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Thomas Cook Pleite: Niemand muss im Hotel doppelt zahlen – trotz «Be Live Collection Hotel»-Skandal auf Punta Cana

Es ist für Urlauber eine Schockgeschichte sondergleichen, mit welcher die BILD Zeitung am Freitag den 27. September 2019 auf der Titelseite aufmachte:

Uniform tragende Sicherheits-Mitarbeiter des in Internetforen umstrittenen 5-Sterne Hotels «Be Live Collection» auf Punta Cana auf der Dominikanischen Republik haben Kunden des Pleite gegangenen Reiseveranstalters Thomas Cook, beziehungsweise seiner Tochter Bucher Reisen, teils mit Gewalt versucht zu zwingen, die Kosten für Übernachtung und Verpflegung doppelt zu begleichen.

Für Urlauber mit einem schmaleren Portemonnaie eine Katastrophe!

Das Hotel wird seit Jahren von deutschen Reiseveranstaltern und Reisebüros an Kunden vermittelt. Vor allem Verbraucher, die zumindest auf dem Papier gerne lesen möchten, das Hotel habe angebliche 5 Sterne, gehören zu den Kunden. Dabei wissen Vielreisende: 5 Sterne für ein Hotel in Deutschland sind nicht 5 Sterne in anderen Ländern.

Dies liegt daran, dass es beispielsweise in Deutschland die Dehoga gibt, den «Deutschen Hotel- und Gaststättenverband». Die Dehoga legt mit ihren Landesverbänden einigermaßen strenge Kriterien an die Vergabe von Hotel-Sternen an. Das führt zumindest dazu, dass man 5 Sterne-Hotels in Deutschland vertrauen kann.

5 Sterne sind nicht überall 5 Sterne

Solche Zertifizierungs-Verbände gibt es zwar auch in anderen Ländern, doch gilt dort oftmals der Spruch: Andere Länder, andere Sitten. Zur Not schmiert man eben schon mal den Hoteltester oder das Touristik-Ministerium, um an die 5 Sterne zu kommen.

Dass 5 Sterne nicht gleich 5 Sterne sein müssen, scheint auch in dem von der BILD Zeitung geschilderten Fall bezüglich der Thomas Cook Pleite so zu sein:

«‚Loslassen!‘, schreit der deutsche Urlauber! Neben ihm will der Sicherheitsmann eines Fünf-Sterne-Hotels einer Frau ihren Koffer entreißen. Es kommt zu Rangeleien und Wortgefechten. Tumulte im Urlaubsparadies! Was als Traumurlaub in der Dominikanischen Republik begann, endete für eine Gruppe deutscher Urlauber nach der Pleite des Reiseveranstalters Thomas Cook in einem völligen Alptraum.»

Gemeint ist ein Alptraum des im Internet oft nicht gut bewerteten Hotels „Be Live Collection“ auf Punta Cana, einem kleinen wenig attraktiven Städtchens an der Atlantik-Küste der Dom Rep.

Welchen Bewertungen kann man noch glauben?

Da die großen Reisebewertungsportale massenhaft auch getürkte Bewertungen veröffentlichen, ist es für Urlauber immer schwieriger sich über Internetportale ein reales Bild zu machen.

Denn gefühlt haben bald alle Hotels auf den großen Reisebewertungsportale 4 oder 5 Sterne. So auch das «Be Live Collection Hotel» in Punta Cana. Die Negativbewertungen gibt es zwar auch hier massenhaft, doch die muss man unter Tausenden Bewertungen gezielt heraussuchen, in dem man eben auf «1 Stern» klickt. Das sind dann meist die wirklich interessanten Bewertungen.

Dass das «Be Live Collection Hotel» versuchte, von den deutschen Urlaubern zumindest sich Hotel und Verpflegung des Pauschalreise-Pakets doppelt bezahlen zu lassen, liegt offensichtlich daran, dass das Hotel Angst hatte, dass die Kosten für die Reisenden nicht beglichen werden. Oder dass der Insolvenzverwalter das Geld dann später wieder zurück verlangt.

Warum Hotels auch panisch reagieren beim Geldeintreiben auf Kosten der Kunden

Denn im Markt ist es so: Ab dem Zeitpunkt, ab dem in Medien Berichte erscheinen, ein Unternehmen habe Zahlungsschwierigkeiten, kann der Insolvenzverwalter dann später behaupten, ab dann sei der Konkurs absehbar gewesen. Konkret bedeutet dies:

Ab dann kann er vor Gericht geltend machen, dass eine mögliche Insolvenzverschleppung vorliege und das Geld von Geschäftspartnern ganz oder teils versuchen zurückzuholen. Sein Argument lautet dann standardmäßig: Man habe ja wohl Medien gelesen und von den Zahlungsproblemen gewusst, weshalb also habe man dann überhaupt noch Geschäfte mit dem Geschäftspartner gemacht?

Meist sind Geschäftspartner dann mit mindestens 5 Prozent der vom Insolvenzverwalter eingeforderten Summe dabei. Das ist aber oft nur nach umfangreichen juristischen Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter möglich. Gründe dafür:

In der Schweiz ist das anders. Hier ist der Insolvenzverwalter ein Angestellter im Konkursamt, hat also selber keine finanziellen Interessen für sich oder seine Insolvenzkanzlei.

EU sichert Reisende ab, Versicherung zahlt im Falle der Insolvenz das Hotelgeld oder Fluggeld

Was viele nicht wissen: Die EU sichert Reisende ab. Vor allem in Deutschland gibt es klare Gesetze, wonach jeder Reiseveranstalter eine Versicherung haben muss. Sie zahlt dann im Falle eines Konkurses ausstehende Rechnungen an Hotels oder Fluglinien.

So eine Versicherung hatte auch Thomas Cook und zwar in Form des Insolvenzversicherers Zurich. Da im Falle des «Be Live Collection Hotel» viele Urlauber das scheinbar nicht wussten, ließen sie sich vom Hotel-Management in die Enge treiben und zahlten unter dem massiven Druck der Skandal-Hotelleitung. Das doppelt bezahlte Geld der Urlauber ist dann weg!

Dies bestätigt Bernd Engelien, Sprecher von Zurich Deutschland: «Das Geld ist wohl weg. Die Urlauber hätten nicht zahlen sollen.» Denn doppelt privat bezahltes Geld begleicht die Versicherung natürlich nicht.

Statt zu zahlen, hätte es in den meisten Fällen möglicherweise genügt, wenn man den Hotels die mitgebrachte Reisesicherungs-Bescheinigung vorlegt hätte. Sie erhält man mit Aushändigung der Pauschalreisepapiere. Diese Bescheinigung wird oft lieblos weggesteckt. Doch sie ist der wichtige Beweis, dass die Versicherung im Konkursfall des Reiseveranstalters die Kosten für die Urlauber übernimmt.

Gäste mussten am Pool schlafen

Akzeptiert das Hotel dies nicht, kann es Sinn machen, umgehend einen deutschsprechenden lokalen Rechtsanwalt hinzuzuziehen oder die deutsche Botschaft.

12 Gäste des «Be Live Collection Hotel» auf Punta Cana mussten wegen der Thomas Cook Pleite tagelang am Swimmingpool schlafen, schreibt die BILD.

Nur zum Buffet habe man sie notdürftig gelassen. Doch die Hotelzimmer seien abgeschlossen geblieben. Duschen habe man sich nur noch in öffentlichen Duschen dürfen. So knallhart ging das Hotel mit den deutschen Urlaubern auf der Dominikanischen Republik um.

Wer will in so einem Hotel Urlaub machen? Ein Urlauber vergab auf einem Hotelportal folgende Bewertung:

“Nicht einmal geschenkt würden wir wieder dorthin: Das Hotel gleicht definitiv nicht einmal einem 2 Sterne Hotel. Aufgrund der Thomas Cook pleite wurden  wir behandelt wie Schwerverbrecher. Wir mussten am Pool schlafen, das Personal wurde sogar handgreiflich, obwohl wir bereits alles gezahlt hatten. Siehe Artikel in den Medien (ntv, rtl, BILD, sat1,…) die deutsche Botschaft die Reiseleitung sowie die Touristen-Polizei konnte bei diesem sturen Management nichts auswirken, obwohl wir laut allen im recht waren.

Man wurde ganz offensichtlich illegal erpresst, doch damit wird man absolut alleine gelassen. Die Polizei hielt sich bedeckt, da in solchen Ländern leider oftmals nicht zählt was legal oder illegal ist. Im allgemeinen geht es nur ums Geld. Man wird an jeder Ecke im Hotel bedrängt (ersetzt: in der Original-Bewertung stand «genötigt») extrem teure Ausflüge zu buchen. Und All inclusive heißt in diesem Hotel leider etwas ganz anderes. Denn für alles was etwas besseren Standard hat, wird separat verlangt und das in einem Ausmaß, dass bei weiten sogar unsere Münchner Preise übersteigt (Beispiel: 20 Dollar für eine 4-minütige Taxifahrt).”

Ein anderer deutscher Urlauber schreibt zur Lage:

«Lage & Umgebung: Man kann das Hotel auf eigene Faust schlecht verlassen, da es irgendwo im nirgendwo liegt. Der Strand liegt am Atlantik das Meer ist dementsprechend alles andere, als das was man sich von der Karibik erwartet (Braunalgen, etc.). Für extrem viel Geld kann man sich Ausflüge dazu buchen (Saona ist zu empfehlen trotz des hohen Preises, auch am Strand über 100 Dollar).»

Bewertungen zum Hotel können Urlauber auch auf Portalen wie Trustpilot hinterlassen.

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sgf

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