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Bodybuilderin verliert BGH-Prozess gegen Yelp

Die Interessen einer Betreiberin von Fitness-Studios überwiegen nicht die schutzwürdigen Belange des Online-Bewertungsportals Yelp. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe und hob damit ein anderslautendes vorinstanzliche Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München auf. Ein Gewerbetreibender müsse Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen, so der vorsitzende Richter des VI. Zivilsenates des obersten deutschen Gerichtes, Stephan Seiters (VI ZR 496/18 u.a.).[1]

Die Klägerin, die ehemalige Weltmeisterin im Bodybuilding, Renate Holland, betreibt im Raum München mehrere Fitness-Studios. Sie war der Auffassung, dass sich die beklagte Onlineplattform Meinungsäußerungen in den Beiträgen der Nutzer zu Eigen mache. Die Unterscheidung zwischen empfohlenen und momentan nicht empfohlenen Beiträgen erfolge ihrer Ansicht nach willkürlich und nicht anhand nachvollziehbarer Kriterien. Nach Auffassung der Klägerin habe das beklagte Unternehmen den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass der Bewertungsdurchschnitt aller Beiträge angezeigt worden sei, wodurch in der Bewertung ein verzerrtes und unrichtiges Gesamtbild entstehe.

Klägerin empfand Bewertungen als geschäftsschädigend

Die Fitnessstudios der Klägerin schnitten auf dem Bewertungsportal Yelp vergleichsweise schlecht ab. Ausschlaggebend dafür waren jedoch nur sehr wenige Einzelbewertungen. Denn die meisten positiven Bewertungen wurden bei der Gesamtnote nicht mitberücksichtigt. Diese nämlich wurden von einer Software automatisch aussortiert. Dieses Vorgehen hielt die Studiobetreiberin für geschäftsschädigend und rechtswidrig.

Aus Sicht des Internet-Unternehmens Yelp hingegen sei das angewandte Bewertungsverfahren legitim. Denn Yelp gehe es mit dem automatisierten Verfahren darum, mögliche gefälschte Bewertungen herauszufiltern. Deshalb würden Bewertungen, die bestimmte Kriterien nicht erfüllen, mit Hilfe eines Algorithmus automatisch aussortiert. Wie dieser Algorithmus im Einzeln funktioniert, mochte Yelp aber nicht preisgeben. Denn das würde es Nutzern ja erleichtern, diese Plausibilitätsfilter zu umgehen.

OLG hatte Fall noch anders beurteilt

Das Landgericht München hatte die Klage der Frau zunächst abgewiesen. Das Oberlandesgericht München hingegen verurteilte Yelp dazu, es zu unterlassen, im Gebiet der Bundesrepublik auf ihrer Internetseite für die Fitness-Studios eine Gesamtbewertung oder eine Gesamtzahl der Bewertungen auszuweisen, in die Beiträge, die von Nutzern der vorgenannten Internetseite abgegeben worden waren und welche die Beklagte als „momentan nicht empfohlen“ wertet, nicht einbezogen werden. Dieses Urteil verwarf der BGH-Senat nun und  stellte auf die Revision der Beklagten das klageabweisende Urteil des Landgerichts wieder her.

Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche ergäben sich nicht aus § 824 Abs. 1 BGB., so das Gericht[2] Die Beklagte hat nicht – wie in dieser Bestimmung vorausgesetzt – unwahre Tatsachen behauptet oder verbreitet. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts äußerte die Beklagte mit der angegriffenen Bewertungsdarstellung nicht, dass es sich bei dem angezeigten Bewertungsdurchschnitt um das Ergebnis der Auswertung aller für das Fitness-Studio abgegebenen Beiträge handele und dass der danebenstehende Text deren Anzahl wiedergebe.

Die Bewertungsdarstellung der Beklagten greife auch nicht rechtswidrig in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin ein (§ 823 Abs. 1 BGB „Schadensersatzpflicht”).[3] Die Anzeige des Bewertungsdurchschnitts und der Einstufung von Nutzerbewertungen als „empfohlen“ oder „nicht empfohlen“ seiendurch die Berufs- sowie Meinungsfreiheit geschützt, urteilte der Senat.

Einzelnachweise:

1[i] Bundesgerichtshof BGH: „Zur Zulässigkeit der Bewertungsdarstellung von Unternehmen auf einem Internet-Bewertungsportal (Pressmitteilung 007/2020)“, in: bundesgerichtshof.de vom 14. Januar 2020, Abruf am 14. Januar 2020.

[2] Bundesamt für Justiz: „Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 824 Kreditgefährdung”, in: gesetze-im-internet.de, Abruf am 14. Januar 2020.

[3] siehe oben, § 823 BGB, Abruf am 14. Januar 2020.

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Tobias Köhler

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