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Arbeitgeber darf künstliche Fingernägel verbieten

Nicht alles, was schön ist und gefällt, ist auch erlaubt. Arbeitgeber dürfen je nach Branche ihren Mitarbeitern Vorgaben bezüglich ihrer Kleidung und ihres Erscheinungsbildes machen. Man kennt es vor allem au Branchen mit Kundenkontakt, wie insbesondere Banken und Versicherung. Allgemein schreibt der Dresscode in der Finanzwelt für den Herrn weißes Hemd, Krawatte und Businessanzug vor, für die Dame die klassische Blouse, langer Rock oder Kostüm.

Zwar ist in der Arbeitswelt ein Trend zu beobachten, der vom klassischen Businesslook eher  zu individuellerem Auftreten tendiert. Dennoch gilt in besonders traditionellen und hierarchisch geführten Branchen und der gehobenen Finanzwelt noch immer ein strenger Kleidungsstil.

Trend führt hin zu „Smart Casual“

Neben der sogenannten „Business Attire“ scheint sich im Büroalltag allerdings mehr und mehr ein Trend zum „Busines Casual“ (gepflegte Mischung aus Business und Freizeitkleidung durchzusetzen. Branchen mit jüngeren Beschäftigten, wie zum Beispiel in Start ups und in der Medienbranche bevorzugen oft sogar schon ein „Smart Casual“ (Stoffhose oder Jeans  mit meist langärmeligem Hemd, aber ohne Krawatte, sowie Hosenanzug statt Kostüm bei der Dame).[1]

Dennoch gilt auch in jungen Berufsbranchen immer die Weisungsdirektive der Chefetage. Selbst bei starker Sommerhitze entscheidet allein der Vorgesetzte, wieviel nackte Haut die Angestellten zeigen dürfen.

In medizinischen Branchen, in Kliniken, Arztpraxen und Pflegeheimen trägt man meist klassich weiß oder ggf. Kleidung in leicht grünen oder bläulichen Pastellfarben. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Material der Kleidung zu. Es soll nämlich bei Körperkontakten möglichst wenig Fremdstoffe abgeben. Denn die Hygiene hat in medizinischen Berufen eine eminent wichtige Bedeutung.[2]

In der Medizin zählt die Hygiene

Die Weisungsdirektive des Chefs über das äußere Erscheinungsbild der Mitarbeiter reicht allerdings in medizinischen Berufen weit über die Kleidung alleine hinaus. Nach Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts sollte das Personal in Kliniken, Arztpraxen, Pflegeheimen und ähnlichen medizinischen Einrichtungen ausschließlich natürliche und kurz geschnittene Fingernägel tragen. Denn auf künstlichen Nägeln könne sich leicht eine höhere Bakteriendichte entwickeln. Zudem steigt das Risiko, dass bei langen Fingernägeln eventuell notwendige Einmalhandschuhe durchreißen.

Aus Hygienegründen dürfen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern deshalb auch lange, künstliche und lackierte Fingernägel verbieten. Dies hat das Arbeitsgericht Aachen kürzlich noch einmal deutlich unterstrichen (Az. 1 Ca 1909/18). Im aktuellen Fall hatte die Leiterin eines Pflegeheims einer Angestellten das Tragen von Gel-Fingernägeln verboten. Das wollte sich die Mitarbeiterin nicht gefallen lassen. Sie klagte gegen das Verbot und verlor vor Gericht.[3]

Gesundheitsschutz steht vor dem Persönlichkeitsrecht

Die Frau hatte argumentiert, das Verbot wirke sich auch auf ihr Privatleben aus. Sie sah sich deshalb in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Demgegenüber war ihre Arbeitgeberin der Ansicht, das Verbot der Gel-Fingernägel sei aus Hygienegründen und damit zum gesundheitlichen Schutz der Bewohner des Pflegeheimes zwingend erforderlich.

Laut Gesetz müssen Arbeitgeber in ihrem Weisungsrecht eine Interessenabwägung vornehmen. Im Aachener Fall stand das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiterin dem Schutz der Heimbewohner durch die Einhaltung hygienischer Standards gegenüber. Das Arbeitsgericht entschied diese Abwägung zu Lasten der Angestellten.

Einzelnachweise:

[1] Das Unternehmerhandbuch: „Die richtige Kleidung im Büroalltag”, in: das-unternehmerhandbuch.de vom 25. April 2018, Abruf am 24. Juli 2019

[2] Die Welt: „Medizin zu Anziehen“, in: welt.de vom 7. August 2008, Abruf am 24. Juli 2019

[3] Stiftung Warentest: „Chefs dürfen Gelnägel verbieten“, in: test.de vom 24 Juli 2019, Abruf am 24. Juli 2019

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sgf

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