Verkehrsrecht

Europäischer Gerichtshof kippt Passage in Millionen Darlehensverträgen

Eigentlich gilt in der Europäischen Union die Rechtslage, dass Verbraucherverträge in der Regel bis zu 14 Tage nach Abschluss wieder gekündigt werden dürfen. Danach wird es schwer bis unmöglich.

Allerdings hat jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) sich noch einmal detailliert mit dem Thema Verbraucherkredite auseinandergesetzt. Und in diesem Zusammensang sagten Europas mächtigste Richter:

Darlehensverträge dürften unter bestimmen Voraussetzungen auch deutlich nach der 14 Tagesfrist rückabgewickelt, also widerrufen werden. Basis des Urteils war ein Immobilienkredit aus Deutschland. Er hatte sich auf die bekannten oft komplizierten Darlehenspassagen des Bürgerlichen Gesetzbuches gestützt. Und da steht unter anderem:

«Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). § 492 Schriftform, Vertragsinhalt: «(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.»

Der Verbraucherdarlehensvertrag muss klar und verständlich sein… nur ist er das oft nicht

Und in jenem Art 247 § 6 steht wiederum : «(1) Der Verbraucherdarlehensvertrag muss klar und verständlich folgende Angaben enthalten:

  • 1. Die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 14 und Abs. 4 genannten Angaben.
  • 2. Den Namen und die Anschrift des Darlehensnehmers.
  • 3. Die für den Darlehensgeber zuständige Aufsichtsbehörde.
  • 4. Zudem einen Hinweis auf den Anspruch des Darlehensnehmers auf einen Tilgungsplan nach § 492 Abs. 3 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
  • Und 5.: «Das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags». Sowie
  • 6. Sämtliche weitere Vertragsbedingungen.

Verstanden? Eher wahrscheinlich nicht. Doch es geht noch weiter: Im Paragraph 492 des BGB geht es wiederum, und das wurde vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelt, eben um die Widerrufsfrist bei Darlehensverträgen. Im verhandelten Beispiel ging es um jenen Immobilienkredit.

Das Gericht störte sich vor allem daran, dass im deutschen Paragraphen-Dschungel kein Ende von Verweisen ist. Das ist wiederum kein Wunder, greift doch das üppige deutsche Bürgerlichen Gesetzbuch in seinem Hang, alles perfekt regeln zu wollen, in Teilen auf 2000 Jahre alte römische Gesetzestexte zurück.

Wirrwarr an Paragraphen-Verweisen im BGB

Es handelt sich also häufig um ein Wirrwarr an Paragraphen, die kaum mehr einer versteht. Um Ketten, die aus sieben bis acht Paragraphen-Verweisen bestehen. Im Fachjargon nennen Juristen das «Kaskadenverweis». Schön ist das nicht. Und verständlich oft auch nicht. Für normale Verbraucher, für welche die Gesetze gelten sollen, sowieso in der Regel nicht.

Interessant ist nun, dass die EU-Richter genau diese im BGB so typische Aneinanderreihung von Paragraphenverweis auf Paragraphenverweis als nicht mit EU-Recht vereinbar klassifizierten. Das schaffe eine Rechtslage, die kaum mehr durchschaubar sein. Und damit als nicht akzeptabel anzusehen sei.

Das heiße aber im Hinblick auf zahlreiche Darlehen, ob im Immobilienbereich oder dem Kfz-Bereich: Dass Darlehensverträge eben auch rückwirkend nach Jahren des Abschlusses angegriffen werden könnten. Vor allem Autokredite greifen häufig auf dieses Wirrwarr an Paragraphenverweisen zurück. Aber eben auch Immobilienkredite.

Einspruch

Juristen kommen deshalb zum Urteil, wonach vor allem Autofinanzierungsverträge, welche nach dem 13. Juni 2014 abgeschlossen worden seien, mit Hilfe von Juristen durchaus angreifbar seien.

Also auch Verträge, welche den Dieselskandal von VW beispielsweise betreffen. Bis zu 20 Millionen Finanzierungen könnten betroffen sein mit einem Gesamtvolumen von bis zu 340 Millionen Euro. Die WKR Anwaltskanzlei in Leipzig hat als ein Spezialgebiet auch das KFZ-Rechtsgebiet. Sie bietet ein erstes Beratungsgespräch kostenlos an über wkr-anwalt.de.

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CHLA

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