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Aus Urlaub zurück und unberechtigten Inkasso Mahnbescheid im Briefkasten: Was tun?

Es ist seit Jahren ein beliebtes Spiel von Kriminellen: Unberechtigte Rechnungen, Mahnbescheide, per Inkassobüros unschuldigen Verbrauchern zusenden. Mal flattern sie per Brief rein, dann wieder per Mail. Die Empfänger erleiden häufig zu Recht einen kleinen Schock. Doch in Schockstarre verharren genügt nicht. Was ist tun? Anwalt-Innovativ.de klärt auf:

Auf keinen Fall dürfen Sie Mahnungen einfach ignorieren und nichts tun. Das wird in der Regel als Schuld-Anerkennung gerichtlich gewertet. Deshalb: Natürlich müssen sich Verbraucher gegen ungerechtfertigt erhaltene Rechnungen wehren.

Denn man muss wissen: Auch wenn Sie eine Rechnung ungerechtfertigt erhalten haben, so droht Ihnen, dass ein Gericht per automatisiertem Verfahren zunächst einmal die Rechnung akzeptiert und davon ausgeht, dass es einen Vertrag als Rechtsgrundlage gibt.

Der nächste Schritt nach der Inkasso-Drohung oder sonstigen Mahnung könnte ein Forderungsschreiben des Amtsgerichtes sein.

Deshalb müssen Sie explizit einer nicht gerechtfertigten Rechnung widersprechen – am besten gegenüber dem Inkassobüro[i] und dem eigentlichen Anspruchsteller oder gegenüber dem Anwalt, von dem Sie die Zahlungsaufforderung erhalten haben.

Dies sagte Peter Lassek, Rechtsanwalt bei der Verbraucherzentrale Hessen, nun gegenüber focus-online.de.[ii] Natürlich müssen Sie von Ihrem unterschriebenen Widerspruch – am besten per Einschreiben – eine Kopie für sich behalten.

Beweis muss vorgelegt werden

Letztlich ist die Rechtslage nämlich so, dass der Rechnungsversender den Beweis antreten muss, dass Sie «den behaupteten Kaufvertrag mit dem entsprechenden Inhalt wirksam geschlossen und die Ware auch erhalten haben», führt Focus weiter aus.

Wichtig zu wissen ist zudem: Strittige Forderungen können immer zu einem unangenehmen SCHUFA-Eintrag führen. Das kann dann später bei der Kreditvergabe für Sie hinderlich sein. Ebenso bedeutet ein negativer SCHUFA-Eintrag, dass möglicherweise andere Versandhäuser erst einmal Abstand nehmen, Ihnen Ware zu senden.

Außerdem lassen sich viele Vermieter eine sogenannte MIETER-SCHUFA-Auskunft vorlegen. Steht dort dann drinnen, dass Sie noch 600 Euro einem Versandhändler schulden, kann das dazu führen, dass der Vermieter davon absieht, Ihnen einen Mietvertrag anzuvertrauen.

22-jährigen Leipzigerin ist es so passiert

So ist es einer 22-jährigen Leipzigerin, einer Altenpflegerin, passiert. Nur mit vielen Erklärungen konnte sie ihren neuen möglichen Vermieter davon überzeugen, dass er ihr einen Mietvertrag gab, trotz des negativen SCHUFA-Eintrags.

Sie sagt heute: «Hätte ich nur von Anfang an mich gegen die Forderung gewehrt, wäre mir erspart geblieben, dass das Inkassobüro die Forderung von Mal zu Mal deutlich erhöht hat und mich obendrein noch der SCHUFA gemeldet hat.»

Einer unberechtigten Forderung müssen Sie fristgerecht innerhalb zweier Wochen nach Erhalt und Kenntnisnahme der Forderung widersprechen.

Fristgerecht widersprechen

Tun Sie dies nicht, kann in einem gerichtlichen automatisierten Verfahren ohne weitere Prüfung ein Vollstreckungsbescheid gegen Sie erfolgen.

Erhalten Sie einen solchen Zwangsvollstreckungsbescheid[iii], gilt: Auch dann haben Sie wieder zwei Wochen Zeit, diesem zu widersprechen.

Tun Sie dies nicht, kann und wird wahrscheinlich ein rechtskräftiger Vollstreckungsbefehl gegen Sie vom Gericht ausgestellt werden – ebenfalls ohne weitere Prüfung.

Wenn der Gerichtsvollzieher kommt

Das heißt: Dann würde wirklich der Gerichtsvollzieher vor der Türe stehen. Widerspruch ist dann nämlich ebenfalls erstmal zwecklos. Von dem ganzen Ärger, den Sie dann haben, abgesehen.

Die Verbraucherzentrale Hessen bietet online einen kostenlosen Prüf-Service zu Inkassoforderungen an, einen sogenannten Inkassocheck. Die Verbraucherzentrale Hessen führt zum Onlinecheck aus:

«5,8 Millionen Menschen in Deutschland haben schon mal eine Inkassoforderung erhalten, 65 Prozent davon halten sie für unberechtigt. Unser neuer Online-Service ermöglicht Verbrauchern die kostenlose Überprüfung solcher Forderungen. Sie erhalten eine rechtliche Ersteinschätzung, ob sie überhaupt bezahlen müssen und falls ja, ob die volle Höhe der Kosten fällig ist. Möchten sie dem Inkassounternehmen widersprechen, können Sie gleich den passenden Brief an das Unternehmen automatisch erstellen.»[iv]

Einzelnachweise

[i] Was Inkassounternehmen dürfen – UND WAS NICHT!, in: juraforum.de. Abgerufen am 13.9.2019.

[ii] Inkasso-Schreck nach Urlaub – wie Sie mit falschen Rechnungen umgehen, von Volker Tietz, in: Focus-Online.de vom 12.9.2019. Abgerufena m 13.9.2019.

[iii] Zwangsvollstreckung, in: schuldnerberatung.de. Abgerufen am 13.9.2019.

[iv] Inkasso-Forderung erhalten? Kostenlos online checken!, von: Verbraucherzentrale Hessen vom 27.8.2018. Abgerufen am 13.9.2019.

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sgf

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