Categories: Arbeitsrecht

Homophobie in Unternehmen kann EU Diskriminierungsverbot verletzen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg will in Kürze entscheiden, ob diskriminierende Äußerungen von Arbeitgebern, auch wenn sie nicht im Firmenumfeld getroffen wurden, ein Rechtsverstoß gegen die EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung ist. Ein wichtiges EU-Gutachten stützt diese Ansicht.[1] Es sei an den nationalen Gerichten zu prüfen, wie hypothetisch eine Aussage sei, erklärte die Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof, Eleanor Sharpston, in ihrem Schlussantrag in Luxemburg (Rechtssache C-507/18).[2]

Im konkreten Fall hatte ein Rechtsanwalt in Italien während eines Radiointerviews ausgeschlossen, homosexuelle Menschen beschäftigen oder mit ihnen zusammenarbeiten zu wollen.[3] In dem noch nicht abgeschlossenen Verfahren geht es um einen Verstoß gegen die EU-Richtlinie 2000/78/EG und ihre italienische Umsetzung.[4] Diese EU-Richtlinie aus dem Jahr 2008 soll die Gleichstellung und Antidiskriminierung im Arbeitsrecht regeln und dabei auch Homo- und Transsexuelle vor direkter und indirekter Diskriminierung schützen. Deutschland blockiert jedoch diese Richtlinie quasi durch ein Veto. Alle anderen Länder der EU haben bereits ihre Zustimmung zu der Richtlinie signalisiert. Für ihre Verabschiedung aber ist Einigkeit der EU-Länder notwendig.[5]

Anwaltsvereinigung in zwei Instanzen erfolgreich

Die italienische Rechtsanwaltsvereinigung „Associazione Avvocatura per i diritti LGBTI”, die auf den Rechtsschutz von LGBTI-Personen (lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und intergeschlechtlich) spezialisiert ist, hatte daraufhin geklagt. Sie hatte unter anderem eine Geldstrafe und einen Abdruck des Urteils gefordert. In erster Instanz hatte ein Gericht der Organisation 10.000 Euro zugesprochen. Dies wurde auch in zweiter Instanz noch einmal bestätigt.

Nach erneuter Berufung hatte das oberste italienische Gericht hatte den Fall nach Luxemburg verwiesen. Das italienische Gericht hatte Zweifel, inwieweit derartige Aussagen unter den in der entsprechenden EU-Richtlinie geltenden Diskriminierungsschutz in Beschäftigung und Beruf fallen können. Geklärt werden müsse zudem ob der Verband überhaupt Klagerecht habe.

Homophobe Bewerber werden entmutigt

Speziell geht es dabei auch um die Frage, ob Betroffene, die zu einer vor Diskriminierung geschützten Gruppe gehören, entmutigt werden könnten, sich überhaupt zu bewerben. Zur Zeit des Interviews Zeit suchte die Firma nicht nach Mitarbeitern.

Die Gutachterin stellte nun fest, dass die Interviewäußerungen sehr wohl unter die Direktive fallen, da mit ihr der Zugang zu Beschäftigung beeinträchtigt werden könnte. Wenn solche Aussagen nicht in einem konkreten Bewerbungsverfahren fallen, müssen nach Ansicht der Gutachterin die nationalen Gerichte klären, in welchem Zusammenhang sie geäußert wurden und ob diese nicht nur hypothetisch seien. Dabei seien der Status des Äußernden zu berücksichtigen und der Inhalt und Kontext seiner Äußerungen.

Die Einschätzung der Gutachterin ist für den EuGH nicht bindend. In den meisten Fällen jedoch folgen die Richter den Gutachten der EU-Generalanwaltschaft. Ein Urteil dürfte in den kommenden Monaten fallen.

Einzelnachweise:

[1] Wallstreet Online: „Verstoß gegen Arbeitsrecht auch außerhalb Firma möglich”, in: wallstreet-online.de vom 31. Oktober 2019, Abruf am 4. November 2019

[2] Europäischer Gerichtshof (EuGH): „Schlussantrag von Generalanwältin Eleanor Sharpston, Rechtssache C-507/18″, in: curia.europa.eu vom 31. Oktober 2019, Abruf am 4. November 2019

[3] Queer Communications GmbH: „Generalanwältin: Homophobes Interview kann Diskriminierung im Arbeitsrecht darstellen”, in: queer.de vom 31. Oktober 2019, Abruf am 4. November 2019

[4] Europäische Union: „Richtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung“, in: eur-lex.europa.eu vom 2. Juli 2008, Abruf am 2019

[5] Tageszeitung taz: „Veto gegen Diskriminierung“, in: taz.de vom 23. Juli 2015, Abruf am 4. November 2019

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sgf

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