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Keine Entschädigung bei Terroralarm

Der Flughafen München rühmt sich gerne dafür, der schönste Airport Europas zu sein. Doch das, was sich vor gut einem Jahr dort mitten in der Haupturlaubszeit abspielte, war alles andere als optimal. Wegen Terroralarms sperrte der Flughafen am 28. Juli 2018 den Sicherheitsbereich des Terminals 2. Tausende Fluggäste die pünktlich zum Check-in erschienen waren, blieben vom Gate ausgesperrt und verpassten ihren Flug.

Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes hatten einen schweren Fehler begangen und eine Frau unkontrolliert durch die Sicherheitssperren gelangen lassen. Die Bundespolizei ließ daraufhin den gesamten Sicherheitsbereich sperren und das totale Chaos war vorprogrammiert.

Chaos im Terminal 2

Rund 34.000 Passagiere, die sich eigentlich auf ihren Urlaub gefreut hatten, saßen fest. Nach der Frau, die unkontrolliert in den Sicherheitsbereich gelangt war wurde stundenlang gesucht. Die aber saß derweil wohl längst in ihrem Flieger und eine wirkliche Gefahr ging von ihr offensichtlich nicht aus.

Schon wenige Tage nach dem Vorfall war eigentlich klar: Die 2004 EU-weit eingeführte Entschädigungsregelung nach den Fluggastrechten würde in diesem Fall nicht greifen. Auch der Freistaat Bayern, dessen Sicherheitspersonal das Chaos ausgelöst hatte, ließ die Haftungsfrage überprüfen. Das Ergebnis: Shit happens! Die Prüfung von Amtshaftungs- und sonstigen Entschädigungsansprüchen von Passagieren gegen den Freistaat Bayern brachte das Ergebnis, dass keine Ansprüche gegeben waren. Folglich brauchte auch der Freistaat Bayern keine Passagiere entschädigen.

Vier Betroffene klagten vor Gericht

Vier Reisende aus München wollten es dennoch genau wissen und verklagten ihre Airline vor dem Amtsgericht Erding. Sie waren pünktlich am Check-in erschienen und bereits ordnungsgemäß abgefertigt worden. Wegen der Sperrung des Sicherheitsbereiches aber hatten sie ihr Abfluggate nicht mehr pünktlich erreichen können. Der Flieger startete ohne sie. Die betroffenen Passagiere wurden von der Airline auf einen späteren Flug umgebucht und erreichten ihr Flugziel Ankara erst mit 13 Stunden Verspätung.

Die Kläger waren daraufhin der Auffassung, diese Verspätung sei der Fluggesellschaft zuzurechnen. Sie meinten, dass zur sicheren Flugdurchführung auch die Sicherheitskontrolle gehöre. Die beklagte Airline hingegen verneinte dies. E läge ihrer Ansicht nach keine Beförderungsverweigerung vor, weil die Passagiere nicht rechtzeitig am Abfluggate erschienen seien. Für die Antiterrormaßnahmen der Bundespolizei sei die Fluggesellschaft nicht verantwortlich.

Das Amtsgericht Erding gab nun der Airline recht und wies die Klage in vollem Umfang ab. Die Fluggesellschaft habe gegenüber den Klägern zu keinem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht, dass sie deren Beförderung auf dem gebuchten Flug ablehne. Und auf hoheitliche Kontrollen oder Maßnahmen der Sicherheitsbehörden und der Bundespolizei habe die Airline keinen Einfluss, urteilten die Erdinger Richter.

Das Landgericht Landshut wies eine Berufung der Kläger als unbegründet ab. Denn das Urteil enthalte keine Rechtsfehler. Damit ist die Entscheidung des Amtsgerichts Erding rechtskräftig.[1]

Allerdings: Als Geste der Entschuldigung für ihre Unannehmlichkeiten erhalten Betroffene von der Flughafen München GmbH (FMG) Gutscheine über 50 Euro. Diese können innerhalb von drei Jahren in vielen Shops und Gastronomien des Flughafens eingelöst werden.[2]

Einzelnachweise:

[1] Süddeutsche Zeitung: „Nach Sicherheitspanne: Passagiere werden nicht entschädigt”, in: sueddeutsche.de vom 2. Juli 2019, Abruf am 5, Juli 2019

und

Münchner Merkur: „Chaos am Terminal 2: Passagiere gehen leer aus”, in: merkur.de vom 26. Juni 2019, Abruf am 5. Juli 2019

[2] Airliners: „Flughafen München: Passagiere bekommen Gutscheine nach Flughafen-Chaos“, in: airliners.de vom 5. Juli 2019, Abruf 5. Juli 2019

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sgf

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