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Vonovia sorgt in Dresden weiter für Nebenkosten-Ärger

Glücklich schätzen darf sich jeder Mieter, der in einem kleinen, überschaubaren Mehrfamilienhaus lebt. Wenn sich in der alljährlichen Nebenkostenabrechnung einmal ein überraschender Kostensprung eines Abrechnungspostens findet, kann man vom Vermieter entsprechenden Belege anfordern und sich die Kostensteigerung detailliert erklären lassen. Denn eine Nebenkostenabrechnung wird erst dann fällig, sobald der Vermieter solche Rückfragen und Beanstandungen erklärt hat. Antwortet der Vermieter nicht, muss der Mieter auch nicht zahlen.

Anders verhält es sich bei großen Immobiliengesellschaften als Vermieter. Diese verschanzen sich in der Regel hinter Anwaltskanzleien, so dass man bei Problemen mit der Nebenkostenabrechnungen ohne juristischen Beistand durch den Mieterverein oder einen eigenen Fachanwalt oft kaum etwas ausrichten kann. Viele Mieter scheuen einen solchen Rechtsstreit mit dem mächtigen Mietkonzern. Und genau darauf setzten solche Unternehmen mitunter.

Sonderregelung für die Stadtverwaltung

So etwa in Dresden. Dort klagen erneut viele Mieter über fehlerhafte Abrechnungen des Bochumer Immobilienkonzerns Vonovia. Der besitzt in Dresden rund 38.000 Wohnungen. Beim Mieterverein gab es schon in den vergangenen Jahren immer wieder zahllose Beschwerden. Nur ein geringer Teil der beanstandeten Abrechnungen stellte sich als korrekt heraus. Die teils die drastischen Betriebskostenerhöhungen und die fehlerhaften Einordnungen in hochwertigere Wohnlagen, die erhebliche Mieterhöhungen zur Folge hatten, beschäftigten zwischenzeitlich sogar  den Dresdner Stadtrat.[1]

Normalerweise handelt es sich bei einem Mietvertrag um ein rein privatrechtliches Vertragsverhältnis zwischen dem Konzern und dem Mieter. Anders als in anderen Städten hat aber die Dresdner Stadtverwaltung bei Vonovia-Wohnungen noch eine gewisse Handhabe. Denn als die sächsische Landeshauptstadt ihren kompletten Wohnungsbestand 2006 an die Vonovia-Vorgängerin Gagfah verkaufte, wurde der Käufer zu einer Sozialcharta verpflichtet. Die Vonovia darf rechtliche und vertragliche Regeln nicht unterlaufen, die zugunsten der Mieter sprechen.

Kostenexplosionen beim Winterdienst

Dass jedoch passiert immer wieder. So wurden heuer beispielsweise in der Nebenkostenabrechnung eines Mietshauses Fußabtritte kontrolliert und abgerechnet, obwohl diese gar nicht existierten. In anderen Fällen wunderten sich Mieter über Kostenexplosionen beim Winterdienst in einem vergleichsweise schneearmen mildem Winter. Oder es wurde die Frostsicherung von Wasserleitungen und Wasseruhren, die erst im April erfolgt sein sollen, abgerechnet.[2]

Die Fraktion der Linken im Dresdner Stadtrat vermutet hinter den drastischen Betriebskostenerhöhungen und fehlerhaften Einordnungen in hochwertigere Wohnlagen ein gewisses System.  Wer die Rechnungen von Vonovia widerspruchslos anerkenne, liefere dem Konzern eine Rechtfertigung für weitere Mieterhöhungen, warnten linke Stadtpolitiker.

Linke vermutet System

Die Fraktion der Linken forderte daher schon vor einem Jahr, dass Vonovia von der Stadt umfassend überprüft werde. Sollten Verletzungen des Privatisierungsvertrages von 2006 festgestellt werden, solle die Verwaltung zunächst darauf hinarbeiten, dass Vonovia damit aufhört, forderte damals Fraktionsvorsitzender André Schollbach. Anschließend müsse geschaut werden, ob rechtliche Schritte eingeleitet werden. Eine Strafe müsse wehtun, so Schollbach. Primäres Ziel sei, dass damit die dubiosen Geschäftspraktiken unterbunden würden.

Geschehen ist offenbar nichts. Die Vonovia freilich wies die neuerlichen Vorwürfe eines systematischen Betrugs bei den Nebenkosten umgehend zurück. Versehentlich falsch abgerechnete Positionen – wie bei den Fußmatten oder auch bei den Wasserrrohren – würden korrigiert und bei der nächsten Abrechnung gegengerechnet. Bei anderen Beschwerden steht Aussage gegen Aussage.

Rund einhundert Mieter haben sich inzwischen im Netzwerk Vonovia Mieter Dresden zusammengeschlossen. Die Liste ihrer Einwendungen gegen die Vonovia ist lang und die Beschwerden stammen aus dem gesamten Stadtgebiet. Vergleicht man die neuerlichen Beschwerden mit denen des Vorjahres, so hat sich an den dubiosen Praktiken des Konzern offenbar nichts geändert.

Einzelnachweise:

[1] Sächsische Zeitung: „Dresden soll Vonovia auf die Finger schauen“, in: saechsische.de vom 9. Januar 2019, Abruf am 10. Januar 2020.

[2] Sachsen Fernsehen: „Weiter Ärger um Nebenkosten bei Vonovia-Mietern“, in: sachsen-fernsehen.de vom 9. Januar 2020, Abruf am 10. Januar 2020.

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sgf

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