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Paketzustellung: Verbraucherzentrale fordert bessere Kundenrechte

Eigentlich ist es ja herrlich bequem: Anstatt wie früher aufwendig von Laden zu Laden zu laufen, um das beste und preiswerteste Produkt zu finden, erledigt man heute seine Shopping-Tour online am PC. Den  Preisvergleich erledigen Portale wie idealo.de oder billiger.de, der Bestellvorgang läuft bei seriösen Anbietern simpel und schnell und auch der Bezahlvorgang lässt sich über Paypal, Kreditkarte oder Lastschrift rasch und sicher abwickeln.

Nun aber wartet man auf das Paket und da beginnt der Ärger: Das Sendung geht verloren, ist unauffindbar, kommt verspätet oder das Paket ist samt Inhalt beschädigt. Probleme bei der Zustellung stehen bei verärgerten Post- und Paketkunden an erster Stelle, wissen die Verbraucherzentralen. Und für den Kunden ist es oft sehr aufwändig, dem Verbleib der Ware nachzuforschen und letztlich seine Schadensersatzforderungen durchzusetzen.

Dumpinglöhne für Subunternehmer

Wo liegen Ursachen? Bei allem Geschimpfe über vertrottelte Zusteller von DHL, Hermes, UPS und Co. kommt man unweigerlich zu der Frage: Was verdienen die Lieferanten eigentlich mit ihrem Job? Ja, es gibt tatsächlich einen Tariflohn. Aber das Einstiegsgehalt von 2300 Euro brutto ist nicht gerade üppig. Und Subunternehmer fallen erst gar nicht unter die Tarifpflicht. Man erkennt sie meist daran dass sie einen kleinen Aufdruck „Servicepartner” auf der Jacke tragen.[1]

Selbst der Branchenführer DHL, beschäftigt externe Subunternehmer. Sie fahren kein postgelbes DHL-Fahrzeug sondern meist einen eigenen neutralen Transporter, in dessen Heckscheibe lediglich ein Zettel klebt: „Servicepartner der DHL”.

Arbeitstage bis zu 16 Stunden

Für diese externen Partner gilt kein Mindestlohn. Sie haben Arbeitszeiten von 14 bis 16 Stunden. Sie kommen dann im Schnitt bestenfalls auch nur auf Dumpinglöhne von  vier bis fünf Euro pro Stunde. Denn wenn sie einen Kunden nicht antreffen, müssten sie das Paket eigentlich wieder mitnehmen und es am nächsten Tag erneut versuchen. Solange das Paket nicht zugestellt ist, haben sie nichts verdient. Die Subunternehmer nämlich werden nach Stückzahl  entlohnt.

Mancher Zusteller macht es sich darum einfach und legt das Paket irgendwo ungesichert im Hof oder bei den Mülltonnen ab oder aber er gibt es bestenfalls noch bei Nachbarn ab, ohne den Empfänger darüber zu informieren. Denn sie haben kaum Zeit genug um ihre Tagestour überhaupt zu schaffen.

Beschwerden bei Bundesnetzagentur nehmen zu

Über verschollene Pakete, spät zugestellte Sendungen und Zusteller, die gar nicht erst versuchen, die  Kunden zu erreichen, sondern Lieferungen gleich bei Nachbarn oder Geschäftsstellen abgeben, gingen bei der Bundesnetzagentur im vergangenen Jahr 12.615 schriftliche Klagen ein. Dem Kunden bleibt sonst auch kaum etwas anderes übrig, als den Ärger hinzunehmen.[2]

Denn die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde für Post- und Paketdienstleistungen ist quasi ein zahnloser Tiger. Deren Schlichtungsinstanz suche zwischen Kunden und Transportunternehmen bestenfalls nach einer einvernehmlichen Lösung. Ihr fehlten jedoch jegliche Sanktionsmöglichkeiten, klagt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. „Zum Abbau von Paketärger und Kundenverdruss muss das bislang auf Freiwilligkeit beruhende Schlichtungsverfahren der Bundesnetzagentur bei Post- und Paketdienstleistungen zu einem für beide Seiten verpflichtendes und bindendes Instrument umgewidmet werden“, fordert Schuldzinski von der Bundesregierung.[3]

Schweizer Post ändert System

Das es auch anders ginge, zeigt die Post in der Schweiz. Auch bei den Eidgenossen  hatte die Post ihre Zusteller früher nicht nach deren  effektiven Arbeitszeiten, sondern nach Durchschnittswerten pro zugestelltem Paket entschädigt. Im Juli 2018 aber wurde ein neues System namens „Mytime“ eingeführt, das größtenteils auf den effektiven Arbeitszeiten der Paketboten basiert.[4]

Dieses wurde nun überarbeitet. Rund 1800 Paketboten der Post erhalten im Oktober rückwirkend eine Lohnvergütung. Dafür gibt die Post insgesamt rund 2 Millionen Franken aus, pro Mitarbeiter im Schnitt rund 1.100 Franken.

Der Durchschnittslohn eines Paketboten in der Schweiz belaufe sich auf rund 68.000 Franken im Jahr, schreibt die Schweizer Pendlerzeitung 20 Minuten, was aber von manchen Kommentatoren, die früher als Zusteller gearbeitet haben, bestritten wird. Die Gewerkschaft jedoch betrachtet die Entschädigungszahlungen durchaus als Hoffnungszeichen für die gesamte Logistikbranche. In Deutschland ist man davon meilenweit entfernt. Fazit: Über die Post wird in der Schweiz natürlich auch gejammert und gemeckert, allerdings auf einem deutlich höheren Niveau!

Einzelnachweise:

[1] Stern: „Was verdient eigentlich ein DHL-Paketbote?”, in: stern.de vom 18. Juli 2019, Abruf am 25. Juli 2019

[2] Berliner Morgenpost: „Paketdienst-Ärger: Braucht Branche bessere Kontrollen?”, in: morgenpost.de vom 27. Juni 2019, Abruf am 25. Juli 2019

[3] Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: „Unzuverlässige Paketzustellung: Bessere Kundenrechte gefordert”, in: verbraucherzentrale.nrw vom 25. Juli 2019, Abruf am 25. Juli 2019

[4] 20 Minuten: „Post zahlt Pöstlern 2 Mio Franken Lohn nach”, in: 20min.ch vom 8. Juli 2019, Abruf am 25. Juli 2019

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sgf

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