Bahn verspätet, Flieger überbucht, Bus kaputt! Viele Menschen kennen das Malheur. Wenn einer eine Reise tut, dann kann er oft erst einmal etwas erzählen über die vielen Unannehmlichkeiten, denen er unterwegs ausgesetzt ist. Doch nicht jeder kennt die Rechte, die man als Betroffener gegenüber dem Reiseanbieter hat.
Nach Schätzungen von Experten, beschweren sich jedes Jahr knapp eine Million Urlauber, über geplatzte Ferienfreuden. Und viele Streitfälle werden zu teuren und langwierigen Verfahren vor Gericht. Dass muss nicht sein. Denn seit Juli vergangenen Jahres gilt in der Europäischen Union ein neues Reiserecht. Dieses ist den Betroffenen allerdings oft nicht bekannt.[1]
Reisemängel schriftlich einreichen
Dabei ist es meist nicht sonderlich schwer, seine Rechte geltend zu machen. Handelt es sich um eine Pauschalreise so ist der erste Ansprechpartner das Reisebüro oder der Onlineanbieter, bei dem man seine Ansprüche anmelden sollte. Hat man allerdings bei der Airline, der Bahn oder der Busunternehmen gebucht, muss man den Mangel direkt beim Anbieter geltend machen und dies auf alle Fälle schriftlich!
Man sollte den Mangel genau benennen, Belege dafür beilegen (keine Originale, sondern Kopien!), seine Forderung benennen und dem Unternehmen zur Beseitigung des Mangels – sprich: für die Entschädigung – eine Frist setzen. Sollte das in dieser Form angesprochene Unternehmen nicht reagieren, dann muss man keineswegs sofort zum Anwalt rennen.
Schlichtungsverfahren sind kostenlos
Hilfe verspricht zunächst einmal die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) in Berlin.[2] Wenn Sie auf Ihre Beschwerde keine bzw. keine zufriedenstellende Antwort bekommen haben, können Sie sich an die SÖP wenden, wenden und Ihre Rechte als Fahr- bzw. Fluggast geltend machen. Die SÖP ist von der Bundesregierung nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) als Verbraucherschlichtungsstelle anerkannt und bei der EU notifiziert.
Beschwerden über die Bahn nehmen zu
Die Schlichter der SÖP sind Volljuristen mit der Befähigung zum Richteramt und entscheiden sachlich unabhängig und neutral. Sie erstellen auf der Grundlage von Recht und Gesetz eine Empfehlung zur außergerichtlichen Streitbeilegung. Nach eigenen Angaben werden die Empfehlungen der SÖP in mehr als 80 Prozent der Fälle sowohl von den Reisenden als auch von den Verkehrsunternehmen angenommen und sind damit, gleich einem Vertrag, für beide Parteien verbindlich. Und das besonders schöne daran: Das Verfahren über die Schlichtungsstelle ist gemäß der gesetzlichen Vorgaben kostenlos! Denn das Schlichtungsverfahren wird von den Verkehrsunternehmen finanziert. Neben der Deutschen Bahn sind auch die größten deutschen Fluggesellschaften Lufthansa, Condor und TUIfly der SÖP beigetreten.
Die Verfahren der Schlichtungsstelle nehmen von Jahr zu Jahr zu. 2018 erreichte die Zahl der Beschwerden bei der SÖP mit über 32.000 Fällen einen neuen Höchststand – doppelt soviele Beschwerdefälle wie im Vorjahr. Grund dafür sind vor allem die Probleme im Flugverkehr. Insbesondere bei längeren Streiks von Flug- oder Bodenpersonals wie auch bei den jüngsten Pleiten von Fluggesellschaften wie Air Berlin und Germania schnellt die Zahl der Beschwerden in die Höhe.
Aber auch die Beschwerden über unpünktliche Züge haben im vergangenen Jahr enorm zugenommen. Laut SÖP stieg die Zahl der Beschwerden über die Deutsche Bahn 2018 im Vergleich zum Vorjahr um elf Prozent auf 3200 Fälle. Im vergangenen Jahr schloss die SÖP insgesamt mehr als 20.000 Beschwerdeverfahren erfolgreich ab.[3]
Dabei ist die Gesamtzahl der bei der Deutschen Bahn eingereichten Beschwerden laut Konzern viel höher. Wie schon im Vorjahr geht die Bahn für 2018 von rund 1,6 Millionen Entschädigungsanträgen aus. Bei den von der Schlichtungsstelle behandelten Beschwerden handelt es sich lediglich um besonders strittige Härtefälle. Derzeit muss die Bahn bei mindestens einer Stunde Verspätung 25 Prozent und bei zwei Stunden 50 Prozent des Fahrpreises erstatten. In der Regel erstattet die Bahn diese Entschädigungen anstandslos.[4]
Anders sieht es bei Flugreisen aus. Hier spielen vor allem die sogenannten „Billigflieger-Airlines“ oft auf Zeit. Und sie hoffen darauf, dass Betroffene aus Unkenntnis ihrer Rechte oder aus Angst vor hohen Anwalts-und Gerichtskosten, auf ihnen zustehende Entschädigungen verzichten. Wenn die Schlichtungsstellen nicht weiterhelfen kann, bieten Rechtsportale wie flightright oder airhelp den Betroffenen Unterstützung an, um Entschädigungen einzufordern. Diese Portale versprechen zwar, kostenlos für den betroffenen Fluggast tätig zu werden, streichen aber im Erfolgsfall bis zu 30 Prozent der Entschädigungssumme als Erfolgsprovision ein.[5] Da lohnt sich dann vielleicht doch eher noch der Weg zum Anwalt.
Einzelnachweise:
[1] Stuttgarter Zeitung: „Der Kunde ist König – aber nicht immer“, in Stuttgarter Zeitung vom 2. Mai 2019, Abruf am 27. Mai 2019
[2] Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V., https://soep-online.de
[i3] SÖP Jahresbericht 2018 vom 14.März 2019
[4] Deutsche Bahn: Integrierter Bericht 2018 (pdf), Abruf: 27.Mai 2019