Seit der Niedrigzinspolitik lassen sich Banken und Sparkassen gerne jede einzelne Leistung gesondert bezahlen. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs müssen sich Bank-Kunden damit grundsätzlich abfinden. Das gilt insbesondere für Serviceleistungen am Bankschalter. Nach Ansicht der Karlsruher Richter dürfen Banken und Sparkassen für das Geldholen am Schalter eine Extra-Gebühr berechnen. [1]
Geklagt hatte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V. (kurz: „Wettbewerbszentrale“). Die beklagte Sparkasse Günzburg-Krumbach bot entgeltliche Giroverträge in unterschiedlichen Gestaltungen an, bei denen sie je nach Vertragsmodell für „Beleghafte Buchungen und Kassenposten mit Service”, ein Entgelt von ein bis zwei Euro je Buchung berechnete.
Am Geldautomaten konnten Kunden zwar Geld ohne Extra-Gebühren abheben. Der Höchstbetrag war dort aber auf 1500 Euro pro Tag begrenzt. Wer größere Summen benötigte, dem blieb folglich nur der Weg zum Schalter.
Freipostenregelung gilt nicht mehr
Die Wettbewerbszentrale klagte auf Unterlassung dieser Praxis und bezog sich auf die bislang allgemein übliche „Freipostenregelung”. Denn nach einer früheren Rechtsprechung aus den 90er-Jahren, mussten Banken und Sparkassen ihren Kunden monatlich mindestens fünf Ein- und Auszahlungen kostenlos zur Verfügung stellen.
Dieser bisherigen Rechtsauslegung mochte der Bundesgerichtshof nicht mehr folgen. Denn 2009 hat sich mit der Umsetzung einer EU-Richtlinie die Rechtslage geändert. Seither dürfen Geldinstitute für jeden Zahlungsdienst ein Entgelt verlangen. Dazu gehörten ausdrücklich auch Ein- und Auszahlungen, erläuterte der Vorsitzende Richter Jürgen Ellenberger. Ein generelles Verbot von Extra-Gebühren sei damit nicht vereinbar.
Nur tatsächliche Kosten gedeckt
Mit ihrer Klage war die Wettbewerbszentrale 2016 bereits in erster Instanz vor dem Landgericht Memmingen gescheitert. Auch die Berufung wies das Oberlandesgericht (OLG) München zurück, hatte aber eine Revision am Bundesgerichtshof in Karlsruhe zugelassen. Der XI. Zivilsenat des BGH hob nun das angefochtene Urteil insoweit auf, als das Berufungsgericht bislang nicht überprüft hat, ob die vorgesehene Entgeltgebühr „im Rechtsverkehr mit Verbrauchern der Höhe nach einer richterlichen Inhaltskontrolle standhält”, und verwies diese Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Das OLG München muss folglich jetzt prüfen, ob die Sparkasse mit ihren Schaltergebühren tatsächlich nur ihre Kosten deckt.
„Wir begrüßen diese Klarstellung durch den BGH, dass Bankentgelte weiter der Höhe nach von den Gerichten kontrolliert werden können und warten jetzt die Urteilsgründe des BGH ab“, erklärte Peter Breun-Goerke, Syndikusrechtsanwalt der Wettbewerbszentrale, in einer ersten Bewertung.[2] Denn Banken dürften jeweils nur die sogenannten „transaktionsbezogenen Kosten“ geltend machen, also diejenigen Kosten, die unmittelbar durch den Einzahlungs- oder Auszahlungsvorgang entstehen. Gemeinkosten wie allgemeine Personalkosten und Kosten für Schulungen und Geräte, deren Anfall von dem konkreten Nutzungsakt losgelöst sind, sind dagegen nicht umlagefähig.
Der erste Teil des Urteils bedeutet für Bankkunden zunächst einmal eine Verschlechterung. Es ist zu befürchten, das manche Banken Sparkassen, die ihren Kunden bislang noch monatlich bis zu fünf Freiposten gewährt haben, ihre Geschäftsbedingungen entsprechend ändern werden und für jede Aus- und Einzahlung am Schalter künftig eine Gebühr erheben.
Gerichte dürfen Entgelthöhe kontrollieren
Verbraucherschützer weisen jedoch darauf hin, dass Kunden die Gebühren ihrer Bank dahingehend sorgsam überprüfen sollen. Denn seit 2014 ermöglicht es eine Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) den Gerichten, die Höhe der Schaltergebühren zum Schutz der Verbraucher zu kontrollieren. Ist die Gebühr zu hoch, dürfen Kunden ihr Geld zurückfordern.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) kündigte zunächst einmal an, den weiteren Gang des Verfahrens wegen der noch offenen Detailfragen zur Höhe des Entgeltes abwarten zu wollen. Bis das OLG München dazu entscheidet, wird es wohl noch eine Weile dauern.[3]
Einzelnachweise:
[1] Bundesgerichtshof: „Urteil XI ZR 768/17, Mitteilung der Pressestelle Nr 81/2019“, in: juris.bundesgerichtshof.de vom 18. Juni 2019, Abruf am 19. Juni 2019
[2] Wettbewerbszentrale: „Wettbewerbszentrale begrüßt Klarstellung durch den BGH“, in: wettbewerbszentrale.de vom 18. Juni 2019, Abruf am 19.Juni 2019
[3] Die Welt: „Geldabheben am Bankschalter darf extra kosten“, in welt.de vom 18. Juni 2019, Abruf am 19.Juni 2019