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AG Augsburg: Wohnungssuchender Afrikaner erhält 1.000 Euro Entschädigung

Ausländer tun sich schwer, in Deutschland eine Mietwohnung zu bekommen. Viele anerkannte Asylbewerber, die ihre Asylunterkunft eigentlich nach ihrem Anerkennungsstatus verlassen müssten, können aus der provisorischen Bleibe nicht ausziehen, weil sie schlicht keine Wohnung finden. Grund ist oftmals eine rassistische Diskriminierung am Wohnungsmarkt.[1]

Nach Einschätzung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes fühlen sich etwa 70 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund bei der Wohnungssuche diskriminiert. Oft werden Ablehnungsgründe gegenüber Mietinteressenten mit Migrationshintergrund nur fadenscheinig vorgeschoben. Es gestaltet sich allerdings meist nicht einfach, derartige Benachteiligungen bei der Vermietung tatsächlich nachzuweisen.

Vermieter muss Entschädigung zahlen

Findet sich eine diskriminierende Ausgrenzung wegen der ethnische Herkunft oder religiösen Zugehörigkeit eines Wohnungsbewerbers jedoch schon ausdrücklich im Text des Wohnungsinserates wieder, dann können Betroffene dagegen klagen. Dies musste nun ein 81jähriger Vermieter aus Augsburg erfahren. Er wollte seine Wohnung ausdrücklich nur „an Deutsche“ vermieten und muss jetzt dem Interessenten dafür jetzt eine Entschädigung zahlen.[2]

Der aus Burkina Faso stammende Kläger, der derzeit noch in München wohnt, wollte seinen Wohnort nach Augsburg verlegen. Der Beklagte aber bot auf der Website der Augsburger Allgemeinen Zeitung eine Wohnung auszugsweise wie folgt zur Miete an: „. . . 1 ZKB 40 m² sofort 394,- 102,- EBK m. F., Laminat, Garage auf Wunsch, an Deutsche. . .“. Als sich dennoch der in München lebende Interessent aus Burkina Faso telefonisch nach der Wohnung erkundigte, hat der Vermieter, als er erfuhr, dass der Interessent Ausländer sei, einfach aufgelegt.[iii]

Mietinteressent Referent bei Integrationsprojekt

So gehe das nicht,  befand das Amtsgericht Augsburg. Die offene Benachteiligung von Ausländern sei schlichtweg nicht hinnehmbar, sagte Amtsrichter Andreas Roth. Verbrechen und Vergehen würden von Menschen begangen, nicht von Staatsangehörigen, führte der Richter aus und verurteilte den Vermieter zu einer eine Entschädigungszahlung in Höhe von 1.000 Euro zugunsten des Klägers (Az: 20 C 2566/19).

Was der Vermieter offenbar nicht wusste: Der Mietinteressent arbeitet als Referent bei einem landesweiten Integrationsprojekt, das von Augsburg aus koordiniert wird. Der Afrikaner gab sich folglich dann auch nicht einfach damit zufrieden, von dem Vermieter abgewiesen zu werden, sondern verklagte ihn stattdessen. Denn die Wohnung war zum Zeitpunkt seiner Bewerbung noch zu vergeben gewesen.

Angeblich schlechte Erfahrungen gemacht

Dass er seine Wohnung nicht an Ausländer vermieten wollte, räumte der 81jährige vor Gericht freilich ein. Als Grund nannte er, dass er in seinem Haus angeblich schon einmal Ärger mit einem türkischen Drogendealer gehabt habe und offenbar nun ähnliches vermeiden wollte.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Beklagte den Kläger aufgrund seiner Rasse oder ethnischen Herkunft benachteiligt habe (§ 19 Abs. 2 AGG), indem der Beklagte sämtliche „Nicht-Deutsche“ von der Eingehung eines Vertragsverhältnisses von vorneherein ausschloss und daher den Kläger aufgrund seiner Rasse oder ethnischen Herkunft als Mieter ablehnte.

Vermieter darf so nicht mehr inserieren

Zur Überzeugung des Gerichts sei das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auf den vorliegenden Fall anwendbar, da der Beklagte durch die Internetanzeige aus dem rein privaten Bereich herausgetreten sei. Die vom Amtsgericht zugesprochene Entschädigung diene der Genugtuung für die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Überdies verurteilte das Gericht den Beklagten zur künftigen Unterlassung derartiger Benachteiligungen. Da der Kläger nach dessen eigener Angabe 20 Wohnungen vermiete und bereits jetzt eine Benachteiligung erfolgt sei, sah das Gericht die Gefahr, dass der Vermieter auch in Zukunft freiwerdende Wohnungen wieder nur zur Vermietung „an Deutsche“ inserieren könnte. Das hat ihm der Richter nun ausdrücklich untersagt. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde dem Beklagten Ordnungsgeld – ersatzweise Ordnungshaft – angedroht.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In der Vergangenheit aber hatten auch andere Gerichte bereits Ausländern Schadenersatz zugesprochen, wenn sie bei Wohnungsvermietungen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft abgewiesen worden waren.

Einzelnachweise:

[1] Antidiskriminierungsstelle des Bundes: „Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt“, in: antidiskriminierungsstelle.de, Abruf am 10. Dezember 2019.

[2] Amtsgericht Augsburg: „Pressemitteilung . . . Vermietung nur an Deutsche. . .“, in: justiz.bayern.de vom 10. Dezember 2019, Abruf am 10. Dezember 2019.

[iii] Augsburger Allgemeine: „Wohnung nur an Deutsche? Gericht verurteilt Augsburger Vermieter“, in: augsburger-allgemeine.de vom 10. Dezember 2019, Abruf am 10. Dezember 2019 (vgl. ähnliche Berichterstattung der Deutschen Presse-Agentur dpa).

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sgf

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