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Auch für Anwohner soll das Parken teurer werden

Parkplätze in den Stadtzentren der Ballungsräume werden immer knapper. Wegen drohender Fahrverbote wollen die Kommunen den Umstieg auf ÖPNV und Fahrrad schneller voranbringen und bauen kontinuerlich Parkplätze ab (wir berichteten). So ließ beispielsweise die Stadt München in diesem Sommer an der Fraunhoferstraße in handstreichähnlicher Manier alle 120 Parkplätze entfernen und stattdessen auf beiden Straßenseiten jeweils 2,30 Meter breite Radwege aufmalen.[1]

Für Radfahrer ist die Fraunhofer Straße deutlich sicherer geworden. Anwohner wie auch Geschäftsleute aber fühlten sich regelrecht überrumpelt, als das Baureferat an einem Montagmorgen die ersten Parkplätze an der Fraunhoferstraße mit weiß-roten Pylonen absperrte. Neben sämtlichen Parkplätzen fiel der in Windeseile durchgeführten Aktion auch ein Fahrstreifen zum Opfer. SPD und Grüne hatten das im Stadtrat durchgesetzt, nur die CSU war dagegen.

Lieferzonen fehlen

Geschäftsleute reagierten dementsprechend entsetzt, weil ihre Kunden und Lieferanten nun nicht mehr vor der Tür parken können. Auch Handwerker monieren fehlende Ladezonen. Die Stadt betrachtet das Projekt als einen Pilotversuch und will nach einem Jahr entscheiden, ob die Umgestaltung beibehalten werde. Ob Änderungswünsche und Vorschläge aus der Geschäftswelt, ergänzende Parkmöglichkeiten für Lieferanten zu schaffen noch in der Pilotphase berücksichtigt werden, ist noch unklar.[2]

Jetzt hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) im Kampf um das knappe Gut des Parkraums in den Innenstädten eine weitere Runde eingeläutet: Künftig sollen auch die Gebühren für Bewohner-Parkausweise teurer werden. Maximal 30,70 Euro pro Jahr darf ein Parkausweis für ein Auto in Deutschland pro Jahr bislang kosten. Das bestimmt die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt), die den Kommunen für die Ausstellung von Bewohner-Parkausweisen eine Bandbreite von 10,20 bis 30,70 Euro  vorschreibt.[3]

Mehr Spielraum für die Kommunen

Scheuer will das ändern. Der CSU-Bundesverkehrsminister möchte, dass die Kommunen über die Preisgestaltung des Bewohner-Parkens künftig selbst entscheiden dürfen. Es gehe darum, für die Kommunen die nötigen Rahmenbedingungen für den Wandel zu einer modernen Mobilität zu schaffen, so das Ministerium. Dazu gehöre auch, umweltfreundlichen Verkehrsmitteln den notwendigen Platz einzuräumen.

Wie das Ministerium gegenüber dem Berliner Tagesspiegel bestätigte, werde das Thema „Bewohner-Parken“ (ehemals: „Anwohnerparken”) am 21. November bei der Jahreskonferenz des Nationalen Kompetenzzentrums Mobilität auf der Agenda stehen. Im Rahmen dieser Gespräche will Scheuer mit den Verkehrsministern der Länder sowie mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände das gemeinsame „Bündnis moderne Mobilität” ins Leben rufen

Parken in der Stadt vergleichsweise viel zu billig

Verkehrsverbände bemängeln schon lange, dass das Parken im öffentlichen Raum viel zu günstig ist. Geld verdienten die Kommunen mit den Parkausweisen bislang nicht. Die jährliche Gebühr von maximal 30,70 Euro deckte bisher bestenfalls die Verwaltungskosten für das Ausstellen des Ausweises. Verglichen mit anderen Ländern sind die Kosten hierzulande äußert gering: Während für das Bewohner-Parken in Berlin gerade einmal zehn Euro, in München 30 und in Cottbus 31 Euro im Jahr fällig werden, sind es in Kopenhagen 158 Euro, in Amsterdam 535 Euro und in Stockholm sogar 827 Euro jährlich.

Der Deutsche Städtetag begrüßt den Vorschlag von Bundesverkehrsminister Scheuer, den Gebührenrahmen anzupassen und den Städten mehr Entscheidungsspielraum einzuräumen. Denn die geltende Rechtslage hindere viele Städte bislang daran, höhere Gebühren festzusetzen, um in der Parkraumbewirtschaftung neben dem Verwaltungsaufwand auch den Wert eines Parkplatzes berücksichtigen zu können..

Mit dem Zuzug von Menschen in die Städte steigt in den Ballungsräumen der Parkdruck und damit der Handlungsbedarf für die Kommunen. Ein durchschnittlicher Parkplatz verbraucht etwa zwölf Quadratmeter hart umkämpften Stadtraum. Verschärft wird das Problem durch den Trend zu immer größeren Fahrzeugen, wie die SUVs.

Frust und Verärgerung bei Handwerkern und Lieferdiensten

Um mehr Menschen in den Städten zum Umstieg auf ÖPNV schmackhafter zu machen, muss das Radfahren in der Stadt insgesamt attraktiver werden. Es braucht dazu mehr und vor allem auch breitere Radwege. Denn Radfahrer müssen sich die knappen und meist viel zu schmalen Radwege heute schon mit den schnelleren E-Bikern und seit Juni zusätzlich auch mit den E-Scooter-Nutzern teilen. Den dafür benötigten Raum müssen folglich die Autofahrer abgeben, die bislang noch über den meisten Platz in den städtischen Straßennetzen verfügen.

Die weiteren Pläne von Bundes-Verkehrsminister Andreas Scheuer bald auch das Parken in zweiter Reihe sowie auf Geh- und Radwegen künftig mit bis zu 100 Euro und damit auch mit Punkten in Flensburg zu bestrafen (wir berichteten), aber führt insbesondere bei Handwerkern und Lieferdiensten zu Frust und Ärger. Sie befürchten, dass sie mit der Ausübung ihres Jobs ständig Gefahr liefen, ihren Führerschein aufs Spiel zu setzen.

Einzelnachweise:

[1] BILD-Zeitung: „Radweg Fraunhoferstraße wird gebaut“, in: bild.de vom 30. Juli 2019, Abruf am 1. November 2019

[2] Süddeutsche Zeitung: „Gegenwind macht Eindruck“, in: sueddeutsche.de, vom 14. Oktober 2019, Abruf am 1. November 2019

[3] Tagesspiegel Berlin:  „Scheuer will Gebührengrenze für Bewohner-Parkausweise abschaffen“, in: tagesspiegel.de vom 30. Oktober 2019, Abruf am 1. November 2019

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Anton Anger

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