Airline Berufung gegen das Urteil eingelegt. Zwar hatte das Berliner Amtsgericht der Lufthansa grundsätzlich ein Recht auf Nacherhebung zugestanden. Allerdings empfanden die Richter die Nachberechnung des Preises „nicht hinreichend transparent“ und sei daher „weder für den Beklagten noch für das Gericht nachvollziehbar“.[4]

Einem Grundsatzurteil von höherer Instanz schaut man in der Luftverkehrsbranche mit Spannung entgegen. Reiserechtler befürchten, dass die verschärfte Gangart der Lufthansa kein Einzelfall bleiben könnte. Zukünftig könnten womöglich mehr Fluggäste mit Klagen gegen ihre Tarif-Tricks konfrontiert werden.

Einzelnachweise:

[1] Airliners: „Lufthansa verklagt No-Show-Passagiere“, in: airliners.de vom 7. Februar 2019, Abruf am 29. August 2019

[2] Focus: „Wegen günstiger Flugbuchung: Lufthansa verklagt Fluggast“, in: focus.de vom 13. Februar 2019, Abruf am 29. August 2019

[3] Bundesgerichtshof BGH: „Urteil Xa ZR 5/09“, in: juris.bundesgerichtshof.de vom 29. April 2010, Abruf am 29. August 2019

[4] Amtsgericht Berlin-Mitte: „Urteil Az. 6 C 65/18“, in: franz.de, vom 10. Dezember 2018, Abruf am 29. August 2019

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Tobias Köhler

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