Fahrradhelme retten Leben

Fahrradhelme können Leben rette, doch eine Helmpflicht ist umstrtten. (pixabay, License free)

Als im Jahr 1985 die Helmpflicht für Mofafahrer eingeführt wurde, war das Geschrei groß. Das sehe affig aus, meinten vor allem Jugendliche, denen es zumeist peinlich war, auf einem gerade einmal 25 km/h schnellen Mofa einen Motorradhelm zu tragen. Doch wie seinerzeit mit der Anschnallpflicht im Auto hat man sich heute längst an die Helmpflicht beim Fahren von Mofas und Mopeds gewöhnt.

Unfallexperten raten lange schon dazu, auch beim Fahrradfahren einen Helm zu tragen. Doch eine Helmpflicht für Radlfahrer besteht in Deutschland nicht. Im Zuge der Zulassung von E-Tretrollern wurde diese zwar erneut diskutiert. Doch mit der Verabschiedung des Gesetzes wurde eine Helmpflicht nicht vorgesehen. Sharinganbieter raten dennoch dazu, zur eigenen Sicherheit auch auf dem Tretroller einen Helm zu tragen.[1]

Großes Unfallrisiko bei Kindern

Es erscheint unlogisch. Beim Mofa-Fahren besteht Helmpflicht, beim E-Bike, mit dem man genauso schnell unterwegs ist aber nicht. Doch selbst beim E-Tretroller, der mit bis zu 20 Stundekilometer schnell sein kann, können Stürze zu schwersten Kopfverletzungen führen, warnt Prof. Dr. Uwe Kehler, Chefarzt der Neurochirurgie der Asklepios Klinik Hamburg-Altona. „Wir haben ja bereits langjährige Erfahrungen mit Fahrradfahrern, die ohne Helm fahren und dann mit schweren Verletzungen in unsere Klinik kommen”, so der Chefarzt der Neurochirurgie.[2]

Dabei könnten typische Kopfverletzungen wie Schädelhirntrauma, Hirnblutungen, Subdural- oder Epiduralhämatome oder Hirnödeme nachweislich teilweise oder sogar ganz durch das Tragen von Helmen verhindert werden. Die Folgen solcher Verletzungen reichen von Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen über epileptische Anfälle, Lähmungen, Sprachstörungen bis zu Pflegebedürftigkeit, Wachkoma und Tod. Und tatsächlich seien Kinder und Jugendliche noch gefährdeter als Erwachsene. Sie seien weniger aufmerksam und vorausschauend und fahren risikoreicher, warnt Prof. Dr. Kehler.

Nur knapp jeder fünfte trägt Helm

Laut Deutschem Verkehrssicherheitsrat (DVR) starben in Deutschland im vergangenen Jahr 430 Radfahrerinnen und Radfahrer im Straßenverkehr. Insbesondere beim Fahren von Elektrokleinstfahrzeugen von über sechs Stundenkilometern empfiehlt der DVR einen Helm zu tragen.[3] Studien zufolge könnte das Tragen von Fahrradhelmen mit dazu beitragen, rund 80 Prozent schwerer Kopfverletzungen bei Stürzen und Unfällen von Radlfahrern zu verhindern.[4]

Laut einer Untersuchung des Bundesamtes für Straßenwesen (BaSt) trugen allerdings im Jahr 2018 über alle Altersgruppen hinweg nur 18 Prozent der beobachteten Fahrradfahrer und Fahrradfahrerinnen einen Schutzhelm. Immerhin ist der Anteil der Helmtragenden Kinder deutlich höher. So setzten laut BaSt im vergangenen Jahr 82 Prozent der Kinder von sechs bis zehn Jahren beim Radfahren einen Fahrradhelm auf. Bei den elf- bis 16-jährigen Radfahrern und Radfahrerinnen waren es nur noch 38 Prozent und für Jugendliche und Erwachsene ab 17 Jahren lagen die Helmtragequoten in den jeweiligen Altersgruppen lediglich zwischen acht und 23 Prozent, wobei die Radfahrenden bis 30 Jahre die niedrigsten Quoten aufweisen.[5]

„Looks like Shit. But saves my life“

Dennoch äußern Verkehrsforscher gegenüber Forderungen nach einer Helmpflicht für Radfahrer Bedenken. So argumentieren Kritiker, dass die Zahl der Kopfverletzungen bei Radfahrern bei der Einführung einer Helmpflicht nur deshalb sinken würde, weil dann weniger Menschen aufs Rad steigen würden. Kampagnen für das Helmtragen könnten allein schon dazu beitragen, das Menschen daraus schließen, Radfahren sei gefährlich. Diese würden dann doch lieber auf das Auto umsteigen.

In der Tat gelten Kampagnen wie die aktuelle Plakataktion des Bundesverkehrsministeriums und des Deutschen Verkehrssicherheitsrats mit dem Slogan „Looks like Shit. But saves my life“ gerade bei jungen Leuten als umstritten. Laut einer forsa-Umfrage besäßen zwar viele junge Leute einen Helm, aber sie setzen ihn nicht auf – und dies, obwohl ihnen die möglichen Gefahren bewußt seien.[6] Experten plädieren daher eher dafür, Verkehrswege sicherer zu machen, also Radwege zu bauen, um Radler und Autofahrer stärker voneinander zu trennen. Damit sei für die Verkehrssicherheit mehr zu erreichen.

Einzelnachweise:

[1] Abendzeitung: „E-Tretroller: Was Sie jetzt wissen müssen“, in: abendzeitung.de vom 17. Mai 2019, Abruf am 30. Mai 2019

[2] ] Asklepios Kliniken: „Auf E-Scootern mit 20 km/h unterwegs“, in: presseportal.de vom 29.Mai 2019, Abruf am 30. Mai 2019

[3] DVR: „Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung: DVR nimmt Stellung“ in DVR-Presseinformation vom 17. Mai 2019, Abruf am 30. Mai 2019

[4] Velomotion: „Reizthema Helmpflicht“, in: velomotion.de vom 10. Mai 2019, Abruf am 30. Mai 2019

[5] Bundesamt für Straßenwesen (BaSt): „Gurte, Kindersitze, Helme und Schutzkleidung – 2018“, in:BaSt-Publikationen, „Daten & Fakten kompakt 01/2019“. Abruf am 30. Mai 2019

[6] Bundesverkehrsministerium: „Looks like shit. But save my life“, in DVR-Presseinformation von 17. Mai 2019, Abruf am 30. Mai 2019