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Fahrverbote: Droht jetzt Beugehaft für Ministerpräsident Kretschmann?

Umweltzonen sollen für bessere Luft in den Städten sorgen. Für Kraftwagen mit hohem Schadstoffausstoß heißt das: Wir müssen draußen bleiben! Deutschlandweit gibt es bereits 58 Umweltzonen, es dürften gewiss bald noch mehr werden. Denn die Deutsche Umwelthilfe (DUH) lässt im Kampf für Fahrverbote nicht locker. Um das flächendeckende Fahrverbot für Euro-5-Diesel in Stuttgart durchzusetzen, hat die DUH jetzt sogar beim Verwaltungsgericht Stuttgart einen Antrag auf Beugehaft gegen Mitglieder der baden-württembergischen Landesregierung gestellt.[1]

Seit Januar gelten in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Fahrverbote für ältere Diesel-Fahrzeuge. Doch die DUH möchte nach eigenen Angaben die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) erreichen. Die Organisation hat daher für die Regierungsverantwortlichen Gefängnishaft für bis zu sechs Monate beantragt, falls das vom Bundesverwaltungsgericht bestätigte Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom Juli 2017 nicht umgesetzt werde.

Es drohen sechs Monate Gefängnis!

Dem Urteil zufolge muss der Stuttgarter Luftreinhalteplan auch zonale Fahrverbote für Euro-5-Diesel in der bereits existierenden Umweltzone enthalten. Bislang jedoch ist das nicht vorgesehen. Die Beugehaft könnte folglich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Innenminister Thomas Strobl (CDU) und den Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer treffen, sollten die Stuttgarter Richter dem Antrag folgen.

Auch in Bayern hat die Umwelthilfe die für die Verkehrspolitik verantwortlichen Landespolitiker im Visier. Auf eine entsprechende Klage des Vereins wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 3. September über mögliche Zwangshaft gegen bayerische Politiker wegen Missachtung von Gerichtsurteilen verhandeln. Anlass dafür ist die Weigerung der bayerischen Staatsregierung, Diesel-Fahrverbote in den Luftreinhalteplan für München aufzunehmen – dies trotz einer gerichtlichen Anordnung.

Köln will Umweltzone ausweiten

Indes will die Stadtverwaltung Köln im September ihre bestehende Umweltzone erweitern. Konsequenzen hat das für die Fahrer älterer Dieselautos, die nicht mindestens die Abgasnorm Euro 4 erfüllen. Von den allein in Köln zugelassenen Automobilen beträfe das knapp 14.000 Fahrzeuge.[2]

In Köln gibt es seit Januar 2008 eine Umweltzone. Bislang erstreckte sich diese hauptsächlich auf das linksrheinisches Stadtgebiet sowie Köln-Deutz. Von September an soll nun eine weitere Fläche von 137 Quadratkilometern hinzukommen – vorwiegend auf rechtsrheinischem Terrain. Allerdings sind die Autobahnen von der Umweltzone ausgenommen, deswegen kann der Kölner Autobahnring auch weiterhin von allen Fahrzeugen genutzt werden.[3]

Mit Spannung blicken die Kölner Autofahrer nun auf eine Entscheidung, die das Oberverwaltungsgericht Münster am 12. September fällen will. Sollten Stadt und Bezirksregierung weitere Diesel-Fahrverbote erlassen müssen, dürften auch die Fahrzeuge mit den Abgasnormen Euro 4 und Euro 5 nicht mehr innerhalb der Umweltzone unterwegs sein. Davon wären in Köln insgesamt rund 69 000 Autobesitzer betroffen.

Sanktionen viel zu harmlos

Die Ausweisung von Umweltzonen sind das eine, deren Überwachung und die Sanktionierung der Verstöße ein anderes. Für Besitzer alter Dreckschleudern ist Deutschland noch immer ein Paradies. Denn hierzulande werden Verstöße gegen die Umweltzonen-Verordnungen lediglich pauschal mit 80 Euro je Fall geahndet. Für renitente Fahrer stinkender Rostlauben sei das geradezu ein Schnäppchen, klagen Umweltschützer.[4]

In der Tat gehen die Behörden im Europäischen Ausland wesentlich drastischer gegen autofahrende Umweltsünder vor. Die absoluten Spitzen-Bußgelder verhängt Dänemark: In Aalborg und Kopenhagen müssen Autofahrer bis zu 2.700 Euro Bußgeld für das verbotswidrige Fahren in der Umweltzone berappen. Ausnahmen gibt es lediglich für Autos der Euro-3-Norm, die mit einem zugelassenen Feinstaubfilter nachgerüstet wurden.

Besonders teuer wird es in Tirol

Teuer werden kann es auch in Österreich: In Wien, in Teilen Tirols und der Steiermark können Bußgelder bis zu 2.180 Euro fällig werden. In London sind es immerhin noch 1.160 Euro. Besondere Regeln gelten in Belgien. Wenn das Fahrzeug nicht in Belgien oder den Niederlanden zugelassen wurde, muss jeder, der in Antwerpen und Brüssel in die sogenannten Low-Emission-Zones (LEZ) einfahren möchte, sein Auto vorher registrieren lassen – auch dann, wenn es die erforderte Euro-Norm erfüllt. Das Bußgeld kann sich auf bis zu 350 Euro belaufen. Verglichen mit Rotterdam in den Niederlanden ist das quasi ein Nichts. Denn dort können derartige Umweltvergehen mit bis zu 2.250 Euro geahndet werden.

Einzelnachweise:

[1] Straubinger Tagblatt: „Umwelthilfe beantragt Beugehaft gegen Regierungsmitglieder”, in: idowa.de vom 6. August 2019, Abruf am 7. August 2019

[2] Kölner Stadtanzeiger: „Stadt weitet Umweltzone in Köln aus“. in: ksta.de vom 3. August 2019, Abruf am 7. August 2019

[3] Stadt Köln: „Die Kölner Umweltzone“, in: stadt-koeln.de, Abruf am 7. August 2019

[4] Telekom: „In diesen Umweltzonen sind Verstöße am teuersten”, in: t-online.de vom 7. August 2019, Abruf am 7. August 2019

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Werner Schmid

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  • Finde es schon eine Frechheit wenn ein Tourist nicht weiß, dass er in Brüssel vor der Einfahrt in die Umweltzone, diese Low Emissions Zone, sein Auto sogar offiziell registrieren lassen muss!!! Selbst dann, wenn es kein Diesel etc. Ist... Sowas ist doch städtische Abzocke in höchstem Masse!!

    • Klingt seltsam, ist aber so! Deutschland ist für Autofahrer fast noch ein Paradies. Allerdings hat Verkehrsminister Scheuer jetzt härtere Strafen angekündigt. Neben höheren Bußgeldern soll es auch Punkte in Flensburg geben. Das Parken in zweiter Reihe mit Punkten zu belegen, scheint mir aber irgendwie weltfremd. Wenn das konsequent verfolgt wird, dann riskiereren Tausende Paketfahrer künftig alltäglich ihren Führerschein.

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