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Andere Länder – andere Regeln

Wenn der scheidende EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am 31. Oktober sein Amt in Brüssel niederlegt und sich in den Ruhestand verabschiedet, muss der 64-Jährige seinen Führerschein in Luxemburg neu machen. Aber nicht etwa, dass er mit zu viel Alkohol am Steuer erwischt worden wäre. Jean-Claude Juncker saß seit 2009 nicht mehr selbst hinter dem Steuer. Er wurde chauffiert.

Im Großherzogtum Luxemburg müssen Führerscheine immer wieder verlängert werden. Wer länger als sechs Jahre lang kein Auto mehr selbst gesteuert hat, der muss eine neue Führerscheinprüfung ablegen. Juncker muss sich folglich kundig machen, was er alles tun muss, um seinen Führerschein verlängert zu bekommen.[1]

Rechtzeitig kundig machen, welche speziellen Regeln im Ausland gelten, sollten sich Autofahrer, die planen, ihren Urlaub im Ausland zu verbringen – sei es, dass sie mit ihrem eigenen Wagen unterwegs sind oder dass sie am Urlaubsort einen Mietwagen nehmen. Denn jenseits von Höchstgeschwindigkeitsregeln und Promillegrenzen gilt es je nach Reiseland manche Rechts-und Verkehrsvorschriften zu beachten, die man in Deutschland nicht kennt.

Im Folgenden einige Besonderheiten aus europäischen Urlaubszielen:

Warnwestenpflicht in vielen Ländern

Im Süden sind Österreich und Italien für Autofahrer naheliegende Ziele. In Österreich müssen Autofahrer müssen eine Warnweste mitführen und diese beim Verlassen des Fahrzeuges auf der Autobahn oder der Landstraße anlegen. In Italien gilt die Tragepflicht auch für die Mitfahrer, sofern sie das Fahrzeug verlassen. Eine Warnwestenpflicht gilt auch in Belgien, Bulgarien, Finnland, Frankreich, Kroatien Luxemburg, Norwegen, Portugal, Rumänien, Serbien Slowakei, Slowenien, , und Spanien . Wer am Urlaubsort ein Fahrzeug anmietet, sollte sich folglich schon bei der Anmietung darüber versichern, ob  genügend Warnwesten im Auto vorhanden sind. In Luxemburg müssen sogar Fußgänger nachts und bei schlechten Lichtverhältnissen auch tagsüber außerhalb einer geschlossenen Ortschaft eine Warnweste tragen.

Auf Autobahnen darf sowohl in Italien als auch in Österreich maximal Autobahnen maximal 130 km/h gefahren werden. Auf Landstraßen aber sinkt das Tempolimit von Osterreich (100 km/h) nach der italienischen Grenze auf nurmehr 90 km/h. Achtung: Für junge Fahrer gilt in Italien eine Sonderregelung, die auch von ausländischen Fahranfängern zu beachten ist. Fahranfänger dürfen auf italienischen Autobahnen nur mit maximal 100 km/h unterwegs sein.

Italien: Neue Regeln zur Kindersicherung

Voraussichtlich ab November 2019 gelten in Italien neue Vorschriften für die Kindersicherung. Es dürfen dann für Kinder bis zum Alter von vier Jahren nur noch Kindersitze verwendet werden, die mit einem Alarmsignal ausgestattet sind. Dies soll verhindern, dass Kinder im Auto zurückgelassen werden, wenn die Eltern das Fahrzeug verlassen. Diese Pflicht  gilt zwar nur für Fahrzeuge, die in Italien zugelassen wurden. Bei Mietfahrzeugen aber sollte man bereits bei der Anmietung klären, ob entsprechende Kindersitze vorhanden sind.

Ersatz-Glühlampen-Set in Kroatien, Feuerlöscher in Polen

Für Fahrer unter 25 Jahren gelten auf kroatischen Autobahnen generell 100 km/h als Höchstgeschwindigkeit. Für Fahranfänger ist Alkohol in Kroatien absolut tabu (sonst 0,5 Promille). In Kroatien vorgeschrieben ist zudem die Mitnahme eines Ersatz-Glühlampen-Sets. Ausgenommen sind lediglich Fahrzeuge, die mit Xenon-, LED- oder Neon-Scheinwerfern ausgerüstet sind. In Polen müssen polnische Fahrzeuge mit einem Feuerlöscher ausgestattet sein. Deutsche Urlauber, die mit dem eigenen PKW reisen, sind zwar davon nicht betroffen. Aber den polnischen Mietwagen sollte man bei der Fahrzeugübergabe dahingehend überprüfen.[2]

Rauchverbote

In vielen Ländern Europas  bestehen Rauchverbote am Steuer, wenn Kinder mit an Bord sind. Verstöße dagegen werden zum Teil mit empfindlichen Geldbußen geahndet. In Griechenland beispielsweise ist das Rauchen im Auto untersagt, wenn sich Minderjährige bis 12 Jahre mit im Fahrzeug befinden. In Zypern gilt das für Kinder bis 16 Jahre. In Frankreich, England, Irland Italien und Österreich liegt die Altersgrenze sogar erst bei 18 Jahren.

Umweltzonen

Manche Länder Europas haben speziell Umweltzonen eingerichtet, die nur mit gesonderten Plaketten oder einer Registrierung befahren werden dürfen. Dies betrifft vor allem Großstädte in Belgien und Frankreich sowie die britische Hauptstadt London. Die Nichtbeachtung kann sehr teuer werden.

Strafzettel im Ausland

Früher musste man sich bei Urlaubsreisen ins europäische Ausland wenig Gedanken um lästige Knöllchen und Strafzettel machen. Diese Zeiten sind vorbei. Nicht jeden Strafzettel und jede Inkassoforderung aus dem Ausland müssen deutsche Autofahrer  unbedingt sofort bezahlen. Denn eine Vollstreckung obliegt in Deutschland ausschließlich dem Bundesamt für Justiz.

Allerdings können einem deutschen Autofahrer unbezahlte ausländische Strafzettel Probleme bei der Wiedereinreise bereiten. Daher sollte man Strafzettel aus dem Ausland nicht einfach ignorieren. Verkehrsverstöße werden im Ausland teilweise deutlich härter bestraft als hierzulande. Mitunter lohnt es sich daher, Bußgelder umgehend zu begleichen. Denn manche Länder gewähren Rabatte, wenn die Forderungen umgehend beglichen werden. So zum Beispiel in Spanien: Erfolgt die Bezahlung der “Multa” (Bußgeld) binnen einer Frist von 20 Tagen nach Erhalt des Bußgeldbescheids, wird 50 Prozent Rabatt gewährt. In der Regel wird der Strafzettel direkt von einem spanischen Polizeibeamten ausgestellt und dem Verkehrssünder ausgehändigt. Dann gilt der Betroffene bereits ab diesem Zeitpunkt als benachrichtigt.

In Deutschland können Geldsanktionen ab 70 Euro aufwärts aus allen EU-Ländern vollstreckt werden, die den EU-Rahmenbeschluss zur Geldsanktionen-Vollstreckung (RBGeld) umgesetzt haben.[3] Von den 28 EU-Mitgliedsstaaten haben bis auf Irland und Schweden, alle den RBGeld umgesetzt.[4]

Verkehrsclubs und -verbände wie z. B. der ADAC halten im Internet eigene Länderseiten bereit, die über die jeweils im Urlaubsland geltenden Vorschriften informieren. Für die Länder der Europäischen Union gibt es zudem das sehr detaillierte Informationsportal „Autofahren im Ausland“ auf der Webseite der EU.[5]


Einzelnachweise:

[1] Die Presse: „Juncker muss Führerschein neu machen“, in: diepresse.com vom 14. Juni 2019, Abruf am 15. Juni 2019

[2] Focus Online: „Skurrile Vorschriften in EU-Ländern“, in focus de vom 9. April 2016, Abruf am 15. Juni 2019

[3] ADAC. „FAQs zu Vollstreckungsfragen“ in adac.de vom 13. April 2014, Abruf am 15.April 2015

[4] Bundesamt für Justiz: „Vollstreckungshilfe EU-Geldsanktionen“, in bundesjustizamt.de, Abruf am 16. Juni.2019

[5] Europäische Union: „Autofahren im Ausland“, in: europa.eu, Abruf am 15.Juni 2016

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sgf

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