Coronakrise: Auswirkungen auf das Unterhaltsrecht
Die weitreichenden Folgen der Coronakrise treffen auch die Schwächsten, nämlich diejenigen, die auf Unterhaltszahlungen ihrer Eltern oder Ehegatten angewiesen sind. Viele Einkommen brechen plötzlich weg, ob wegen Kurzarbeit oder einer Betriebsschließung. Auch Selbstständige und Freiberufler erleiden wegen der schlechten Auftragslage erhebliche Einbußen. Wer als Unterhaltsschuldner seine Pflicht nicht mehr erfüllen kann, darf aber nicht von sich aus die Zahlung einstellen. Sonst kann der Gläubiger aus dem Titel sofort die Zwangsvollstreckung betreiben. Bei einer Anpassung oder Aussetzung sind einige Punkte zu beachten.
Voraussetzungen einer Unterhaltsanpassung
Zur Unterhaltsberechnung wird stets ein längerer Zeitraum aus der Vergangenheit herangezogen, im Regelfall sind die Gehaltsabrechnungen der letzten 12 Monate bei Angestellten oder die Steuerbescheide der letzten drei Jahre bei Selbstständigen entscheidend. Treten wegen der Coronakrise nur kurzfristig Einbußen auf, rechtfertigen diese grundsätzlich keine Abänderung eines Unterhaltstitels. Der Verpflichtete muss den vorübergehenden Engpass aus seinem Barvermögen ausgleichen oder notfalls einen Kredit aufnehmen. Erst wenn die Einkommensverluste länger andauern, kommt eine Anpassung infrage. Noch herrscht Uneinigkeit darüber, ob eine Kürzung bereits nach sechs Wochen oder frühestens nach drei Monaten gerechtfertigt ist.
Was gilt bei Kurzarbeit?
Wenn sich das Einkommen aufgrund betrieblicher Maßnahmen wesentlich reduziert, etwa wegen Kurzarbeit, kommt eine Kürzung des Unterhalts in Betracht, falls eine gewisse Dauer der Maßnahme abzusehen ist. Wesentlich ist eine Änderung, wenn sich das Einkommen um mindestens 10 % vermindert. Der Unterhaltsschuldner muss den Berechtigten direkt informieren, sobald er von seinen veränderten Einkünften erfährt. Fraglich ist, ob ein Arbeitnehmer verpflichtet werden kann, sich anstelle der Kurzarbeit um eine besser bezahlte Vollzeittätigkeit zu bemühen. In Anbetracht der schwierigen Lage am Arbeitsmarkt wird das aber kaum möglich sein. Außerdem müsste der Verpflichtete dann seinen sicheren Arbeitsplatz aufgeben, was vermutlich nicht zumutbar wäre. Diese und viele andere Fragen sind bisher noch nicht gerichtlich entschieden worden.
Änderung der Unterhaltspflicht nach Kündigung
Wurde einem Arbeitnehmer gekündigt, wirken sich die veränderten Einkommensverhältnisse auf seine Unterhaltspflicht aus. Der Selbstbehalt beim Kindesunterhalt von derzeit 1.160 Euro für Berufstätige sinkt dann auf 960 Euro für Nichtberufstätige ab. Gegenüber minderjährigen Kindern verlangt die Rechtsprechung, dass sich der Schuldner nach Kräften um eine Erwerbstätigkeit bemüht und vorhandene Rücklagen einsetzt. Ob der Verlust des Arbeitsplatzes den Wechsel in eine andere Stufe der Düsseldorfer Tabelle oder den Wegfall der Unterhaltspflicht zur Folge hat, hängt von den finanziellen Verhältnissen des Unterhaltsschuldners ab.
Berechtigt Kinderbetreuung zur Kürzung des Barunterhalts?
Manche Elternteile, bei denen die Kinder nicht leben, helfen in der Krise aus und betreuen den Nachwuchs, solange die Kitas geschlossen sind. Daraus folgt jedoch kein Recht, den Barunterhalt zu kürzen. Denn der andere Elternteil bestreitet aus dem Unterhalt viele laufende Kosten, die auch weiterhin anfallen, beispielsweise für Miete, Essen und Kleidung. Betreuungsleistungen können deshalb nicht finanziell ausgeglichen werden.
In der aktuellen Krise müssen Eltern und Ehepartner an einem Strang ziehen und Unterhaltsfragen möglichst im einvernehmlichen Gespräch klären. Wenn sich keine Einigung erzielen lässt, sollten Verpflichtete, die nicht zahlen können, sich umgehend anwaltliche Hilfe suchen. Denn vor einer Herabsetzung der laufenden Zahlungen muss der Unterhaltstitel abgeändert werden.