Auf fünf grenznahen Autobahnabschnitten will Österreich die Autobahnmaut aussetzen. Das hat der Haushaltsausschuss des Nationalrats mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS beschlossen. Die Befreiung von der Vignette, die bereits ab dem 15. Dezember gelten soll, dürfte vor allem auch deutschen Autofahrern zu Gute kommen.[1]
Konkret geht es dabei um den Autobahnabschnitt Kufstein-Süd an der Inntalautobahn A12 Kufstein-Süd, die Westautobahn A1 (Salzburg-Nord), die Rheintal/Walgau-Autobahn A14 an der Anschlussstelle Hohenems, die Linzer Autobahn A26 sowie um die Mühlkreisautobahn A7 betreffend der noch zu bauenden Bypassbrücke zwischen der Ausfahrt Hafenstraße und Urfahr.[2]
Bisherige Maßnahmen greifen nicht
Österreich leidet seit langem unter dem stetig zunehmenden Transitverkehr zwischen Deutschland, Italien und der Schweiz. Mit der Blockabfertigung des LKW-Verkehrs auf den wichtigsten Transitstraßen und den von der schwarz-grünen Tiroler Landesregierung angeordneten Fahrverboten auf den Bundes- und Landstraßen konnte die Alpenrepublik die gewünschte Entlastung der grenznahen Ortschaften und Gemeinden offensichtlich nicht ausreichend in den Griff kriegen..
Die Belastung für die Menschen entlang der Transitrouten wurde von Jahr zu Jahr größer. Wie Zählungen und Befragungen aus der Vergangenheit ergeben hätten, würden täglich bis zu 4.500 Autofahrer die mautpflichtigen Autobahnen aufgrund der Vignette meiden, erklärt der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Nationalrat Hermann Weratschnig.
Hoffnung auf weniger Vignettenflüchtlinge
Die vorgesehene Ausnahme der fünf Streckenabschnitte von der bisherigen Mautpflicht sei zwar keine langfristige Lösung, aber angesichts der anstehenden Wintersaison die einzig temporär sinnvolle Maßnahme, so Weratschnig. Er erhoffe sich durch die Befreiung der Abschnitte weniger Vignettenflüchtlinge auf den Ausweichrouten.
Die vom Budgetausschuss beschlossene Maßnahme trifft auf wenig Verständnis bei den österreichischen Sozialdemokraten. Die SPÖ plädierte daher dafür, den Antrag vorerst zu vertagen und eine aus ihrer Sicht bessere Alternative zu finden. Der jetzige Antrag bedeute im Kern nämlich nur die „freie Fahrt für Deutsche auf österreichischen Autobahnen”. Verkehrs- und klimapolitisch sei die Vignettenbefreiung jedoch ein Holzweg, befindet der ehemalige SPÖ-Verkehrsminister Alois Stöger.
Jahrzehntelange Diskussion
Von der Maßnahme profitieren werden tatsächlich vor allem deutsche Autofahrer in den Grenzgebieten. So sollen beispielsweise die von deutschen Autofahrern viel befahrene Abschnitte hinter der deutsch-österreichischen Grenze bis Kufstein (A12) sowie die Autobahn bei Salzburg (A1) wieder mautfrei befahren werden können. Auch die Strecke auf der A14 von Hörbranz bis Hohenems soll von der Vignettenpflicht befreit werden. Dies ist der wichtigste Grenzübergang am Bodensee, über den viele Autofahrer von Deutschland in die Schweiz fahren.
Seit der Abschaffung der Mautfreiheit im Jahr 2013 war über die Entlastung der stau- und lärmgeplagten Anrainer jahrelang ergebnislos diskutiert worden. Nach der Einführung der Maut 1997 hatte Österreich in den kurzen grenznahen Teilstücken zunächst auf Kontrollen verzichtet. Davon hatten vor allem Wintersportler aus Bayern auf ihrem Weg in die Tiroler Skigebiete profitiert. Wer dann aber nach der Abschaffung der Mautfreiheit ohne Vignette erwischt wurde, musste zahlen.
Söder droht mit neuerlichem Tourismusboykott
Nach dem Desaster um die deutsche Autobahnmaut, sind den deutschen Autofahrern die Fahrverbote und der Autobahnzwang im Nachbarland Tirol sowieso sehr schwer zu vermitteln. Gerade die bayerischen Autofahrer lassen sich Fahrverbote im benachbarten Österreich nur sehr ungern gefallen. So hatte beispielsweise auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezüglich der von der schwarz-grünen Tiroler Landesregierung für die Wintersaison angekündigten Fahrverbote einen besonderen Ratschlag für seine Landsleute parat. Offenkundig seien die Straßen in Tirol derart überfordert, dass der Skiurlaub dort wenig Sinn mache, erklärte Söder am im bayerischen Landtag.
Der bayerische Ministerpräsident riet den bayerischen Skifreunden stattdessen dazu, ihre Urlaubsplanung noch einmal zu überdenken und warb dabei eindringlich dafür, das Wintervergnügen besser in heimatlichen Gefilden zu verbringen. Söder: „Warum ungewollt in Österreich Geld lassen, wenn man in Bayern ein herzliches Dankeschön bekommt?”.[3]
Der sogenannte „Pickerlstreit” sorgte schon 2013 für Verwerfungen zwischen Österreich und Bayern. Damals ging es vor allem um die Mautkontrollen auf der Inntalautobahn im Raum Kufstein. Österreich wollte damals die Vignettenpflicht auf der A12 auch zwischen der Grenze in Kiefersfelden und der Anschlussstelle Kufstein-Süd kontrollieren. Schon damals drohten die Bayern mit Tourismusboykott.
Nationalrat muss noch zustimmen
Über die Änderungen bei der Mautpflicht muss noch im österreichischen Nationalrat abgestimmt werden. Anschließend braucht es auch noch die Zustimmung des Bundesrats. Mit einer Zustimmung beider Gremien aber ist zu rechnen. Damit könnte die Maßnahme schon Mitte Dezember in Kraft treten.
Einzelnachweise:
[1] Focus Online: „Österreich will Maut auf wichtigen Autobahnabschnitten abschaffen“, in: focus.de vom 12. November 2019, Abruf am 12. November 2019
[2] ORF Tirol: „Vignettenbefreiung ab 15. Dezember“, in: tirol.orf.at vom 11. November 2019, Abruf am 12. November 2019
[3]Der Standard: „Fahrverbote in Tirol: Söder rät von Skiurlaub in Österreich ab“, in: derstandard.at vom 24. Oktober 2019, Abruf am 12 November 2019