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Berlin will Mietpreise deckeln

Das Wohnen wird vor allem in den bundesdeutschen Ballungsgebieten immer teurer. Nach einem Bericht der Berliner Morgenpost will der Berliner Senat Mieterhöhungen bei der Neuvergabe von Wohnungen einen Riegel vorschieben. Nach einem Eckpunktepapier aus dem Hause der Berliner Stadtentwicklungssenatorin  Katrin Lompscher (Linke) soll in der Bundeshauptstadt ab dem kommenden Jahr ein „Mietendeckel“ eingeführt werden. Mit dem Gesetz möchte der Senat die Verdrängung von Mietern aus ihren angestammten Stadtvierteln stoppen.[1]

Das Gesetzesvorhaben verschärft die bundesweit geltende Mietpreise, deren Wirksamkeit wegen vieler Ausnahmen als umstritten gilt. Nach der Mietpreisgrenze, die seit Juni 2015 in Kraft ist, können sich Mieter gegen überhöhte Mieten wehren, wenn die ortsüblichen Mietpreise um mehr als zehn Prozent überschritten werden. In der Praxis hat die Mietpreisbremse den Mietern aber bislang nur wenig Nutzen gebracht. In einigen Bundesländern  wurde die Mietpreisbremse zudem von Gerichten wieder kassiert, weil sie schlecht umgesetzt wurde.[2]

Mietpreise für fünf Jahre einfrieren

Nach dem Willen der rot-rot-grünen Jahre Landesregierung lang sollen die Mieten für nicht preisgebundene Wohnungen in Berlin nun für fünf Jahre eingefroren werden. Damit dürften Vermieter dann bei Neuvermietungen ihrer Wohnungen höchstens die jeweils zuletzt vereinbarte Miete aus dem vorherigen Mietverhältnis verlangen.

Ausgenommen werden von der Regelung sollen lediglich Sozialwohnungen, für die sowieso ein anderes Kostensystem gilt. Um Investoren nicht abzuschrecken soll das neue Landesgesetz nicht bei der Vergabe von Neubauwohnungen gelten, die bislang nicht vermietet waren.

Eingreifen möchte der Gesetzgeber allerdings auch bei Modernisierungsmaßnahmen, die zuletzt meist ebenso zu großen Mieterhöhungen geführt hatten. Mietaufschläge für eine Modernisierung sollen künftig genehmigungspflichtig werden. Soll demnach die Miete um mehr als 50 Cent pro Quadratmeter angehoben werden, muss der Vermieter nachweisen, dass sich durch die Maßnahme Betriebskosten einsparen lassen.[3]

Ausnahmegenehmigung für Härtefälle

Die Genehmigung muss der Vermieter bei der Investitionsbank Berlin (IBB) beantragen. Auch wirtschaftliche Härtefälle, die Vermieter geltend machen, soll künftig die IBB überprüfen und gegebenenfalls entsprechende Ausnahmegenehmigungen erteilen.

Mieter können die Behörden (Bezirksamt oder IBB) prüfen lassen, ob bei ihnen ein überhöhter Mietpreis vorliegt. Wenn das der Fall sein sollte, können sie die Miete auf die zulässige Höhe kürzen. Verstöße gegen den Mietpreisdeckel sollen als Ordnungswidrigkeit gewertet werden und eine Geldbuße von bis zu 500.000 Euro zu Folge haben.

Klagewelle befürchtet

In der Immobilienwirtschaft ist der Mietendeckel umstritten. Kritiker befürchten, dass der Wohnungsmarkt langfristig immer kleiner werde, weil einerseits  Investitionen in Neubauten ausblieben und andererseits bisherige Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden könnten. Zudem könnte sich aufgrund der Beschränkungen bei der Umlagefähigkeit von Modernisierungsmaßnahmen der bauliche Zustand von Mietwohnungen langfristig erheblich verschlechtern.

Fachleute halten das Gesetz verfassungsrechtlich für bedenklich, weil das Mietrecht den Bundesgesetzen unterliege und das Land damit seine Kompetenzen überschreite. Ebenso könnte eine solche Maßnahme auch gegen europäisches Recht verstoßen. Experten rechnen mit einer entsprechenden Klagewelle und langjährigen Verfahren.[4]

Berliner Gesetzesinitiative politisch umstritten

Mietervereinigungen hingegen begrüßen das Berliner Gesetzesvorhaben. In München beispielsweise teilt man die rechtliche Einschätzung des Berliner Senats wie auch die Wirksamkeit deseines Mietpreisdeckels. So bereitet der Mieterverein München derzeit ein Volksbegehren vor, das einen Mietenstopp in denjenigen Städten und Kommunen  Bayerns erreichen soll, deren Wohnungsmarkt als besonders angespannt gilt.[5]

Das Berliner Gesetzesvorhaben geht auf eine Initiative der SPD zurück. Politisch allerdings gehen die Meinungen zur Deckelung der Mieten weit auseinander. Insbesondere die Unions-regierten Bundesländer wollen der Berliner Initiative nicht folgen. Sie lehnen derartige Eingriffe in die Eigentumsrechte der Haus- und Wohnungsbesitzer kategorisch ab. Auch die FDP steht dem Vorhaben ablehnend gegenüber. Die Freien Demokraten  fordern vielmehr Initiativen, die den Neubau von Wohnungen baurechtlich erleichtern.

Über das Gesetzesvorhaben will der Senat bereits am 18. Juni entscheiden. Nach der detaillierten Ausarbeitung des Konzeptes, das den Abgeordneten noch vor der Sommerpause zugehen soll, könnte der Gesetzesentwurf bereits im Herbst im Abgeordnetenhaus in die Beratungen gehen. Die erste Lesung ist für Oktober geplant, um dann nach Möglichkeit noch im Dezember als Gesetz beschlossen werden zu können. Dann könnte der Mietendeckel schon im Januar 2020 in Kraft treten.


Einzelnachweise:

[1]  Berliner Morgenpost: „Mieten in Berlin sollen fünf Jahre lang nicht steigen“, in: morgenpost.de vom 5. Juni 2019, Abruf am 12. Juni 2019

[2] Die Welt: „Ich rüge die Höhe der Miete“, in: welt.de vom 13. Mai 2019, Abruf am 12. Juni 2019

[3] Rundfunk Berlin-Brandenburg: „Berliner Mieten sollen ab 2020 für fünf Jahre gedeckelt werden“, in: rbb24.de vom 5. Juni 2019, Abruf am 12. Juni 2019

[4] Handelsblatt: „In Berlin sollen Mieten für fünf Jahre nicht steigen dürfen“, in handelsblatt.com vom 6. Juni 2019, Abruf am 12. Juni 2019

[5] Süddeutsche Zeitung: „Es wird ernst für Vermieter“, in sueddeutsche.de vom 6. Juni 2019, Abruf am 12. Juni 2019

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sgf

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