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Zulassung von Glyphosat erneut verlängert

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat die Zulassungen einiger glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel um ein weiteres Jahr verlängert. Das BVL begründet die Entscheidung damit, dass es der Behörde bei einigen dieser Pflanzenschutzmittel bis jetzt nicht möglich gewesen sei, fristgerecht über die Erneuerung der Zulassung zu entscheiden, weil vorgeschriebene Schritte im Zulassungsverfahren nicht abgeschlossen werden konnten.[1]

Nach der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat durch die EU-Kommission im Dezember 2017[2] wurde in Deutschland für einige glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel die Erneuerung der Zulassung beantragt. Die Anträge hatten nicht innerhalb der vorgeschriebenen Fristen bearbeitet werden können.  Deshalb hatte das BVL diese zunächst bis zum 31. Dezember 2019 verlängert.

Herbizid krebserregend?

Glyphosat gehört zu der Gruppe der Phosphonate. Es ist die biologisch wirksame Hauptkomponente einiger Breitband- bzw. Totalherbizide und wurde seit der zweiten Hälfte der 1970er Jahre von Monsanto als Wirkstoff unter dem Namen Roundup zur Unkrautbekämpfung auf den Markt gebracht. Glyphosat wird in Landwirtschaft, Gartenbau, Industrie und Privathaushalten eingesetzt.[3]

Das Herbizid gilt gesundheitlich als höchst umstritten. Über die Frage, in wie weit das Pflanzenchutzmittel Krebs hervorrufen oder die Krebserzeugung fördern kann, hat sich daher in den letzten Jahren eine intensive öffentliche und wissenschaftliche Debatte entwickelt. Eine europäische Bürgerinitiative forderte mit fast 1,1 Millionen Unterschriften sogar das EU-weite Verbot von Glyphosat, konnte sich aber gegenüber den Behörden (der  Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA,der  Weltgesundheitsorganisation WHO, der USEPA, Health Canada und der Europäischen Chemikalienagentur ECHA) nicht durchsetzen.

Teures Erbe von Monsanto

Im August 2018 wurde von einem US-amerikanischen Gericht der Glyphosat-Hersteller Monsanto zu einer Schadensersatzzahlung von 289 Millionen Dollar (ca. 250 Millionen Euro) verurteilt. Kläger war ein krebskranker Hausmeister, der seine Erkrankung auf die jahrelange Nutzung glyphosathaltiger Unkrautvernichtungsmittel zurückführte. Monsanto legte jedoch Widerspruch gegen das Gerichtsurteil ein, woraufhin der Schadensersatz in zweiter Instanz auf 78 Millionen Dollar verringert wurde.[4]

Nach der Übernahme von Monsanto durch die deutsche Bayer AG im Juni 2018 verurteilte ein kalifornisches Gericht im März diesen Jahres den Hersteller Bayer zur Zahlung von 2,05 Milliarden Dollar Schadensersatz und Strafzusatzzahlungen, weil der Unkrautvernichter krebserregend sei und Bayer nicht ausreichend davor gewarnt habe. Bayer drohen in den USA wegen des  Glyphosat-Produktes Roundup inzwischen mehr als 18.000 weitere Klagen. Infolgedessen gab der Aktenkurs des Konzerns zeitweise um bis zu 11 Prozent nach.

Planungssicherheit für Händler und Anwender

Die Prüfung, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen eine weitere Zulassung in Deutschland erfolgen kann, konnte nicht abgeschlossen werden. Daher muss das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gemäß Artikel 43 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (auch bekannt als „Pflanzenschutzmittelverordnung“)[5] die betroffenen Zulassungen jetzt verlängern. Um den Händlern sowie den Anwendern Planungssicherheit für die kommende Saison zu geben werden die meisten bestehenden Zulassungen bis zum 15. Dezember 2020 verlängert.

Einzelnachweise:

[1] Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL): „Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat verlängert“, in: bvl.bund.de vom 6. Dezember 2019, Abruf am 9. Dezember 2019.

[2] Europäische Kommission: „Fragen und Antworten zur Erneuerung der Zulassung des Herbizids Glyphosat“, in: ec.europa.eu vom 1. Oktober Februar 2018, Aktueller Stand der EU-Zulassung, Abruf am 9. Dezember 2019.

[3] Wikipedia: „Artikel Glyphosat, in: de.wikipedia.org,  Abruf am 9. November 2019.

[4] Wikipedia: „Artikel Monsanto, in: de.wikipedia.org, Abruf am 9. November 2019.

[5] Europäisches Parlament und Europäischer Rat: „Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln“, in: eur-lex.europa.eu vom 21. Oktober 2019, Abruf am 9. Dezember 2019.

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Tobias Köhler

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