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Erlangen untersagt „Gärten des Grauens“

Erlangen untersagt „Gärten des Grauens“

Dieser „Garten des Grauens" befindet sich im Vorgarten einer Hausverwaltung im oberbayerischen Freising (Foto: W.Seemann)

Gärten, die ausschließlich aus Kies oder Schottersteinen bestehen, gelten als pflegeleicht, denn sie verursachen nach ihrer Anlage keine weiteren Unterhaltungskosten. Regelmäßig erforderliche Arbeiten wie das lästige Rasenmähen, Gießen und Wässern  oder Unkraut jäten fallen dort nämlich gar nicht erst an. Und wenn keine Bäume auf dem Grundstück stehen, kann man sogar auf den lärmenden Laubbläser verzichten.

Zum Leidwesen von Naturschützern erfreuen sich geschotterte Vorgärten zunehmender Beliebtheit. Dabei geht nicht wertvoller Lebensraum für Insekten und Vögel verloren. Derartige Steinwüsten sind zudem extrem klimaschädlich, denn bei Regen geht zugleich auch wertvolle Versickerungsfläche verloren. Oft nämlich kann das das Wasser aus solchen Gärten nicht mehr gut abfließen, wenn die Steinflächen mit Folie unterlegt sind oder der Untergrund betoniert wurde.

Schottergärten verstärken Hitzebildung

Im Sommer speichern die Steinflächen die Wärme und verstärken so die Hitzebildung in der Stadt. Demgegenüber verdunsten bepflanzte und begrünte Flächen Feuchtigkeit, wodurch das Mikroklima in der Umgebung deutlich angenehmer wird. Naturschützer setzen sich deshalb schon seit längerem gegen Schottergärten ein.[1]

Auch optisch wirken derartige Gartengestaltungen nicht selten kalt und hässlich. Verschiedene Webseiten in den sozialen Medien, die sich mehr oder weniger humorvoll-kritisch mit den hässlichen Aspekten der Schottergärten auseinandersetzen, erfreuen sich darum gleichsam zunehmender Beliebtheit. Die Facebook-Seite „Gärten des Grauens“ zum Beispiel stellt nahezu täglich neue „Prachtstücke“ vor und begleitet die Fotos mit lustigen oder satirischen Texten.[2]

Gestaltungsfreiheit des Bürgers

Während Kritiker von Verboten der Schottergärten meist auf die Gestaltungsfreiheit des Bürgers pochen, fallen Appelle von Umweltschützern an Bauherren, doch bitte freiwillig von „Steinwüsten“ in den Vorgärten abzusehen, im wahrsten Sinne des Wortes oft auf wenig fruchtbaren Boden. Da helfen dann meist nur noch entsprechende kommunale Satzungen, die eine Begrünung der Gartenflächen zwingend vorschreiben.

Jetzt hat auch der Erlanger Stadtrat mehrheitlich eine Freiflächengestaltungssatzung nach Münchener Vorbild beschlossen.[3] Anders als in der Münchner Satzung[4] wird dabei jedoch erstmals in Bayern den sogenannten „Gärten des Grauens“ direkt der Kampf angesagt Denn in der Satzung heißt es explizit: „Nicht zulässig sind insbesondere geschotterte Steingärten“.

Auch nackte Wandflächen müssen begrünt werden

Bei Neu- und Umbauten in Erlangen sind darüber hinaus künftig Flachdächer und vergleichbar geneigte Dächer sowie Garagen, Carports und Nebenanlagen, wie Mülltonnen zu begrünen. Und sogar nackte Wandflächen und Fassaden von Garagen, Tiefgarageneinfahrten und Carports ab einer Breite von drei Metern müssen der Satzung zufolge künftig mit Kletterpflanzen flächig begrünt werden.

Die Freiflächengestaltungssatzung wurde schon im Umweltausschuss der Stadt lebhaft und kontrovers  diskutiert und nun im Plenum des Stadtrates nach einer teils heftig geführten Debatte gegen 22 Stimmen mehrheitlich beschlossen. Denn die Mehrheit im Erlanger Stadtrat bildet eine „Ampelkoalition“ aus SPD, Grünen/Grüner Liste und FDP, die einschließlich Oberbürgermeister über 28 Stimmen verfügt.

Erlanger Beispiel könne Schule machen

In anderen Bundesländern gibt es bereits ähnliche Verbote. In Nordrhein-Westfalen haben zum Beispiel Dortmund und Paderborn die „Schottergärten“ in ihren Bebauungsplänen für Neubaugebiete untersagt. Auch Bremen hat solche Steinwüsten im Mai 2019 gesetzlich verboten.[5] Und die westfälische Stadt Hamm kündigte im Dezember vergangenen Jahres an, gegen bereits bestehende Schottergärten vorgehen zu wollen. Im Bebauungsplan des Neubaugebiets Auf dem Beisenkamp sind Grünflächen vorgesehen und dort sollen die Eigentümer deshalb ihre geschotterten Vorgärten wieder beseitigen.[6]

Bislang sind es erst wenige Einzelinitiativen von Kommunen, die gegen die Schotterstein-Verödung der Vorgärten in städtischen Siedlungen vorgehen. Aber das Beispiel aus Erlangen könnte Schule machen. In den Kommentaren der Erlanger Nachrichten meldeten sich bereits Leser aus den mittelfränkischen Nachbarstädten Fürth und Nürnberg hoffnungsvoll zu Wort, dass auch ihre Kommunalparlamente hoffentlich bald ähnliche Initiativen ergreifen mögen.[7]

Einzelnachweise:

[1] Naturschutzbund Deutschland e. V., NABU: „Steinwüsten erobern die Vorgärten“, in: nabu.de, Abruf am 27.Februar 2020.

[2] Facebook: „Gärten des Grauens“, in: facebook.com, Abruf am 27. Februar 2020.

[3] Erlanger Nachrichten: „Gärten des Grauens: Stadt Erlangen beschließt Verbot“, in: nordbayern.de vom 21. Februar 2020, Abruf am 27. Februar 2020.

[4] Stadt München: „Satzung der Landeshauptstadt München über die Gestaltung und Ausstattung der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke und über die Begrünung baulicher Anlagen“, in: muenchen.de, vom 8. Mai 1996, Abruf am 27. Februar 2020.

[5] Bayerischer Rundfunk BR: „Stadt Erlangen verbietet geschotterte Steingärten“, in: br.de vom 21. Februar 2020, Abruf am 27 Februar 2020.

[6] Westfälischer Anzeiger: „Stadt Hamm geht erstmals gegen Schottergärten vor“, in: wa.de vom 9. Dezember 2019, Abruf am 27. Februar 2020.

[7] Erlanger Nachrichten, a. a.O. (siehe oben), „Kommentare“, Abruf am 26. Februar 2020

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