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Koalitionsausschuss einigt sich auf Verlängerung der Mietpreisbremse

Nach zähem Ringen hat sich der Koalitionsausschuss der Bundesregierung auf eine Verlängerung der Mietpreisbremse verständigt. Demnach darf die Miete bei neuen Verträgen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt nicht mehr als zehn Prozent über der „ortsüblichen Vergleichsmiete” liegen. Die Verlängerung gilt vorerst für einen Zeitraum von fünf Jahren bis zum Jahr 2025.[1]

Bei einem Verstoß gegen die Mietpreisbremse sollen Mieter zu viel gezahlte Miete auch rückwirkend für einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren nach Vertragsabschluss zurückfordern können. Die SPD hatte einen längeren Zeitraum angepeilt, hatte sich aber im Koalitionsausschuss nicht durchsetzen können.

Betrachtungszeitrum auf sechs Jahre erweitert

Um die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zu ermitteln, wird der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete von bislang vier auf sechs Jahre verlängert. Ein Gesetzentwurf zur Reform des Mietspiegelrechts soll bis Jahresende vorliegen.

Auch bei den Maklergebühren beim Kauf von Wohneigentum hat sich die SPD nicht gegen die CDU/CSU durchsetzen können. Künftig soll derjenige, der den Makler nicht beauftragt hat, höchstens 50 Prozent der Gebühren zahlen müssen – und dies auch nur dann, wenn der Auftraggeber seinen Anteil bezahlt hat. Die SPD hatte die Maklerkosten dem Auftraggeber komplett aufbürden wollen.

Kritik vom Mieterbund

Der Deutsche Mieterbund (DMB) begrüßte den Beschluss zwar als einen richtigen Schritt. Dieser aber reiche bei weitem nicht aus. Das eigentliche Problem, nämlich seien die drastischen Mieterhöhungen im Bestand, also während des laufenden Mietverhältnisses. Dies packe die Bundesregierung jedoch erneut nicht an kritisierte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten. So müsste die Kappungsgrenze dahingehend verschärft werden, dass künftig in drei Jahren nicht mehr als sechs Prozent Mietsteigerung möglich werde, bis der Mietwohnungsmarkt sich einigermaßen beruhigt habe.[2]

Der Mieterverein München schloss sich der Kritik des Mieterbundes an. Demnach wäre es besser gewesen, wenn die Bundesregierung die Mietpreisbremse nicht länger von Landesverordnungen abhängig machen würde. Denn diese wurden in einigenen Bundesländern von Gerichten gekippt. „Die Mietpreisbremse muss endlich so gestaltet werden, dass sie für den normalen Bürger auch verständlich und anwendbar ist“, sagte Mietervereins-Geschäftsführer Volker Rastätter.[3]

Landesverordnungen fehlerhaft

Der Freistaat Bayern hatte seine Mietpreisbremse im August 2015 aufgrund eines Formfehlers fehlerhaft erlassen. Denn in der Verordnung hatte die Landesregierung nicht für alle betroffenen Städte und Gemeinden Bayerns einzeln begründet, warum die Mietpreisbremse jeweils gelten soll.  Das Landgericht München I sah daraufhin in einem Urteil vom Dezember 2017 die Mietpreisbremse in Bayern als nicht gültig an.

Eine rechtsgültige Verordnung zur Mietpreisbremse trat in Bayern folglich  erst am 7. August 2019 in Kraft. Bayerns Mieter können also gemäß der verschärften Bundesregelung nun auch nur für die Mietverhältnisse, die ab dem 7. August 2019 geschlossen wurden, rückwirkend Geld zurückfordern. Auch das Land Hessen hatte seine Mietbegrenzungsverordnung im Jahr 2015 zunächst formfehlerhaft vorgelegt. Der  Bundesgerichtshof (BGH) hatte diese daraufhin für rechtsungültig erklärt.[4]

Mietpreisbremse mit Grundgesetz konform

Indes stellte jetzt das Bundesverfassungsgericht klar, dass das Gesetz weder gegen die Eigentumsgarantie noch gegen die Vertragsfreiheit verstoße und somit mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Die Karlsruher Richter wies damit die Klage einer Vermieterin ab. Auch das Landgericht Berlin hatte verfassungsrechtliche Zweifel an dem Gesetz geäußert und es deshalb den Karlsruher Verfassungsrichtern zur Prüfung vorgelegt.[5]

Die Beschwerdeführerin, eine Vermieterin einer in Berlin gelegenen Wohnung, war von ihrer Mieterin gerichtlich auf Rückzahlung überzahlter Miete und Feststellung der Geltung einer abgesenkten Miete in Anspruch genommen worden. Denn die bei Mietbeginn vereinbarte Miete hatte deren Ansicht nach die höchstzulässige Miete überstiegen. Die Vermieterin sah sich daraufhin durch die Mietpreisregulierung in ihrem Grundrecht auf Eigentum und ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit verletzt.

Eingriff in das Eigentum verhältnismäßig

Das Gericht aber stellte fest, dass die Regulierung der Miethöhe bei Mietbeginn durch Paragraph 556d Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)  die Garantie des Eigentums, die Vertragsfreiheit und den allgemeinen Gleichheitssatz nicht verletze. Zwar greife die Miethöhenregulierung in das geschützte Eigentum zur Vermietung bereiter Wohnungseigentümer ein. Sie sei aber als verfassungsrechtlich zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums gerechtfertigt.

Es liege im öffentlichen Interesse, der Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Stadtteilen entgegenzuwirken, so das Gericht. Die Regulierung der Miethöhe sei daher auch im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Sie schneide Preisspitzen auf angespannten Wohnungsmärkten ab und könne damit zumindest die Voraussetzungen für einen Marktzugang einkommensschwächerer Mieter schaffen.

Wohnungsneubau stagniert

Für eine weitere Entspannung auf dem Wohnungsmarkt könnte eigentlich nur ein verstärkter Wohnungsneubau sorgen. Doch hieran hapert es gewaltig. Wie das statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilt, haben die Behörden im ersten Halbjahr 2019 weniger Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt als im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Von Januar bis einschließlich Juni wurde lediglich der Neubau oder Umbau von gut 164.600 Wohnungen genehmigt. Das waren nach Berechnungen der Wiesbadener Statistiker 2,3 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.[6]

Um die große Nachfrage nach Immobilien zu decken, müssten nach Einschätzung von Politik und Bauwirtschaft in Deutschland jährlich 350.000 bis 400.000 Wohnungen entstehen. Ende 2018 gab es laut statistischem Bundesamt in Deutschland 42,2 Millionen Wohnungen. damit stieg der Wohnungsbestand im Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 0,6 Prozent oder 267 000 Wohnungen.

Zu wenig Sozialwohnungen

In den Städten fehlt es vor allem an Sozialwohnungen. Laut einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion gab es zum Jahresende 2018 rund 42.500 Sozialwohnungen weniger als noch ein Jahr zuvor. Das ist ein Rückgang von 3,5 Prozent.

Nur in Bayern und Sachsen sinkt die Zahl der Sozialwohnungen nicht. In Berlin blieb das Verhältnis zumindest stabil. In Brandenburg dagegen schrumpfte der Sozialwohnungsbestand innerhalb eines Jahres um mehr als 12.000 Wohnungen oder fast 30 Prozent.  Die Linkspartei fordert daher eine bundesweite Offensive beim Bau. Ähnlich sieht das der Deutsche Gewerkschaftsbund. Demnach müssten jährlich 100.000 neue Sozialwohnungen  errichtet werden. Nach der Forderung der Gewerkschafter müssten Bund und Länder dafür insgesamt sieben Milliarden Euro jährlich zur Verfügung stellen.[7]

Einzelnachweise:

[1] Stern: „Mietpreisbremse und Maklerkosten: Diese Änderungen hat die große Koalition beschlossen“, in: stern.de vom 19. August  2019, Abruf am 20. August 2019

[2] Deutscher Mieterbund DMB: „Maßnahmen der Bundesregierung sind kleine richtige Schritte, aber bei Weitem nicht ausreichend“, in: mieterbund.de vom 19. August  2019, Abruf am 20. August 2019

[3] Mieterverein München: „Verschärfung der Mietpreisbremse mit unnötigen Schlupflöchern“, in: mieterverein-muenchen.de vom 19. August  2019, Abruf am 20. August 2019

[4] Bundesgerichtshof BGH: „Urteil VIII ZR 130/18“, in: juris.bundesgerictshof.de vom 17. Juli 2019, Abruf am 20. August 2019

[5] Bundesverfassungsgericht: „Beschluss vom 18. Juli 2019zu den Verfahren 1 BvL 1/18, 1 BvR 1595/18 und 1 BvL 4/18“ und „Pressemitteilung Nr. 56/2019“, in: bundesverfassungsgericht.de vom 20. August 2019, Abruf am 20. August 2019

[6] Statistisches Bundesamt: „Pressemitteilung Nr. 305 Genehmigte Wohnungen im 1. Halbjahr 2019 -2,3 % gegenüber Vorjahreszeitraum“, in: destatis.de vom 15. August 2019, Abruf am 20. August 2019

[7] ARD Tagesschau: „Zahl der Sozialwohnungen geht zurück“, in: tagesschau.de vom 14. August 2019, Abruf am 20. August 2019

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Werner Schmid

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