Website-Icon Anwalt Innovativ

Mehr Todesfälle durch Krankenhauskeime

Mehr Todesfälle durch Krankenhauskeime

Infolge gefährlicher Krankenhauskeime kommt es meist zu längeren und schwereren Krankheitsverläufen, nicht selten auch zum Tod. (Foto: Pixabay)

Ins Krankenhaus begibt man sich eigentlich, um gesund zu werden. Doch immer häufiger infizieren sich Patienten in einer Klinik mit gefährlichen Keimen. Und nicht selten endet eine solche Infektion tödlich. Das geht aus einer aktuellen Studie des Robert-Koch-Instituts Berlin (RKI) hervor, die jetzt im Fachblatt Eurosurveillance publiziert wurde.[1]

Nach den Schätzungen des Robert-Koch-Instituts kommt es in deutschen Kliniken zu jährlich bis zu 600.000 Krankenhausinfektionen. Die Zahl der durch diese Keime verursachten Todesfälle liegt der Studie zufolge bei schätzungsweise 10.000 bis 20.000 pro Jahr. Eine frühere Schätzung hatte noch 10.000 bis 15.000 Todesfälle pro Jahr ergeben.[2]

Erstmals wurde in der Studie für Deutschland auch die Krankheitslast in sogenannten Disability-Adjusted Life-Years (DALY) berechnet. DALY sind die durch Krankheit und Tod verlorenen Lebensjahre. Damit lässt sich der Schaden für die Gesundheit der Bevölkerung (Public Health) besser abbilden und mit anderen Krankheiten vergleichen. Die durch Krankheit und Tod verlorenen Lebensjahre durch sogenannte nosokomiale Infektionen (griechisch: Nosokomeion für ‚Krankenhaus‘) liegen in Deutschland bei knapp 250.000 pro Jahr. Das entspricht 309 Infektionen pro 100.000 Einwohner.

Immungeschwächte Patienten besonders gefährdet

Für die Studie haben RKI-Wissenschaftler gemeinsam mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten und der Berliner Charité Daten zu Lungenentzündungen, Harnwegsinfektionen, Wundinfektionen, Sepsis und Durchfallerkrankungen durch den Erreger Clostridium difficile analysiert.[3] Dieses Stäbchenbakterium ist einer der am häufigsten vorkommenden Krankenhauskeime. Die in der Studie untersuchten fünf Infektionen machen dementsprechend fast 80 Prozent der im Krankenhaus erworbenen Infektionen aus.

Dem RKI zufolge sei es nicht einfach, die Todesfälle korrekt zu erfassen, die durch nosokomiale Infektionen verursacht werden. Denn viele Patienten leiden bereits an schweren Grundkrankheiten, die auch ohne Krankenhausinfektion zum Tod führen können. Für gesunde Menschen sind bestimmte Bakterienstämme in der Regel ungefährlich. Für immungeschwächte Patienten auf Intensivstationen, Krebskranke, Chirurgiepatienten, frühgeborene Babys oder Menschen mit chronischen Wunden hingegen können multiresistente Erreger lebensgefährlich werden und unter anderem Lungenentzündungen, Wund- und Harnwegsinfektionen oder Blutvergiftungen auslösen. Gegen die multiresistenten Bakterien wirkt fast kein Antibiotikum mehr. Dies führt dazu, dass bakterielle Infektionen schwerer oder auch gar nicht mehr zu behandeln sind. Die Folge davon sind längere und deutlich schwerere Krankheitsverläufe und letztlich kommt es dann auch zu entsprechenden Todesfällen.

Krankheitslast in Deutschland über EU-Schnitt

Der Anteil der Patienten, die während eines Krankenhaus-Aufenthaltes eine Infektion bekommen, ist in Deutschland mit rund 3,6 niedriger als im EU-Durchschnitt. Dieser liegt bei 5,5 Prozent. Bezogen auf die gesamte Bevölkerung liegt Deutschland bei der Krankheitslast jedoch über dem europäischen Schnitt. So erkranken hierzulande jährlich 500 bis 650 Patienten pro 100.000 Einwohner an einer Krankenhausinfektion. Im EU-Durchschnitt sind es nur 450 bis 500 pro 100.000 Einwohner.

Eine wesentliche Ursache für die höhere Krankheitslast in Deutschland sei dem RKI zufolge die größere Zahl an stationär behandelten Patienten und Krankenhausbetten. Deutschland hat in Europa die höchste Anzahl an Klinikbetten und die zweithöchste Anzahl an Krankenhauspatienten pro 1000 Einwohner und Jahr. Eine Reduktion vermeidbarer Krankenhausaufenthalte wäre aus Sicht des RKI daher zusammen mit einer effektiven Infektionskontrolle und -prävention ein wichtiger Schritt, um die Krankheitslast zu verringern.

Viele Deutsche fürchten sich vor Krankenhauskeimen

Einer weiteren Studie zufolge haben viele Bundesbürger dementsprechend Angst vor einer stationären Behandlung im Krankenhaus. Dies sind laut der Forsa-Umfrage jede dritte Frau (32 Prozent) und jeder vierte Mann (25 Prozent). Die repräsentative Befragung hat das Forsa-Institut im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) durchgeführt.

Der Studie zufolge haben 81 Prozent derjenigen, die sich vor einer stationären Behandlung Sorgen machen, Angst davor sich mit Krankenhauskeimen anzustecken. Jeder Zweite fürchtet sich zudem vor der Notwendigkeit einer erneuten Operation und Komplikationen bei der Narkose. Eine mögliche schlechte Wundheilung und mangelhafte Qualität der verwendeten Medizinprodukte spielen ebenfalls für jeden Zweiten eine Rolle. Vergessenes OP-Besteck im Körper und Medikamenten-Unverträglichkeit sind für jeden Dritten ein Grund, sich Sorgen zu machen.[4]

Einzelnachweise:

[1] Eurosurveillance: „Application of a new methodology and R package reveals a high burden of healthcare-associated infections (HAI) in Germany compared to the average in the European Union/European Economic Area, 2011 to 2012“, in: eurosurveillance.org vom 14. November 2019, Abruf am 17. November 2019.

[2] Robert-Koch-Institut (RKI): „Neue Schätzung zur Krankheitslast durch Krankenhaus-Infektionen“, in: rki.de vom 15. November 2019, Abruf am 17. November 2019.

[3] Wikipedia: „Artikel Clostridioides difficile, in: de.wikipedia.org, Abruf am 17. November 2019.

[4] Stuttgarter Zeitung: „Bis zu 20.000 Todesfälle durch Krankenhauskeime“, in: stuttgarter-zeitung.de vom 15. November 2019, Abruf am 17. November 2019.

 

Die mobile Version verlassen