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Urlaub dient der Erholung

Es gibt Menschen die sind wirkliche „Arbeitstiere“. Wenn der Chef anruft, dann sind sie zur Stelle – selbst im Urlaub. Dieses freiwillige überbotmäßige Pflichtbewusstsein ist zwar erlaubt aber nicht gesund. Denn der Urlaub dient der Erholung. Wenn ein Mitarbeiter im Urlaub ist, muss er für seinen Arbeitgeber in der Regel nicht erreichbar sein. Darauf weist der Bund-Verlag in seinem Newsletter für Betriebsräte hin.[1]

Jeder Beschäftigte hat nach § 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.[2] Diese Erholung würde beeinträchtigt, wenn Mitarbeiter ständig mit einem Anruf oder einer E-Mail vom Chef rechnen müssen. Denn auch das Beantworten von Telefonaten und E-Mails wäre Arbeit und würde die Erholung entsprechend beeinträchtigen.

Kontaktaufnahme nur in Notfällen

Nur in wenigen Ausnahmesituationen kann eine Kontaktaufnahme im Urlaub gerechtfertigt sein.  Das ist der Fall, wenn der Beschäftigte ein Passwort kennt, das der Betrieb dringend benötigt oder wenn sonst irgendein echter Notfall eintritt, so dass die Arbeit im Betrieb oder Unternehmen ohne die Informationen des urlaubenden Mitarbeiters nicht geleistet werden kann. Allerdings gilt hier: Die Zeit der Erledigung der Anfrage ist für den Beschäftigten Arbeitszeit. Diese muss entsprechend vergütet werden.

Auch nur im äußersten Notfall kann ein Mitarbeiter aus dem Urlaub zurück gerufen werden. Der Grund dafür muss jedoch sehr gravierend sein – etwa dann,  wenn der Weiterbestand der Firma ohne die Kenntnisse des Mitarbeiters akut gefährdet ist. In solchen Fällen aber muss der Arbeitgeber die vollen Kosten für die verfrühte Rückreise und alle weiteren Ausfall- und Stornokosten des Urlaubs übernehmen.

Unzulässige Klauseln

Vermehrt finden sich jedoch in Arbeitsverträgen Klauseln, die eine permanente Erreichbarkeit des Beschäftigten auch an seinen freien Tagen zur Pflicht machen, so dass der Mitarbeiter zumindest zu festgelegten Zeiten pro Tag telefonisch erreichbar sein sollte, seine Mailbox abhören oder sein Mailpostfach täglich abrufen sollte. Diese Klauseln gibt es vorwiegend bei Mitarbeitern in leitender Position.

Finden sich solche Klauseln in den Arbeitsverträgen, so ist zu prüfen, ob diese rechtens sind. Denn der Urlaub dient der Erholung und damit auch dem Gesundheitsschutz. So hat das Bundesarbeitsgericht schon im Jahr 2000 entschieden, dass derartige Klauseln in Arbeitsverträgen unzulässig seien: „Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub (§ 1 BUrlG) freigestellt, kann er den Arbeitnehmer nicht aufgrund einer Vereinbarung aus dem Urlaub zurückrufen. Eine solche Abrede verstößt gegen zwingendes Urlaubsrecht und ist rechtsunwirksam“ (§ 13 BUrlG).[3]

Urlaubsgesetz gilt auch für Führungskräfte

Dies gilt zumindest für die 24 Werktage, die jedem Angestellten als gesetzlicher Mindesturlaub zustehen. An zusätzlichen, vom Arbeitgeber freiwillig gewährten Urlaubstagen darf es allerdings vertraglich Sonderregeln geben. Klauseln im Arbeitsvertrag, die eine Erreichbarkeit an diesen Tagen vorsehen, sind zulässig. Der Vorgesetzte dürfte in diesem Fall permanente Erreichbarkeit verlangen.

Das Prinzip gilt auch für Führungskräfte. Selbst wenn sie ein Diensthandy haben, brauchen sie es im Urlaub nicht zu benutzen. Dienstliche Anrufe oder Mails dürfen sie getrost ignorieren. Denn das Bundesurlaubsgesetz gilt auch für Führungskräfte. Urlaub ist arbeitsfreie Zeit. Natürlich kann es vorkommen, dass es im Interesse der leitenden Mitarbeiters steht, dass die Geschäfte auch während ihres Urlaubs weiter laufen. Das aber muss jeder Mitarbeiter selbst entscheiden. Eine rechtliche Verpflichtung dazu gibt es nicht.

Wer als urlaubender Angestellter den Anruf oder die Kontaktaufnahme mit seiner Firma verweigert, muss nicht befürchten, dass ihn nach der Rückkehr aus dem Urlaub die Kündigung erwartet. Denn dem Arbeitnehmer müsste ein Verstoß gegen arbeitsrechtliche Pflichten vorgeworfen werden. Das aber ist im Falle eines Urlaubs nicht möglich.

Bereitschaft und Urlaub schließen sich aus

Anders verhält es sich mit der sogenannte Rufbereitschaft. Ist ein Mitarbeiter für den Bereitschaftsdienst eingeteilt, dann muss er permanent erreichbar sein – egal wo er sich gerade aufhält. Er muss dann auf Abruf die Arbeit aufnehmen können. Dann darf der Mitarbeiter folglich auch nicht im Urlaub sein. Denn Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst und Urlaub schließen sich aus. Allerdings: Rufbereitschaft gilt nur dann als Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich zur Arbeit herangezogen wird. Bereitschaftsdienst hingegen ist Arbeitszeit.

Einzelnachweise:

1Bund-Verlag: „7Fragen zur Erreichbarkeit im Urlaub“, in: bund-verlag.de vom 3. Juli 2019, Abruf am 29. Juli 2019 (vgl. Aachener Zeitung vom 29. Juli 2019)

[2] Bundesamt der Justiz: „Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer“, in: gesetze-im-internet.de, Abruf am 29. Juli 2019

[3] Bundesarbeitsgericht: „Urteil 9 AZR 405/99“, in: lexetius.com vom 20 Juni 200, Abruf am 29. Juli 2019

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sgf

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