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„Früher war mehr Lametta“ nicht schützenswert

Wie der Klassiker „Dinner for one“ an Silvester so genießt auch der Loriot-Sketch „Weihnachten bei Hoppenstedts” Kultstatus. Die feucht-fröhliche Weinprobe des Vertreters Blümel („abgezapft und original verkorkt von Pahlgruber & Söhne“) mit dem Staubsaugervertreter Jürgens („Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur blasen kann“) oder auch das makabere Adventsgedicht „Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer / die Försterin im Herrenzimmer / In dieser wunderschönen Nacht / hat sie den Förster umgebracht …“ schaut man sich immer wieder gerne noch einmal an. [1]

Pünktlich zur Weihnachtszeit hat es jetzt auch der aus dem Sketch stammende berüchtigte Kultspruch Opa Hoppenstedts „Früher war mehr Lametta“ auf die große Bühne des Gerichtssaals des Münchner Oberlandesgerichts und auf die vorweihnachtlichen Titelseiten der Medien geschafft. Denn eine Produzentin von T-Shirts und andere Produkten mit diversen Aufdrucken wollte den Spruch auf ein T-Shirt drucken und vertreiben. Dies aber wollten die Alleinerbinnen des unter dem Künstlernamen „Loriot“ bekannten 2011 verstorbenen Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow verhindern und zogen vor Gericht.

Nachdem schon das Landgericht München I in seiner Rechtsauffassung eine fehlende urheberrechtliche Werkqualität festgestellt hatte, blitzten die Erbinnen nun auch in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht (OLG) München mit ihrem Antrag ab. Die 33. Zivilkammer wies den Antrag wegen der fehlenden urheberrechtlichen Schutzfähigkeit des streitgegenständlichen Spruchs zurück (Az: 6 W 927/19).[2]

Isoliert betrachtet hat der Spruch keine hinreichende Schöpfungshöhe

Dem kurzen Satz „Früher war mehr Lametta“ fehle nach Auffassung des Gericht bei der maßgeblichen isolierten Betrachtung die hinreichende Schöpfungshöhe für einen Schutz nach § 2 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG).[3] Seine Besonderheit und Originalität erfahre dieser Satz durch die Einbettung in den Loriot-Sketch „Weihnachten bei Hoppenstedts“ und die Situationskomik. Blende man aber die Einbettung in den Sketch und auch den Umstand aus, dass Sketch samt „Früher war mehr Lametta“ von dem fraglos bekannten und bedeutenden Künstler Loriot stamme, handele es sich um einen eher alltäglichen und belanglosen Satz, der entweder schlicht zum Ausdruck bringe, dass früher mehr Lametta benutzt wurde, oder – unter Verwendung des Wortes „Lametta“ als Metapher – dass früher mehr Schmuck, Glanz, festliche Stimmung oder Ähnliches war.

Selbst in der zweiten Deutungsmöglichkeit genüge die Verwendung einer einfachen Metapher im Anschluss an die alltägliche und gängige Eingangswortfolge „Früher war mehr“ nicht, um hier eine Originalität oder Individualität anzunehmen, welche übliche und alltägliche Ausdrucksformen deutlich überrage. Mit dieser Entscheidung sei das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz rechtskräftig beendet, schreibt das Gericht und wünscht. gemeinsam mit der Pressestelle für Zivilrecht des Oberlandesgerichts München frohe Weihnachten! Diesem frommen Wunsch mag sich anwalt-innovativ gerne anschließen.

Einzelnachweise:

[1] YouTube: „Weihnachten bei Hoppenstedts“, in: youtube.com vom 23. Dezember 2013, Abruf am 22.Dezember 2019

[2] Oberlandesgericht München: „Pressemitteilung 55 ‚Früher war mehr Lametta‘– kein Urheberschutz für Loriot-Zitat“, in: justiz.bayern.de vom 20. Dezember 2019, Abruf am 22. Dezember 2019

[3] Bundesamt für Justiz: „Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte“, in: gesetze-im-internet.de, Abruf am 22. Dezember 2019

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Wilfried Müller

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